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Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Titel: Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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Satz zu beenden.
    »Ein hübsches Stück ausgleichender Gerechtigkeit, wenn du es getan hättest. Allerdings würde ich ihn nicht ganz und gar verantwortlich machen. Und ich frage mich schon, wenn er in jener Nacht an eure Tür geklopft und gesagt hätte: ›Ihr solltet besser schnell von hier verschwinden; es sind kopflose Menschenfresser auf freiem Fuß!‹, ob dein Vater dann Türen und Fenster verrammelt oder ihn in die nächste Irrenanstalt hätte abtransportieren lassen.«
    »Das ist eine dämliche Frage«, sagte Malachi. »Weil er ihn nicht gewarnt hat. Er hat keinen gewarnt.«
    »Nein, es ist eine philosophische Frage«, berichtigte Kearns ihn. »Wodurch sie sich erübrigt, aber nicht dämlich wird.«
    Als wir endlich das Haus verließen, ging der Doktor im Hof auf und ab. In der Nähe stand O’Brian, neben einem großen Transportfuhrwerk, das bereits mit Kearns’ Kisten beladen war, bei deren Anblick der englische Stutzer in die Hände klatschte und ausrief: »Was ist nur los mit mir? Das hätte ich fast vergessen! Will, Malachi, lauft nach oben und bringt mir meine Truhe und meine Tasche, die kleine schwarze Tasche, die meine ich, und schlaft nicht ein unterwegs! Seid vorsichtig damit, besonders mit der Truhe. Sie ist sehr zerbrechlich.«
    Der Deckel und die Umhüllung waren wieder an ihrem Platz, Letztere mit demselben dünnen Seil befestigt wie zuvor. Ich stellte die kleine schwarze Reisetasche obenauf, und Malachi sagte: »Nein, Will; sie wird runterrutschen, wenn wir dieTreppe runtergehen. Ich werde sie mir lieber über den Arm hängen … Sie ist leichter, als ich gedacht hätte«, meinte er, als wir die Truhe die Stufen hinunterbugsierten. »Was ist da drin?«
    Ich gab zu, es nicht zu wissen. Ich sagte die Wahrheit; ich wusste es nicht, aber ich vermutete es. Es war makaber; es war beinahe unvorstellbar, aber dies war Monstrumologie, die Wissenschaft vom Unvorstellbaren.
    Wir luden die Truhe neben die Kisten, wobei wir von Kearns abwechselnd angetrieben und zur Vorsicht ermahnt wurden: »Ladet sie auf, ladet sie auf, Jungs! … Nicht so grob damit; sachte! Sachte!« Kearns inspizierte unsere Arbeit, nickte energisch und reckte dann den Hals, um den Himmel zu studieren. »Wollen wir hoffen, dass diese Wolken sich verziehen, Pellinore. Der Vollmond heute Nacht ist für unsere Zwecke unentbehrlich.«
    Der Doktor und Kearns fuhren mit O’Brian in dem Transportfuhrwerk; Malachi und ich folgten zu Pferde, er auf dem Hengst des Doktors und ich auf meiner kleinen Stute. Mit jedem unerbittlichen Schritt, den wir auf den Ort des Gemetzels an seiner Familie zumachten, wurde Malachi in sich gekehrter, und seine Augen nahmen jenes unheimliche, geistesabwesende Starren an, mit dem er mich zuerst im Altarraum der Kirche seines Vaters begrüßt hatte. Wusste er damals, in den versteckten Tiefen seiner Seele, welches Schicksal ihn bei Einbruch der Nacht erwartete, in dem schwarzen, lichtlosen Abgrund unter dem Land der Toten? Wusste er, tief im Innern, wo wortlose Wahrheit wohnt, was das Werfen der Knochen prophezeit hatte, und dass er jetzt auf jener dunklen Straße ritt, auf die Kearns angespielt hatte? Wenn es so war, so wandte er sich nicht ab. Mit erhobenem Kopf, nach vorn gerichteten Augen und geradem Rücken ritt Malachi Stinnet seinem Verhängnis entgegen.
    Es war fast Mittag, als wir uns mit Morgan und seinen Männern am Stinnet-Haus trafen. Ein Wortwechsel entspann sich, derzweite an diesem Tag und nicht der letzte, zwischen dem Doktor und Kearns: Kearns wollte den Schauplatz des Blutbads des vorangegangenen Tages untersuchen, und Warthrop wollte sofort mit den Vorbereitungen für die schauerliche Arbeit der Nacht beginnen.
    »Es handelt sich nicht um eine voyeuristische Übung, Warthrop«, sagte Kearns. »Na ja, nicht ausschließlich. Es könnte etwas geben, das Ihnen entgangen ist und sich als hilfreich erweisen könnte.«
    »Wie zum Beispiel?«, fragte der Doktor.
    Kearns wandte sich an Morgan, dessen rote Augen und abgespannte Gesichtszüge beredtes Zeugnis von der Qualität seines Schlafs in der vergangenen Nacht ablegten. »Wachtmeister, es ist Ihr Tatort. Darf ich ihn bitte betreten?«
    »Wenn Sie meinen, dass es absolut notwendig ist«, antwortete Morgan unwirsch. »Ich habe mich ja einverstanden erklärt, mich Ihrem Urteil zu beugen, nicht wahr?«
    Kearns tippte sich an den Hut, zwinkerte und verschwand im Haus. Der Wachtmeister richtete sich an Warthrop und knurrte im Flüsterton: »Wenn Sie

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