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Der Mondscheingarten

Der Mondscheingarten

Titel: Der Mondscheingarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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dann alles«, gab sie ihrer Freundin mit auf den Weg. Dann zwinkerte sie ihr zu, und Lilly huschte hinaus zu dem Taxi, das bereits ungeduldig gehupt hatte.
    Unterwegs konnte sie es sich kaum verkneifen, den Kopf zu schütteln. Wie war das möglich? Zuerst die Geige und dann noch dieser Zufall mit Thornton! Stimmte die Theorie, dass der Flügelschlag eines Schmetterlings einen Sturm auslösen konnte? War das Auftauchen des alten Mannes mit der Geige dieser Flügelschlag gewesen? Und wie würde der Sturm aussehen, der zweifelsohne noch kam?
    »Alles in Ordnung mit Ihnen, Ma’am?«, fragte der Fahrer, der mit seiner Rasta-Frisur einem jungen Bob Marley ähnelte.
    »Ja, natürlich, ich hatte nur einen Gedanken.«
    »Einen ziemlich unmöglichen wohl, wenn Sie so den Kopf schütteln.«
    War es also doch passiert! Lilly lächelte, dann fragte sie: »Glauben Sie an Zufälle?«
    Der Taxifahrer lachte auf. »Na klar. Die ganze Welt ist voll davon. Ich hab gestern zufällig einen alten Freund wieder­getroffen, den ich seit der Schule nicht mehr gesehen hatte. Am Tag vorher habe ich mir noch so gedacht, he, was ist wohl mit Bobby passiert, und da läuft er mich am nächsten Tag beinahe über den Haufen.«
    »Vielleicht haben Sie ihn mit Ihren Gedanken gerufen?«
    »Gut möglich. Aber ich glaube schon, dass es Zufälle gibt. Und manchmal verändern sie was in uns. Als ich mit Bobby gesprochen habe, war es so, als hätte es die zehn Jahre, in denen wir uns aus den Augen verloren hatten, nicht gegeben. Nun habe ich erfahren, dass er nach London gezogen ist, und am Wochenende kommt er meine Freundin und mich besuchen. Ist toll, was?«
    »Ja, wirklich toll«, entgegnete Lilly.
    »Und bei Ihnen? So, wie Sie den Kopf schütteln, können Sie es nicht glauben, dass Sie ihn wiedergesehen haben.«
    »Besser gesagt, ich kann nicht glauben, dass ich ihn wiedersehen werde.« Als der Taxifahrer erwartungsvoll die Augenbrauen hochzog, setzte sie hinzu: »Ich habe einen Mann im Flugzeug kennengelernt, der sehr nett war. Und nun erfahre ich, dass er der Mann ist, der mir vielleicht bei einer Sache helfen kann. Komischer Zufall, nicht?«
    »Oh, das ist kein Zufall«, sagte der Taxifahrer bedeutungsschwanger. »Meine Großmutter würde sagen, das war das Schicksal. Gottes Wille. Ich bin sicher, dass Ihnen der Mann helfen wird, wobei auch immer.«
    Wirklich?, fragte sich Lilly. Hatte Thornton womöglich eine Antwort darauf, wie sie zu dieser seltsamen Geige gekommen war?
    Vor einem zweistöckigen klassizistischen Bau hielt der Fahrer schließlich an.
    »Da wären wir!«, verkündete er überflüssigerweise, worauf Lilly ihn bezahlte und dann ausstieg. »Viel Glück, Lady!«
    »Ihnen auch!«, entgegnete Lilly, dann brauste das Taxi davon.
    Ein eisiger Hauch ließ sie frösteln, während sie zu der Fassade blickte, die von der Mittagssonne beschienen wurde. Genau so hatte sie sich ein Musikkonservatorium immer ­vorgestellt. Allerdings musste sie beim Näherkommen feststellen, dass hier mittlerweile noch zwei andere Firmen untergebracht waren. Laut Wegweiser im etwas nach Museum riechenden Foyer teilten sich eine Immobilienfirma und eine Konzertagentur die untere Etage. Die obere wurde von der Faraday School of Music eingenommen.
    Kurzerhand erklomm sie die marmornen Stufen, über die früher wohl mal irgendwelche betuchten Herrschaften gewandelt waren. Oben angekommen, begann sie ganz unbewusst den Wert einer alten Kommode einzuschätzen, die wohl noch aus der Zeit des Erbauers des Hauses stammen musste. Mittlerweile diente das Möbelstück dazu, den Gästen Flyer über das Konservatorium sowie Veranstaltungshinweise nahezubringen.
    Nun musste sie nur noch Mr Thorntons Büro finden. Sie marschierte durch lange Gänge, vernahm gedämpfte Vio­linen-, Cello- und Klaviermusik hinter den Türen. Schließlich stieß sie sogar auf eine Sängerin, die sich gerade an einer Opernmelodie versuchte.
    Ich hätte anrufen sollen, ging es ihr durch den Kopf. Es wird ihm sicher nicht gefallen, dass ich einfach bei ihm reinschneie.
    Als sie schließlich an einigen Türen vorbeigeirrt war, sprach sie den erstbesten Menschen an, der ihr auf dem Gang begegnete.
    »Biegen Sie am besten hier um die Ecke, Mr Thorntons Büro befindet sich in der Mitte des linken Ganges«, erklärte ihr die junge Frau, die offenbar gerade von ihrer Musikstunde kam, denn sie trug einen Geigenkasten unter dem Arm.
    Lilly bedankte sich und marschierte weiter.
    Dass die Tür offen stand,

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