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Der Mondscheingarten

Der Mondscheingarten

Titel: Der Mondscheingarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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gespielt hatte.
    Ein Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Überlegungen. Sie rechnete damit, dass Mai erscheinen würde, um ihr noch einmal die Haare zu richten, doch auf ihren Ruf hin erschien Sean Carmichael, ihr Agent, in der Tür.
    »Du siehst bezaubernd aus, Kindchen!«, rief er aus und klatschte kurz in die Hände. »Wie ein Engel, der nur darauf wartet, die Menschheit mit seiner Musik willenlos zu machen und zum Guten zu bekehren.«
    »Übertreib nicht«, gab Rose ungerührt zurück, denn wenn es eine Konstante in ihrer Beziehung zueinander gab, dann Seans Schmeicheleien vor einem Auftritt. Bei den ersten Malen hatten sie Rose noch gutgetan, doch mittlerweile wusste sie, dass er ihr auch dann schmeicheln würde, wenn sie zerzaust und hässlich aussehen würde – Hauptsache, sie ging hinaus, spielte und schwemmte Geld in die Kasse. Je höher die Summe, desto übertriebener die Schmeichelei beim nächsten Mal.
    »Das tue ich doch gar nicht.« Sean breitete die Arme aus und blickte drein, als könnte er kein Wässerchen trüben. »Du siehst wirklich reizend aus, der Gouverneur und seine Gäste werden zufrieden sein.«
    »Wie ist denn der Gouverneur so?«, fragte Rose, denn bei ihrer Ankunft hatte man ihr erklärt, dass der Hausherr gerade nicht zugegen war. Eine Dienerin hatte Rose und Mai zu dem ihr zugedachten Raum geleitet und ihr wenig später etwas Zitronenlimonade und ein paar Küchlein gebracht.
    »Er wirkt auf den ersten Blick ein wenig … sagen wir, grobschlächtig, die Holländer haben eine ganz andere Art als die Engländer.«
    »Die Art der Holländer hier kenne ich«, entgegnete Rose. »Und sie ist mir nicht unangenehm.«
    »Nein, nein, nein, ich wollte keineswegs sagen, dass van Swieten unangenehm ist.« Sean hob abwehrend die Hände, dann trat er hinter sie. »Ich weiß ja, dass du aus der Gegend kommst und deinen holländischen Lehrerinnen viel zu verdanken hast. Ich wollte dich nur vor der Art des Gouverneurs warnen. Er ist von dem Schlag, der jungen Frauen gern ins Hinterteil kneift.«
    »Sean!«, rief Rose empört aus, erntete aber nur Gelächter.
    »Ach Rose, reg dich ab! Alles, was hier zählt, ist, dass du gut spielst. Der Gouverneur hat ein sehr aufmerksames Auge für seine Freunde, gemessen an der Zahl und der Größe der Kutschen sind das alles einflussreiche Männer. Ich werde meine Fühler mal ein wenig für dich ausstrecken, wäre doch gelacht, wenn wir nicht irgendwann mal einen Auftritt in New York bekommen.«
    Rose lächelte ihr Spiegelbild an. Sean mochte vielleicht bei seinen Schmeicheleien übertreiben, aber er wusste genau, was sie wollte. Und bisher hatte er seine Versprechen immer gehalten.
    »Das gefällt dir, nicht wahr? Aber jetzt solltest du dich bereitmachen, lange kann es nicht mehr dauern, bis dich die Gäste spielen hören wollen.«
    Kaum hatte er das gesagt, stürmte Mai in die Garderobe. Zunächst erstarrte sie, als sie Sean sah, dann schloss sie die Tür hinter sich.
    »Der Diener des Gouverneurs sagte mir, dass Sie in einer Viertelstunde spielen sollen. Ich mache Ihnen besser noch mal die Haare.«
    »Bring deiner Herrin lieber die Geige und lass sie noch ein wenig üben, das nimmt ihr die Nervosität!«, mischte sich Carmichael ein und verschwand dann lachend aus der Garderobe.
    »Hör nicht auf ihn«, sagte Rose, denn sie sah, dass Mai unschlüssig war, was sie tun sollte. »Spielen kann ich auch so. Aber du könntest dir wirklich noch mal mein Haar vornehmen, ich komme mir vor wie ein Mopp!«
    Als Mai nach der Bürste griff und sie vorsichtig durch ihr langes schwarzes Haar gleiten ließ, schloss Rose die Augen. Note für Note des Stückes erschien vor ihr, sie malte sich die Begleitung aus, die sie heute zwar nicht haben würde, aber in solchen Fällen in ihrer Seele bei sich trug, und überlegte, an welchen Stellen sie Verzierungen anbringen konnte. Dabei legte sich ihre Unruhe, und als es schließlich an ihrer Tür klopfte, um anzuzeigen, dass es so weit war, erhob sie sich in stiller Vorfreude.
    Paul wusste nicht mehr, wie viele Hände er mittlerweile geschüttelt hatte. Es war erstaunlich, wie viele Männer seinen Vater kannten. Maggie war von der Gouverneursfrau entführt worden, die sie ein paar Freundinnen vorstellte. Da Paul gesehen hatte, dass ihr dies gefiel, ließ er sie gehen – und bezahlte nun damit, dass alle ihn nach dem alten Lord Havenden ausfragten.
    »Es tut mir wirklich leid, dass Horace bereits das Zeitliche gesegnet hat«, sagte

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