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Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)

Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)

Titel: Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hühn
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übernehmen, sonst wäre ein so großes Ritual nicht möglich gewesen. Da die Kräfte, wenn man versucht, sie in feste Form zu zwingen, unweigerlich versuchen auszubrechen, und sich selbstständig zu machen, war ein weiterer Ritualhelfer damit befasst, diese manchmal eher tröpfelnden, manchmal eruptionsartigen Ausbrüche zu erkennen und zu bändigen.
    Das Verwenden solcher Mächte ist nichts für Leute mit schwachen Nerven und erfordert viel Intuition und Erfahrung. Stellen Sie sich einen Zirkus vor, in dem ein Hochseilakrobat, ein Jongleur, ein Löwenbändiger und ein Grobschmied gleichzeitig versuchen, ihrer Arbeit nachzugehen. Stellen Sie sich dann noch vor, dass ein etwas zu heißes Eisen beim Schmied dazu führt, dass sich der Löwe die Mähne verbrennt. Macht der Akrobat eine zu ausladende Bewegung mit der Balancestange, fuchtelt er dem Jongleur zwischen den Bällen herum. Denken Sie sich dazu ein paar Clowns, die dazwischen umhertollen. Dann haben Sie eine ungefähre Vorstellung, wie diffizil die ganze Prozedur war.
    Hier waren Profis am Werk. Deshalb gelang das Unternehmen alles in allem wie geplant. Hätte sich das Universum genau genug wie vorhergesehen verhalten, dann hätte es gar keine Opfer gegeben. Doch die Präzisierung der Vorhersagemodelle war ja erst eines der Ziele der hier begonnenen Expedition. Die kleine Abweichung von diesen Erwartungen können wir in unserer Zirkusanalogie als leichtes Erdbeben darstellen, das dazu führte, dass der Löwe versehentlich einen Clown verschluckte. Die Opfer des tragischen Unfalls hätten eine solch lapidare Umschreibung allerdings nicht verdient.
     
    *
    Sie kämpften sich durch einen breiten Sumpf auf festes Gelände vor. Tarz Bargon zählte die Überlebenden. Es hätte schlimmer kommen können. Drei Vermisste. Vermutlich gehörte das viele Blut im Wasser zu ihnen. Ein Soldat ist nicht im Wasser gelandet, sondern kopfüber auf diesem schwimmenden Baum. Genickbruch. Schade um den vielversprechenden jungen Mann. Einer von den Klassomatrixanalysten ist so sehr herumgewirbelt worden, dass er noch nicht wieder bei Bewusstsein ist. Alle Übrigen sind mehr oder weniger verstört. Kein Wunder. Wie soll man sich auch richtig darauf einstellen, wenn man nicht weiß, ob man bei der Ankunft kopfüber oder mit den Füßen voran hinabstürzt, ob man unter Wasser oder in größerer Höhe herauskommt und auch nicht ahnt, wie schnell man sich seitwärts bewegen wird, wobei man sich noch rasend schnell um die eigene Achse drehen kann. Um irgendeine Achse. Aber jetzt sind wir hier. Die Meisten haben höchstens kleine Blessuren abbekommen und von der Ausrüstung ist wenig verloren gegangen oder beschädigt worden, jedenfalls soweit ich das schon überblicken kann. Außerdem haben es fast alle Wissenschaftler geschafft.
    Tatsächlich hatte es beim Übergang Effekte gegeben, die nicht vorhergesehen oder bedacht worden waren. Einige der Betroffenen waren nach ihrer Ankunft erst mal nicht gestürzt, sondern nach oben gerissen worden, bis sich die örtliche Schwerkraft durchsetzen konnte. Tarz Bargon selbst hatte es stattdessen vollkommen unvorhergesehen rasch zur Seite beschleunigt, sodass er gewissermaßen auf dem Hintern Wasserski gelaufen war. Außerdem traf der Trupp nicht gleichzeitig ein, wie man das hätte vermuten können. Die ersten Schwimmer glaubten zunächst, dass sie die Einzigen waren, die es geschafft hatten, um dann einem Hagel aus Nachkommenden ausweichen zu müssen.
    Auch das Zielgebiet hatte sich offenbar in den letzten hundertfünfzig Jahren verändert. Der auf einer floßartigen Wurzel schwimmende Baum war nicht die einzige Überraschung in dieser Hinsicht. Der See war teilweise verlandet, während die umliegenden Uferbereiche versumpft waren. Wenigstens hatten die erprobten Soldaten keine besonderen Probleme, die Gruppe vor den Krokodilen und Schlangen in dem trüben Wasser zu schützen. Problematischer war, dass die ätherischen Öle in der Luft die Atemwege reizten.
    Wie dramatisch dieses Problem ist, muss sich erst noch weisen.
    „Da vorne ist noch einer von diesen floßartigen Bäumen! Die Schwimmwurzel dürfte groß und tragfähig genug sein, darauf unser erstes trockenes Lager zu errichten, wo wir uns orientieren können“, gab Bargon die nächstliegenden Anweisungen.
     
    „Die Verständigung mit der Basis funktioniert einwandfrei, die Lokalisationsfoki arbeiten“, erklärte einer der Wissenschaftler, nachdem er sich eine Weile still konzentriert

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