Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
„Aber dir ist natürlich klar, dass du das eigentlich nur machen möchtest, weil du immer noch diese Theorie hast: Dieser grausame neue Offizier aus Lianta Xintall, den sie hier ´Xern´ nennen, könnte ausgerechnet dein alter Widersacher Bernd sein. Du willst ihm eins auswischen indem du hilfst seine Feinde zu beliefern.“
Damit hatte Barwarin den Nagel auf den Kopf getroffen. Im vergangenen Jahr hatte dieser junge Soldatenführer immer wieder durch die Grausamkeit der von ihm geführten Elitetruppe von sich reden gemacht. Die Großstadt Lianta Sintall war in gleich zwei der ihr zugehörigen Kleinstädte einmarschiert. Diese hatten versucht, sich politisch von ihrer Mutterstadt zu lösen, bevor sie mit ihr in den Abgrund gerissen werden konnten. Bei der Besatzung hatte sich ein junger Offizier hervorgetan, indem er seine Leute besonders hart und effektiv gegen Aufrührer vorgehen ließ. Er hatte, wie man hörte, eine fertige Elitetruppe übernommen und die Soldaten zusätzlich noch eine besondere unbewaffnete Art des Kampfes gelehrt. Als Verena das hörte, dachte sie sofort an ihre ehemaligen Gefährten. Es lag auch die Vermutung nahe, das ´Xern´ von seinen eigenen Leuten eher ´Bern´ genannt wurde und das konnte ebenso gut Bernd mit einem verschliffenen ´d´ am Ende sein.
„Das glaube ich tatsächlich immer mehr. Aber selbst wenn dem nicht so wäre: Die Städte, die wir beliefern wollen, haben durch die Opposition zu Lianta Xintall ihre Anbindung ans Salzwassermeer verloren. Dadurch werden dort die importierten Arzneimittel und Grundstoffe für Alchemisten knapp. Es wäre eine gute Sache, diesen Xirien einmal die Tour zu vermasseln. Die Vorstellung gefällt dir doch auch, oder etwa nicht?“
„Also gut. Aber wir schreiben uns nur für die Vorhut ein. Und wenn die Abreise länger als sieben Tage auf sich warten lässt, sind wir raus. Für dich mag es ja etwas für sich haben, jeden Tag in die Kaserne zu rennen und da beim Training mitzumachen. Ich gehe in dieser Stadt einfach nur ein.“
Verena hatte sich schon vor längerer Zeit kundig gemacht und musste feststellen, dass Sport um seiner selbst willen auf dieser Welt kaum bekannt war. Das Leben beinhaltete fast für jeden die ein oder andere anstrengende körperliche Arbeit. Da kam es kaum noch jemandem in den Sinn, sich um des reinen Vergnügens willen noch mehr auszupowern. Lange Spaziergänge und vielleicht einmal ein Dauerlauf, zu mehr ließen sich die Leute selten bewegen.
Das Training mit Barwarin war zunächst Verenas einzige Möglichkeit gewesen. Leider war dessen Bereitschaft in dieser Hinsicht nicht uneingeschränkt.
Dann entdeckte Verena, dass es eine Ausnahme gab. Keine Stadt kam ganz ohne Militär aus. In den Kasernen wurde natürlich nicht nur der Umgang mit der Waffe geübt, sondern auch durch ausgiebiges Zirkeltraining die Fitness der Soldaten gezielt gesteigert. Mancherorts wurden eigene, unbewaffnete Kampfsportarten unterrichtet, wenngleich sich dieser Ausbildungsbereich zumeist auf wenige spezielle Griffe und Würfe beschränkte. Als Verena das erfuhr, war sie Feuer und Flamme gewesen. Wann immer sie länger als einen Tag in einem Ort blieben, stand Verena bald vor dem Kasernentor und verlangte beim waffenlosen Training mitmachen zu dürfen. Anfangs, als sie noch weniger bekannt war, wurde ihr das noch häufig verwehrt, später hieß man sie gerne als Berühmtheit willkommen. Mittlerweile hatte sich in den Kasernen weithin das Gerücht verbreitet, H´Verena sei eine wahre Meisterin in den unbewaffneten Disziplinen. Es war sogar schon vorgekommen, dass die Ausbilder Boten ins Gildenhaus schickten, um anzufragen ob und wann Verena denn wohl kommen wollte. Das Training in H´Suudim war besonders interessant, da hier auch regelmäßig gezielt der Kampf gegen gefährliche Tiere trainiert wurde, die extra zu diesem Zweck gefangen wurden. Mit Arenaspielen hatte das nichts gemein. Auf H´Veredy war es für einen Soldaten einfach viel wahrscheinlicher, es etwa mit einem Schwarm Riesenfledermäusen zu tun zu bekommen oder einem drei Meter langen Titanskorpion gegenüber zu stehen, der einen Vorort terrorisierte, als in einen Kampf gegen menschliche Gegner verwickelt zu werden. Daher war dieser Teil der Ausbildung keine Volksbelustigung, sondern sinnvoll. Wenn man das ganze Training im Dschungel durchführen würde, statt mit gefangenen Tieren zu arbeiten, kostete das zu viele Soldatenleben. So hatte Verena auch einen guten Ersatz für das
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