Der Montagsmann: Roman (German Edition)
vor sich auf die Tischplatte. Schau her, ich habe nichts Böses im Sinn, schien die Geste zu besagen. Doch darauf gab Fabio nicht viel. Nero hatte zwar die Waffe wieder weggesteckt, aber seine Finger zupften ständig nervös an den Aufschlägen seines Jacketts herum.
»Ich habe gehört, du hast hier schon die erste große Feier eingeplant«, sagte Giulio. »Eine Hochzeit mit zig Personen. Das muss ordentlich Geld in die Kasse spülen.«
»Im Moment kann ich dir nichts geben. Du siehst ja, wie viel hier noch zu tun ist. Komm in drei Monaten wieder.« Fabio setzte sich so weit weg von Giulio wie möglich an den großen runden Tisch und fing an zu essen. Die Poularde schmeckte wie Sägemehl mit Plastikfüllung, obwohl sie vorhin beim Kosten noch auf der Zunge zergangen war.
»Komm besser in sechs Monaten«, sagte Natascha.
Giulio warf Nero von der Seite einen Blick zu, und als wäre es die selbstverständlichste Sache von der Welt, nahm Nero eine der Gabeln vom Tisch, packte eine Hand voll von Nataschas Haar und hielt ihr die Zinken dicht vor das linke Auge.
»He, diese Gabel könnte meine Wimpern ruinieren! Was glaubst du, was für Geld ich dafür ausgegeben habe? Die sind aus echtem Nerz!«
»Wenn du weiter so rumquatschst, brauchst du keine Wimpern mehr«, sagte Giulio. »Weil du dann nämlich keine Augen mehr hast.«
Fabio hatte sich halb von seinem Stuhl erhoben und schätzte die Entfernung zu Nero ab.
»Verkneif es dir lieber«, sagte Giulio salbungsvoll. »Ich bin heute nicht hier, um wegen Geld Druck zu machen. Natürlich kriege ich es noch, und du hast es nur deiner Mutter zu verdanken, dass ich dir mit der Rückzahlung so viel Zeit lasse. Sie war schon immer meine Lieblingstante. Aber heute geht es ausnahmsweise mal nicht um deine Schulden.«
Fabio versagte sich die Erwiderung, dass die Schulden ohnehin nur in Giulios Einbildung existierten, denn er ahnte, dass sich das nur negativ auf die Laune seines Cousins auswirken konnte. Und je schlechter Giulios Laune war, desto nervöser wurde Nero. Der neigte dazu, herumzuhampeln, wenn er nervös war, und dafür war dieser Zeitpunkt denkbar ungünstig, jedenfalls solange er mit der Gabel vor Nataschas Gesicht herumfuchtelte.
»Wenn es dir nicht ums Geld geht, was willst du dann?«
»Deine Verlobte kennen lernen. Die reizende Isabel. Nero hat mir von ihr erzählt. Na, und da war es doch wohl klar, dass ich mich mit eigenen Augen davon überzeugen muss, dass du dir meine süße kleine Maus wirklich aus dem Kopf geschlagen hast.«
Harry nieste und schaute überrascht drein. »Ich wusste gar nicht …«
»Gesundheit«, fiel Natascha ihm laut ins Wort.
Fabio fragte sich, wie Giulio auf die Idee kam, Raphaela als süße kleine Maus zu bezeichnen. Sie war einen halben Kopf größer als er, sogar ohne Schuhe.
»Also, wo ist sie? Nero hat gesagt, heute kochst du für deine Freunde, also sollte sie auch hier sein.«
Fabio starrte seinen Cousin an. »Wolltest du nicht einen Wodka?«
»Lieber Grappa«, sagte Giulio.
»Ich nehme auch einen«, sagte Nero.
»Nein, du musst fahren«, sagte Giulio.
»Wirklich?«, fragte Nero mit leuchtenden Augen. »Den Ferrari?«
»Nein, natürlich nicht, du Blödmann. Ich fahre selbst. Du sollst nichts trinken, weil ich es hasse, wenn du nach Schnaps stinkst.«
»Was für ein ungewöhnlicher Zufall«, sagte Fabio, während er Giulio Grappa einschenkte. »Raphaela findet das auch absolut widerwärtig. Da habt ihr direkt was gemeinsam.«
Giulio verschüttete ein paar Tropfen aus seinem Glas und betrachtete es dann, als könnte es ihm in die Hand beißen. »Wirklich? Mag sie keinen Grappa?«
»Doch, natürlich. Aber nur, wenn sie ihn selber trinkt. Nicht, wenn andere danach riechen.«
»Ah«, meinte Giulio unverbindlich. Er schob das Glas beiläufig zu Harry rüber und verschränkte die Arme vor der Brust. Seine Laune schien sich dem absoluten Gefrierpunkt zu nähern. »Hol sie her. Oder Nero macht dir Beine.«
»Wenn du meinst, dass er mich erschießt – lass es ihn doch tun. Dann haben wir wenigstens das Thema durch.«
»Dann müsste er auch deine Angestellten erschießen. Schon deswegen, weil sie Zeugen wären.« Giulio betrachtete ihn lauernd. »Also, wo ist sie?«
Fabio öffnete den Mund, um eine glaubhafte Ausrede anzubringen, etwa: Sie ist verreist oder Sie besucht ihre kranke Mutter , als sein Handy klingelte.
Er zog es aus der Hosentasche und meldete sich.
»Na so was«, meinte er. »Isabel! Wie geht es
Weitere Kostenlose Bücher