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Der Mondscheingarten

Der Mondscheingarten

Titel: Der Mondscheingarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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nicht nach Hause holen.«
    Thornton öffnete einen Schrank und zog eine Art Karteikasten heraus. In diesem befand sich nicht besonders viel, aber vorn war der Name »Rose Gallway« angebracht.
    »Das ist leider schon alles, das wir haben«, meinte er entschuldigend und zog ein Foto hervor. »Die Geige, die in Ihren Besitz gelangt ist, gehörte tatsächlich einst einer Ab­solventin dieses Konservatoriums. Das weiß ich sicher.«
    Das Bild zeigte eine junge, dunkelhaarige Frau in einem hochgeschlossenen, streng wirkenden weißen Kleid. Ihre Gesichtszüge waren leider ein wenig verwaschen, dafür erkannte man die Geige in ihrer Hand recht gut. Lilly empfand es als sehr ungewöhnlich, dass Rose sie so drehte, dass man den Boden sah. Normalerweise ließen sich Musiker doch immer so aufnehmen, dass die Vorderseite ihrer Instrumente zu sehen war. Als wollte sie darauf hinweisen, dass ihre Violine etwas Besonderes war …
    »Seit vielen Jahren bewahren wir Fotografien und Gemälde sämtlicher Männer und Frauen auf, die hier studiert haben. Meist tragen diese ihre Instrumente bei sich, die wir dann recht schnell identifizieren können, sollten sie sich noch in unserem Besitz befinden.« Thornton tippte kurz auf das Foto. »Diese junge Frau hier ist so was wie eine kleine Legende in der Fachwelt. Sie war wohl eine der besten Violinistinnen ihrer Zeit. Und wie es zuweilen bei heiß brennenden Sternen so ist, verglühen sie schnell. Auch Rose Gallway war der Glanz nur kurz beschieden.«
    »Was ist passiert?«
    Thornton zuckte mit den Schultern. »Das konnte nie wirklich herausgefunden werden. Es heißt, sie sei auf einer Konzerttournee spurlos verschwunden. Die Gazetten der da­maligen Zeit ergingen sich in wilden Spekulationen. Von Entführung und Mord war da die Rede, einige meinen sogar, sie hätte den Herrscher irgendeines exotischen Königreiches geheiratet. Aber geklärt wurde das nie. Man wusste allerdings, dass sie eine äußerst merkwürdige Geige gespielt hatte.«
    »Meine Rosengeige«, sagte Lilly, während sie den Blick nicht von der Fotografie ließ. »Hatte diese Rose Gallway Kinder?«
    »Das weiß niemand. Wie gesagt, sie verschwand von ­einem Tag auf den anderen. Und die Geige tauchte mit einer anderen jungen Frau wieder auf. Helen Carter.«
    Lilly brauchte einen Moment, um die Nachricht zu verdauen. Ihre Geige hatte einer berühmten Geigerin gehört! Aber wie kam sie nun zu ihr?
    »Wer war diese Helen Carter?«
    »Die Tochter eines englischen Paares, das auf Sumatra gelebt hatte. Helen war ebenfalls eine sehr berühmte Violinistin, die auf dem Zenit ihrer Laufbahn einen schweren Unfall erlitt. Sie überlebte zwar, spielte danach aber nie wieder. Die Spur der Geige verlor sich im Zweiten Weltkrieg. Wir waren immer davon überzeugt gewesen, dass sie bei den Bombenangriffen auf London zerstört wurde. Aber da haben wir uns wohl gründlich getäuscht.«
    »Hatte diese Helen Carter Kinder?«
    »Ja, zwei, aber die sind zusammen mit ihr und ihrem deutschen Ehemann während des Krieges bei einem Angriff vor Sumatra ums Leben gekommen.«
    »Und welche Verbindung soll ich nun zu der Geige haben?« Im nächsten Augenblick bemerkte Lilly, dass sie diese Frage laut ausgesprochen hatte. »Äh … ich meine, ich habe keine Verbindung zu Sumatra …«, setzte sie ein wenig beschämt hinzu. »Meine Mutter und meine Großmutter stammen aus Hamburg und haben nie etwas von einer Geige erwähnt.«
    Ein Gedanke dämmerte am Horizont ihres Verstandes auf. Bisher war sie immer nur von sich ausgegangen. Aber was wäre, wenn Peter …
    »Nun, ich fürchte, Sie werden den Weg der Geige ganz ­genau zurückverfolgen müssen, wenn Sie das herausfinden wollen«, vertrieb Thornton ihre Vermutung erst einmal. »Vielleicht hat jemand sie während des Krieges in die Hände bekommen, sie vielleicht von dem Schiff gerettet, auf dem Helen mit ihrer Familie war. Der Name Rodenbach ist nicht zufällig irgendwo in Ihrem Stammbaum vertreten? So hieß nämlich Helens Mann.«
    Lilly schüttelte den Kopf. »Nein, nicht dass ich wüsste.« Jetzt wurde sie sich wieder der Kopie des Notenblattes in ihrer Tasche bewusst. »Übrigens war da noch etwas anderes in dem Geigenkoffer.«
    Lilly zog die Kopie hervor und reichte das Blatt Thornton. Der betrachtete es kurz, wich einen Schritt zurück und ließ sich dann auf der Kante des schweren Schreibtisches neben ihm nieder, als sei ihm plötzlich schwindelig geworden.
    »›Mondscheingarten‹.« Seine Stimme

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