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Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Titel: Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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herum stehen blieb. Kearns stieß ein leises, vergnügtes Lachen aus. »Jetzt ist es ein M ! Alistair Warthrop, du gerissener Teufel! W zu M , und M für … Nun, wofür in aller Welt könnte M wohl stehen, hm?«
    Er zog behutsam daran, und die Platte, die an einer Seite mit einem Scharnier versehen war, schwang nach außen und enthüllte eine kleine Kammer. In die hintere Wand war ein Zifferblatt eingelassen, dessen Zeiger auf zwölf Uhr erstarrt waren.
    »Es wird immer merkwürdiger«, flüsterte Kearns, währendwir uns hinter ihn drängten, um ihm über die Schulter zu spähen. »Ausgerechnet hier eine Uhr hinzutun! Was schert die Toten die Zeit?«
    »Was schert sie sie?«, echote Morgan heiser wispernd.
    Kearns griff in die Nische und drückte gegen den Minutenzeiger. Er brachte das Ohr dicht heran und bewegte den Metallstab langsam auf Viertel nach. Mit einem Grunzen lehnte er sich zurück und lächelte Morgan zu. »Das tut sie auch nicht, Wachtmeister. Diese Uhr mag zwar noch nie gegangen sein, dient aber dennoch ebendiesem Zweck.«
    Er drehte den großen Zeiger auf die Zwölf zurück, presste die Hände auf den Marmor, spreizte die Beine, um das Gleichgewicht zu halten, und drückte mit aller Kraft gegen den Stein.
    »Das ist doch lächerlich!«, rief Warthrop. Selbst seine beträchtliche Geduld war am Ende. Neben ihm bewegte sich der Mund des Wachtmeisters, der offenbar über Kearns rätselhafte Antwort grübelte. »Wir vergeuden kostbare –«
    »Es ist bestimmt eine Zahl, in der eine gewisse Bedeutung für ihn lag«, unterbrach ihn Kearns. »Nicht eine tatsächliche Tageszeit. Ein Datum oder vielleicht ein Bibelvers, ein Psalm oder etwas aus den Evangelien.« Er schnippte ungeduldig mit den Fingern. »Schnell, berühmte Textstellen!«
    »Psalm dreiundzwanzig«, schlug Malachi vor.
    »Nicht genug Stunden«, wandte Morgan ein.
    »Könnte eine militärische Zeitangabe sein«, sinnierte Kearns. Er stellte die Uhr auf 8:23. Diesmal drückten sowohl er als auch Malachi, den Kearns’ Erregung angesteckt zu haben schien, gegen den Stein, aber die mächtige Platte bewegte sich nicht vom Fleck.
    »Johannes 3:16«, riet Malachi als Nächstes. Immer noch nichts. Warthrop schnaubte angewidert.
    »Pellinore!«, rief Kearns. »In welchem Jahr wurde Ihr Vater geboren?«
    Der Doktor würdigte ihn keiner Antwort. Kearns wandtesich wieder dem Zifferblatt zu, während er mit ruhelosen Fingern seinen Schnurrbart liebkoste. »Vielleicht Pellinores Geburtsjahr …«
    »Oder das seiner Frau oder sein Geburtstag oder unzählige Kombinationsmöglichkeiten für Ihre Uhr, die einem das Weitergehen ermöglichen soll!«, meinte der Wachtmeister, der Kearns’ kryptischen Satz endlich dekodiert hatte, verstimmt. »Das ist hoffnungslos.«
    Hinter uns sagte Warthrop: »Die Geisterstunde.« Ich bemerkte den traurigen Ausdruck in seinen Augen, eine Anerkenntnis des Unannehmbaren, das Eingeständnis einer unvermeidbaren Schlussfolgerung.
    »Die Geisterstunde naht«, fuhr er fort. »Aus dem Tagebuch meines Vaters: ›Die Geisterstunde naht … Die Stunde kommt, und Christus selbst wird verhöhnt.‹«
    »Mitternacht?«, fragte Kearns. »Aber das haben wir probiert.«
    »Die Geisterstunde ist eine Stunde später«, sagte Morgan. »Um ein Uhr.«
    Kearns schien zwar nicht überzeugt, versuchte aber trotzdem schulterzuckend diese Kombination. Wieder bewegte sich die große Platte nicht, selbst als wir alle mit der Schulter dagegendrückten.
    »Wie hat er noch mal gesagt?«, fragte Kearns. »Die Stunde, wo Christus selbst verhöhnt wird?«
    »Nach seinem Prozess wurde er von den römischen Soldaten verhöhnt«, sagte Malachi.
    »Aber um welche Stunde war das?«
    Malachi schüttelte den Kopf. »Darüber steht nichts in der Bibel.«
    Warthrop dachte einen Moment lang nach und verwandte seine ganze sagenhafte Konzentrationsfähigkeit auf das Rätsel. »Nicht verhöhnt von Soldaten«, sagte er langsam. »Von Hexen. Die Geisterstunde ist um drei Uhr morgens, Verhöhnung der Dreifaltigkeit und Verdrehung seiner Todesstunde.« Erholte tief Luft und nickte entschieden. »Es ist drei Uhr, Kearns. Ich bin mir dessen sicher.«
    Kearns stellte die Zeiger auf drei Uhr, die Halterungen im Inneren klickten leise, und bevor Kearns oder sonst jemand sein Glück versuchen konnte, streckte Warthrop die Hand aus und drückte gegen den losen Stein. Mit einem knirschenden Knarren glitt die Geheimtür geradeswegs nach hinten und schuf auf einer Seite eine Öffnung,

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