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Der Mondmann

Der Mondmann

Titel: Der Mondmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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seinen eigenen Schrei, als er kopfüber dem Boden entgegenflog, dort aufprallte, sich instinktiv zusammenkrümmte und dem Aufprall somit etwas von seiner Wucht nahm.
    Trotzdem überschlug er sich auf dem Asphalt. Er riss sich die Haut am rechten Ohr und an der Wange auf, und auch sein rechter Handrücken erhielt einige Schrammen.
    Er lag mitten auf der Straße, und dann entdeckte er sein Rad am Rand, wo es hingeschlittert war. Aus seinem Mund drangen die scharfen und pfeifenden Atemgeräusche, und er lauerte darauf, wieder das Krächzen oder das Schlagen der Flügel zu hören, was jedoch nicht eintrat. Um ihn herum blieb es still.
    Allmählich sank die scharfe Spannung von ihm ab. Er fand wieder zurück zu sich selbst. Nur seine Angst blieb bestehen und die Sorge um Melody.
    Der Schmerz war zu ertragen. Normalerweise hätte er darüber geflucht. Nicht jetzt, denn da waren andere Dinge wichtiger. Er musste weitermachen, auch wenn der verdammte Vogel ihn verfolgte und attackierte.
    Noch immer auf dem Asphalt liegend, hob er den Kopf etwas an, um nach vorn zu schauen. Er blickte über die Fahrbahn hinweg – und in seinem Innern zog sich etwas zusammen, als er den Raben sah. Er stand seelenruhig am Rand der Straße und glotzte Casey aus seinen kalten mondgelben Augen ins Gesicht.
    Wäre es ihm möglich gewesen zu sprechen, dann hätte er Casey wahrscheinlich ausgelacht. So aber krächzte er nicht mal und beobachtete nur.
    »Du verdammtes Untier!«, flüsterte Marwood keuchend. »Irgendwann kriege ich dich, und dann drehe ich dir den Hals um. Darauf kannst du dich verlassen.«
    Die Worte machten ihm Mut. Er war auch fest davon überzeugt, dieses Versprechen einzuhalten. Erst mal musste er auf die Beine kommen. Verstaucht oder geprellt war nichts. Da hatte er Glück gehabt. Ob sein Rad auch so viel Glück gehabt hatte, würde sich noch herausstellen. Neben den Schrammen schmerzte ihm nur noch der rechte Ellbogen. Bewegen konnte er sich normal.
    Um den Vogel kümmerte er sich nicht. Etwas mühsam hob er sein Rad auf. Mit einem ersten Blick stellte er fest, dass seinem alten »Freund« nichts passiert war.
    Der Lenker war nicht verbogen, und auch das Vorderrad würde ohne zu eiern laufen.
    Blieb nur der Rabe!
    Der hatte sich nicht vom Fleck bewegt. Er stand am Straßenrand und schaute nur zu.
    »Irgendwann werde ich dir den Hals umdrehen, verdammter Geier!«, versprach Casey Marwood. »Und wenn es das Letzte ist, was ich in meinem Leben tue!«
    Dass warmes Blut aus der Wunde sickerte und an seiner Haut entlang in Richtung Nacken rann, das störte ihn nicht. Die Blutung würde auch wieder aufhören. Melody war wichtiger.
    Bevor er wieder in den Sattel stieg, schob er das Rad einige Meter vor. Da schleifte nichts, da gab es auch kein Rucken. Das Rad lief wie immer.
    Dem Raben gönnte er keinen Blick mehr, als er wieder anfuhr. Den Blick hielt er nach vorn gerichtet. Von dieser Stelle aus war das Tal am Tag gut zu überschauen. In der Nacht allerdings schien es nur aus Schatten zu bestehen.
    Weiter. Nicht mehr anhalten. Erst an seinem ersten Ziel. Den schmalen Weg dorthin hatte er nicht mal eine Minute später erreicht. Den Vogel hatte er nicht mehr gehört, und auch jetzt schaute er nicht hoch in den Nachthimmel, sondern nach vorn.
    Die primitive Hütte lag nicht weit von der Straße entfernt. Er hätte sie eigentlich sehen müssen, was aber nicht der Fall war. Kein dunkler Umriss mit einem schiefen Dach, gar nichts war da. Ein flacher Grasboden, der sich auch dort befand, wo die Hütte mal gestanden hatte. Entweder war sie abgebrochen oder vom Wind zerstört worden, der in der vergangenen Woche zu einem Orkan angeschwollen war.
    Jedenfalls war diese Sache für ihn erledigt. Er konnte weiterfahren, seinem nächsten Ziel entgegen, wieder eine Hütte, die früher mal als Schutzraum für Schafe gedient hatte, seit einigen Monaten aber leer stand.
    Er drehte sein Rad und hielt nach dem Raben Ausschau.
    Das Tier zeigte sich nicht. Um ihn herum lag die Dunkelheit wie ein dichter Sack, der kaum Licht durchließ.
    Casey Marwood fuhr weiter. Die Angst um seine Frau trieb ihn weiter.
    Vorwärts. Immer der Straße nach. Die dünnen Reifen hinterließen auf dem Asphalt singende Geräusche, und Casey hatte den Eindruck, als sollte er ausgelacht werden.
    Nicht aufhören. Sich nicht beirren lassen. Kämpfen und weiterfahren. Irgendwo musste Melody schließlich sein. Allmählich dachte er daran, dass er möglicherweise ihre Leiche fand. Es

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