Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
nächsten Tag verkatert, aber dennoch guter Stimmung. Nun ja. Wie alle außer Rolf, der am meisten gesoffen und am wenigsten mit den Folgen zu kämpfen hat. Nur Lena hat es am Schluss etwas übertrieben. Aber ich glaube nicht, dass sie noch einmal kotzen muss. Das war ´ne geile Feier.
Erik hatte an diesem Morgen alle Hände voll zu tun. Die Ausrüstung für den Abstieg musste zusammengestellt und auf Rucksäcke verteilt werden. Das und die sichere Verstauung der restlichen Dinge waren eher technische Aufgaben und fielen großteils in sein Ressort. Der Pfad hinab hatte zwar nach Katjas Angaben eher leicht zu bewältigen ausgesehen, aber Erik hatte seine Zweifel und zog es vor, auf gefährlichere Abschnitte, die nur durch Klettern und Abseilen zu bewältigen waren, vorbereitet zu sein. Sicher ist sicher.
Indessen erwies sich der von Katja und Rolf entdeckte Weg nach unten als noch leichter zu gehen als angenommen. Im Gebirge ist es ein wirklicher Glücksfall, wenn man einen Abstieg entdeckt, der meistenteils so sanft verläuft wie ein künstlich angelegter Weg, rief sich Erik ins Bewusstsein.
Die üppige Dschungellandschaft vor ihren Augen beflügelte seine Schritte. Katja musste die Gruppe mehrfach ermahnen, ihr Tempo zu drosseln und keine Risiken einzugehen. Der natürliche Pfad wand sich an mehr oder weniger tiefen Abgründen entlang. Sobald er sich bis auf Schulterbreite verschmälerte, bestand Katja darauf, dass sich alle anseilten. Obwohl niemand an echter Höhenangst litt, war das Gefühl zusätzlicher Sicherheit für Erik tröstlich.
Hätten sie die Pilchers nicht dabeigehabt, sie wären bis zur Talsohle durchmarschiert, ohne irgendeine längere Pause einzulegen. So wie es war, kamen Lena und Katja jedoch zu dem Schluss, es sei sinnvoll, auf einem breiten Absatz an einem spektakulären Abgrund eine Pause einzulegen und erst mal Kaffee und etwas zu Essen zu kochen. Rolf sollte sich um den Eintopf kümmern und Katja hatte das Kaffeekochen übernommen. Leider weigerte sich Katjas Kerosinkocher standhaft, sich richtig zu entzünden.
Alfred nutzte die Gelegenheit, noch etwas Passendes aus seinem Fundus zum Besten zu geben:
„Oh Spenderin des Morgensoldes,
so viel Gutes steckt in dir,
schenkst uns des süßen schwarzen Goldes,
welch Aroma, welche Zier!
Lob sei der, die es verdiene!
Der Kaffeemaschine!“ [15]
„Eine richtige Kaffeemaschine wäre natürlich toll, aber ich bin mir gewiss, dass Erik zumindest dieses kleine Gerätchen wieder ans Laufen kriegt, nicht wahr Erik?“, fragte Katja, die schmunzelnd ihren Kampf mit der Technik aufgab.
Na dann mal los. Bestimmt greift nur wieder die Stellschraube für die Kerosinzufuhr nicht richtig.
*
Lena küsste Alfred und nannte ihn „mein kleiner süßer Schiller-Goethe“. Erik rüttelte heftig an der Stellschraube herum, um die Funktion wieder herzustellen.
„Funktioniert im Alltag ein Geringstes?
Selbstverständlich eine Kleinigkeit?
Nein, es geht wirklich nichts, es sei du zwingst es.
Bist du dazu nicht bereit?
Fazit:
Wo Gewalt nicht hilft, hilft mehr Gewalt!
Das musst du wissen, um in diesem Land zu überleben!
So ist das halt!
So bleibt das eben?“, [16]
kommentierte Alfred unter Verwendung eines weiteren seiner Werke. Doch Lena war abgelenkt. „Vorsicht Erik! Der Verband von deiner Hand hat sich um die Stellschraube vom Kocher gewickelt!“, rief sie eine Warnung. Ihr Ausruf kam einen Sekundenbruchteil zu spät.
Erik hatte soeben den Kocher wieder in Gang bekommen und richtete sich aus der Hocke auf. Dabei riss er das Gerät, das tatsächlich an seinem Verband festhing, mit. Der Kocher war sicher konstruiert, solange er fest auf dem Boden stand und selbst wenn er auf die Seite kippte, sollte nichts passieren. Für einen geschlossenen Kerosinbehälter hatte es jedoch keine geeigneten Materialien gegeben. Ehe irgendwer zu einer weiteren Reaktion bereit war, übergoss sich Erik mit dem gesamten Brennstoff des frisch befüllten Kochers und ging von einem Augenblick zum anderen in Flammen auf. Er brüllte, erst vor schierem Entsetzen, dann vor Schmerzen und auch seine Freunde stießen Schreckensschreie aus. Noch einmal war es Lena, die zuerst wieder handlungsfähig wurde. Festhalten, zu Boden werfen, Flammen ersticken. Das war ihr Plan.
Eriks Panik war zu groß, er stolperte blindlings los. Lena erwischte ihn dennoch am Jackenärmel, doch er schlug wild um sich, sodass sie nicht nachfassen konnte. Erik
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