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Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Titel: Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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Dobrogeanu es getan hatte, wie der Doktor es getan hatte, als ihm in der Wildnis klar geworden war, dass wir uns verirrt hatten – der zeitlose Refrain, die alterslose Antwort. »Nein.«
    Wir können es zu dem Priester bringen. Er wird wissen, was damit zu tun ist.
    Mit diesen Worten hatte ich ihn in dem kalten und dreckigen Korridor im Stich gelassen. Ich war über ihn hinweggetreten in dem Glauben, es gäbe nichts, was ich tun könnte. Ich war über ihn hinweggetreten und hatte mir gesagt, dass sein Leiden nichts mit mir zu tun hatte.
    Im Ödland des grauen Lichts, wo die schwarzen Buteos auf Aufwinden über den Ruinen des Waldes schwebten, hatte ein Mann sich seine Bürde auf die Schulter gestemmt. Das gehört mir! , hatte er in der kalten, toten Luft geschrien. Mir! Er hatte ihn nicht dorthingeschickt; es war nicht die Wahl des Doktors gewesen, dass er ging. Aber der Doktor hatte sich nach dem Unglück zu seinem Freund bekannt. Er hatte seine Bürde akzeptiert.
    So überwältigt war ich von der Ungeheuerlichkeit meines Verbrechens, dass ich die Bestie nicht hörte. Das Wasser wallte hinter mir auf, ein Brett stieß mir in den Rücken; ich merkte es nicht. Als die Bestie sich aus dem Schmutz erhob und ihrSchatten hart auf mich fiel, sah ich es nicht. Die blinden Augen des Kindes hielten mich fest. Das fleischlose Gesicht hielt mich gepackt.
    Aus dem Augenwinkel heraus sah ich verschwommen ihren Arm wie eine Rakete herumschnellen, bevor die harte Faust mir an die Schläfe krachte. Etwas riss sich los in meinem Verstand, ein heftiger Aufruhr wie bei einem Vulkanausbruch. Die Lampe flog mir aus der Hand und zerbarst mit lautem Knall an der Kellerwand, bevor sie ins Abwasser fiel und zischend erlosch. Ich fiel nach vorn und stürzte in die Unergründlichkeit.

ACHTUNDZWANZIG
    »Ich habe ihn gefunden«

    Mein Name war im Wind, und der Wind war hoch über der eingeschneiten Stadt. Es gab keinen Unterschied zwischen dem Klang meines Namens und dem Klang des Windes. Ich war im Wind, und der Wind war in mir, und unter uns waren die kristallenen Nimbusse goldenen Lichts um die Straßenlampen gehüllt und das gedämpfte Platschen des Schnees, der von Traufen fiel, und das trockene Rasseln der toten Blätter, die sich an die gleichgültigen Äste klammerten.
    Es ist schön hier auf dem hohen Wind. Von hier aus schrumpft unser Leiden zur Unbedeutsamkeit; der Wind übertönt das Weinen des Menschen. Die Stadt im Schnee funkelt wie ein Diamant; ihre Straßen sind mit mathematischer Präzision ausgebreitet, die Dächer identische leere Leinwände. In der Leere liegt Vollkommenheit. Es heißt, Gott blickt herab auf uns, wie die Truthahngeier, die in großer Höhe über der verdorrten Landschaft des grauen Landes schweben. In der Entfernung liegt Gott. Der Gestank der Menschheit kann nicht so hoch getragen werden. Unsere Treuebrüche, unsere Eifersüchteleien, unsere Ängste, sie steigen nicht höher als bis zu den Scheiteln unserer Köpfe.
    In einem lichtlosen Keller, der von menschlichem Abfall überschwemmt ist, wird ein verhungernder Säugling untergetaucht, bis er ertrinkt, bis seine kleine Lunge sich mit dem Ausfluss von sechshundert seiner menschlichen Artgenossen füllt, und dann wird sein Gesicht abgeschält, so wie man dieSchale von einem Apfel entfernt, abgeschält und in Dantes Fluss geworfen …
    Im Namen von allem, was heilig ist, sagt mir, warum Gott das Bedürfnis verspürte, eine Hölle zu erschaffen. Sie wirkt so überflüssig.
    Ich erwachte in den Armen der Bestie.
    Als Erstes roch ich sie – den widerlich süßen Geruch eiternden Fleisches. Dann umschlossen mich die mächtigen Arme und drückten mich von hinten an sich, wie Dobrogeanu Gravois auf der Mietshaustreppe umarmt hatte. Der Boden, auf dem wir ausgestreckt dalagen, war hart und kalt; die Luft war muffig und kellerfeucht. Ich hatte eine Empfindung gähnender Leere, wie in einer unterirdischen Höhle tief im Bauch der Erde.
    Licht aus der Umgebung umgab uns; die Quelle konnte ich nicht erkennen. Dann dachte ich: Ihre Augen. Das Licht kommt von ihren Augen. Ich konnte meinen Atem hören, und ich konnte ihren Atem hören, und ihr Atem war so stinkend wie das Grab. Ihr Mund musste ganz nah an meinem Ohr sein; ich konnte jedes Wischen ihrer Zunge über ihre aufgesprungenen und blutenden Lippen hören. Als sie sprach, tropfte dicker Speichel von ihrer geschwollenen, speckigen Zunge, landete auf meinem entblößten Hals und sickerte in meinen Kragen ein. Die

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