Der Montagsmann: Roman (German Edition)
nicht mehr zu überhören.
Er versuchte, die Tür zu öffnen, und war nicht überrascht, sie verriegelt zu finden.
Mit der Faust gegen die Türfüllung hämmernd, verlieh er dem gesamten Frust, der sich in den letzten Stunden in ihm angestaut hatte, auf brachiale Art Ausdruck.
»Hallo?«, brüllte er. »Ist da jemand drin?«
Das Quietschen und Stöhnen hörte abrupt auf. In der Suite herrschte Totenstille.
»Ich habe gute Ohren«, rief Fabio drohend. »Und außerdem ein geladenes Gewehr gegen Einbrecher!«
Er ahnte das Getuschel in dem Zimmer mehr, als dass er es hören konnte, doch die Schritte, die kurz darauf zu vernehmen waren, bildete er sich nicht ein.
Die Tür ging auf, und er blickte in das hochrote Gesicht des Verlobten.
»Wir sind es nur«, sagte Erik.
Fabio versuchte, an ihm vorbei ins Zimmer zu blicken, doch der blond gelockte Muskelprotz schob sich direkt vor ihn.
»Was sollte das hier werden?«, fragte Fabio.
»Wir … ähm, wir haben uns die Hochzeitssuite näher angesehen.«
»Wieso?«
»Nun ja … Für den Fall, dass wir das Anwesen für unsere Feier in Betracht ziehen, müssen wir doch wissen …« Eriks Stimme erstarb, während neben ihm die Freundin der Braut auftauchte, Daphne. Mit ihren glitzernden grünen Augen und der wallenden roten Mähne sah sie aus wie eine exotische Katze. Eine satte Katze. Sie war vollständig angezogen, aber um ihren Hals hing ein unsichtbares Schild mit der Aufschrift Ich hatte eben tollen Sex . Wenn sie es nicht gerade mit dem Verlobten ihrer Freundin bis zum Gehtnichtmehr getrieben hatte, wollte Fabio nicht mehr Santini heißen.
»Klar, dass Sie das Bett ausprobieren wollten«, sagte Fabio. »Interessant ist nur, dass die Braut weit und breit nicht zu sehen ist. Und dabei ist sie vorhin nach oben gegangen, um Sie beide zu suchen. Oder ist sie vielleicht noch in der Suite?« Er schob sich an dem blonden Männermodel vorbei in die Suite und sah, dass das Bett auf eindeutige Weise zerwühlt war, aber die kleine Prinzessin war nicht da.
»Sie ist … raufgekommen?« Die rothaarige Freundin schaute leicht verstört drein. »Wieso denn? Sie wollte sich doch noch alles unten mit Ihnen ansehen!«
»Ihr hat der Speisesaal schon gereicht.«
»Hören Sie … Signor …« An den blonden Wikinger gewandt, fügte Daphne hinzu: »Wie war gleich sein Name?«
»Warum fragen Sie mich nicht?«, fragte Fabio. »Ich stehe direkt hier. Und ich kann es nicht ausstehen, wenn man in meiner Anwesenheit über mich quatscht, als wäre ich nicht da.«
»Santini«, sagte Erik. »Er heißt Santini.«
»Ich glaube, ich gehe jetzt mein Gewehr holen.«
»Nicht doch, Signor Santini!«, rief Daphne. »Sie … ähm, Sie werden doch Isabel nichts davon sagen, oder? Wo ist sie überhaupt?«
»Keine Ahnung«, sagte Fabio wahrheitsgemäß. »Aber man konnte Sie beide prima hier draußen auf dem Gang hören. Sogar noch im Nachbarzimmer.«
Daphne rannte zum Fenster und schaute hinaus. »Dein Wagen steht noch da.«
»Logisch«, sagte Erik. »Ich hab ja auch die Schlüssel.«
»Ob sie noch hier im Haus ist?« An Fabio gewandt, fügte sie hinzu: »Wo könnte sie sein?«
»Wenn Sie mich fragen, ist sie abgehauen.«
»Mit den Schuhen?«, fragte Daphne zweifelnd. »Sie hatte Manolo Blahniks an. Zu Fuß kommt man damit nicht weit.«
»Es gibt Taxis.«
»Das würde ihr ähnlich sehen«, sagte Erik.
»Du hast Recht. Das ist ihre Art. Sie haut immer ab, wenn ihr was gegen den Strich geht. Wahrscheinlich ist sie schon auf dem Weg nach Sylt. Oder in die Toskana.« Daphne hatte einiges von ihrer Überheblichkeit eingebüßt. Doch dann hob sie kämpferisch den Kopf. »Erik, wir müssen sie finden, und dann musst du ihr klar machen, dass es nichts mit deinen Gefühlen für sie zu tun hat.«
»Ich verstehe nicht, wie ich ihr das begreiflich machen soll!«
»Ich auch nicht«, warf Fabio ein.
»Halten Sie die Klappe!«, fuhr Daphne ihn an. Zu Erik sagte sie: »Du hattest schon mal eine andere, und sie hat es mit Fassung getragen.«
»Das war aber nichts Ernstes, nur ein Urlaubsflirt. Und sie war vor allen Dingen nicht mit Isabel befreundet.«
»Egal. Es wäre Schwachsinn, so kurz vor der Hochzeit alles in die Binsen gehen zu lassen.«
Sie fasste Erik beim Arm und zog ihn aus der Suite auf den Gang. »Vielleicht erwischst du sie noch, bevor sie weg ist.«
»Ich sehe nicht, was das bringen soll«, protestierte Erik. »Nimm es doch einfach als Fingerzeig des Schicksals, dass sie uns belauscht
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