Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
darunter zwei rekordverdächtige Würgeschlangen.
Irgendwann hab ich Bernd getroffen. Wir sind zusammen weiter, immer auf die Hilferufe zu. Ich bin insgesamt mindestens 50 Meter nach oben gekraxelt und total fertig mit den Nerven. Ich will ein Gartenzwerg sein, wenn ich eine Ahnung habe, wo wir sind. Es muss abgelegen sein. Ich hab´ viele Dokus über Regenwälder in der Glotze gesehen, aber so was war da nicht dabei.“
Sympathischer Typ, dachte Verena. Versucht nicht zu zeigen, dass er auch Angst hat. Wie er mit offenem Mund da hockt und nicht weiter Reden kann, weil er erst noch mal an die Naturwunder denken muss, die er gesehen hat, ist er irgendwie schon süß. Trotz der ganzen Pusteln.
„Vom Überleben in Dschungeln habe ich eigentlich keine Ahnung“, fuhr Alexander fort. „Ich weiß nur, dass man kein Wasser aus Bächen und Tümpeln trinken soll, weil man sonst an Durchfall draufgeht. Was aus manchen abgehackten Lianen kommt, ist wohl okay. Keine Ahnung wie man rausfindet aus welchen man trinken kann oder ob alle gut sind. Bevor man verhungert, kann man vorsichtig versuchen, Früchte zu essen. Nur rote Früchte soll man gar nicht erst hungrig anschauen. Wenn man einen Fluss findet, soll man ihm stromabwärts folgen, weil man so am besten Menschen findet. Ins Wasser gehen darf man aber nicht, weil man Bilharziose kriegen kann. Vor Piranhas muss man wirklich keine Angst haben, das ist nur ein Märchen. Abends wird es in den Tropen ganz plötzlich stockdunkel, deshalb braucht man rechtzeitig einen Rastplatz. Wegen Schlangen und Raubtieren soll man nicht auf dem Boden schlafen, wenn das geht. Tut mir leid, mehr weiß ich nicht.“ Alex zuckte entschuldigend mit den Schultern und wischte sich nervös den Schweiß aus den Augen.
„Ach ja,“ ergänzte er dann, „ich hab mir unterwegs hier hoch ein paar Mal die Füße aufgeschürft. Wir sollten Schuhe improvisieren, bevor wir weiterkraxeln.“
Der Kerl hält einen Vortrag wie aus dem Survivallexikon und glaubt er wüsste nichts. Aber er ist sorgfältig und statt anzugeben, zeigt er offen, wo er nicht sicher ist. Ich glaube, an den werde ich mich halten.
„Jetzt Fred!“, sagte Bernd im Befehlston.
„Ich bin Frederik und sechzehn. Ich bin nicht weit weg auf dieser Höhe auf einem Ast gelandet. Dass es dabei meinen Arm erwischt hat, seht ihr ja. Sonst bin ich aber, glaube ich, okay. Der Arm tut kaum weh, wenn ich ihn ruhighalte und nirgendwo dran komme. Ich hoffe, das bleibt so“, fügte er mit einem tapferen Lächeln hinzu. „Ich hab´ auch die Hilfeschreie gehört, gar nich´ so weit weg. Ich konnt´ auch die Kleine hier an einem Ast hängen sehen, wo sie beinah´ abgerutscht wäre. Wegen meinem Arm bin ich aber nur ganz langsam vorangekommen. Als ich hier ankam, haben die beiden Mädels rumgehockt und geflennt.“
So ein Idiot. ´Die Kleine hier´. ´Die Mädels haben geflennt.´ ´Ich ertrage meine Schmerzen so heldenhaft.´ Was Besseres fällt dem Typen nicht ein. Sein Riesenego hilft uns ´bestimmt´ total weiter.
Bernd schien zu einem ähnlichen Schluss gekommen zu sein und forderte Frederik knapp auf mehr zu sagen: „Unsere Situation!? Überleben im Dschungel!? Unsere Position?!“
„Ja klar, das wollte ich ja gerade sagen“, behauptete Frederik, obwohl offensichtlich war, dass er nichts dergleichen im Sinn gehabt hatte. „Ich weiß eine Menge dazu. Jede Menge Tricks, wie man Feuer macht und so. Wie man Werkzeuge herstellt. Erklär ich euch, wenn es so weit ist. Wir sind natürlich nicht im Amazonasbecken. Da wäre schließlich der Amazonas. Klar, was ich meine? Überhaupt passen die Pflanzen eher zu einem afrikanischen Dschungel. Die sind zwar dicht, aber dafür ist nicht mehr viel davon übrig. Also sind wir bald hier raus.“
Reines Wunschdenken , dachte sich Verena im Stillen, doch Frederik war noch nicht fertig:
„Ich bin froh, dass ich nicht nur mit Jammerlappen und Franzosen hier gelandet bin, auch wenn wir vielleicht ´nen bisschen viele Mädchen dabei haben. Immerhin haben wir nur die schnellsten Läufer hier. Oder ist euch nicht aufgefallen, dass die ganzen Lahmärsche alle zu Hause geblieben sind? Also, Mädels, jedenfalls braucht ihr keine Angst haben.“
Zum Brechen der Kerl. Aber gut. Wenn Bernd damals auch so Machosprüche abgelassen hätte, als ich in ihn verknallt war, wäre ich nicht auf ihn hereingefallen. Bei Lisa reicht nicht mal das zur Abschreckung. Die himmelt den Kerl ganz offensichtlich total an. Dabei ist
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