Der Montagsmann: Roman (German Edition)
nächsten Jahre darauf warten müssen.
Ein dritter Termin, diesmal bei dem Laden, der im Schwarzen Lamm die Ausstattung des Eingangsbereichs übernommen hatte, gestaltete sich noch unersprießlicher. Es gab ihn nämlich nicht mehr. Vor der Glasfront war das Rollgitter herabgelassen, und an der Tür hing ein dezentes kleines Schild: Wegen Insolvenz geschlossen . Und er hatte diesem Mistkerl von Ausstatter letzte Woche zweitausend Euro Materialvorschuss überwiesen! Kein Wunder, dass immer nur der Anrufbeantworter drangegangen war!
»Na toll«, entfuhr es ihm.
»Das finde ich auch!«, sagte eine erfreute Stimme neben ihm.
Er zuckte zusammen. Es war Raphaela. Mit ihrem rosa Kleid und der üppigen Lockenfrisur sah sie aus wie eine teure, kostbar herausgeputzte Puppe. Giulio dräute an ihrer Seite und beäugte Fabio wie ein seltenes, zum Abschuss freigegebenes Tier.
»Was macht ihr denn hier?«, fragte Fabio, nur um etwas von sich zu geben.
»Wir waren italienisch essen«, sagte Raphaela. Sie warf das Haar zurück und lächelte ihn an. »Bei der Konkurrenz. Kein Vergleich zu deiner Küche, mein Lieber, kein Vergleich.«
»Ich will nicht, dass du ihn so nennst«, mäkelte Giulio. Er trug einen cremefarbenen Anzug aus einem Seide-Leinen-Gemisch und von perfekter Passform, sah man von der kaum merklichen Ausbuchtung unter der Achsel ab. Er würde niemals unbewaffnet unter Leute gehen, und schon gar nicht würde er seinen massigen Körper in so profane Kleidungsstücke zwängen, wie Fabio sie trug, und wenn es noch so heiß draußen war. Auf seiner Stirn perlte der Schweiß, aber bevor er sich das Jackett auszog, musste schon ein Notfall eintreten.
»Alles im Lot zwischen dir und deiner kleinen Braut?«, fragte Raphaela. »Kann sie sich wieder an dich erinnern?« In ihrer Stimme schwang ein merkwürdiger Tonfall mit. Fabio warf ihr einen irritierten Seitenblick zu, wobei er sich Mühe gab, sie nicht länger als nötig anzuschauen, damit Giulio gar nicht erst auf dumme Gedanken kam.
»Bis jetzt nicht, aber das wird schon noch«, sagte er. »Wir müssen uns nur ein bisschen aneinander gewöhnen.«
»Ich stelle es mir aufregend vor, mit einem Mann Sex zu haben, den ich überhaupt nicht kenne«, meinte Raphaela.
»Ich muss dann mal weiter«, sagte Fabio. »Isabel wartet auf mich.«
Raphaela schien Einwände erheben zu wollen, aber Giulio sah aus, als wäre er sehr damit einverstanden, dass Fabio auf der Stelle verschwand. Er fasste Raphaela beim Arm und zog sie mit sich. »Wegen deiner Schulden unterhalten wir uns noch«, sagte er über die Schulter zu Fabio.
Fabio blickte den beiden nach, während sie zu Giulios Wagen gingen, der ein paar Meter entfernt geparkt war. Er fühlte sich erst besser, als sie beide eingestiegen und davongebraust waren.
Ein Gefühl sagte ihm, dass jemand ihn beobachtete, und als er sich umdrehte, sah er, dass Isabel auf der anderen Straßenseite stand und zu ihm herüberschaute. Sie trug eine Einkaufstüte und winkte ihm mit der freien Hand zu. Er winkte kurz zurück und ging dann über die Straße zu ihr hinüber, wobei er nicht umhinkonnte, ihre veränderte Erscheinung wahrzunehmen. Anscheinend hatte sie einen Teil ihrer Einkäufe gleich angelassen. Der glänzende Designerfummel war verschwunden, stattdessen trug sie ein schlichtes weißes Top mit Spaghettiträgern und dazu einen cremefarbenen, spitzenbesetzten Rock, dessen schwingende Volants bis zu ihren Waden reichten. Ihre schmalen Füße steckten in zierlichen Ballerinas. Die einzige Extravaganz, die Fabio außer dem Prada-Täschchen und dem angeberischen Brillantring noch an ihr ausmachen konnte, bestand in einem winzigen Silberkettchen um ihren rechten Fußknöchel. Wenn sie ihm nicht gleich zu Beginn ihrer Bekanntschaft gesagt hätte, wie alt sie war, hätte er sie für ein Schulmädchen gehalten.
Sie lachte ihn begeistert an, als er zu ihr trat. »Sieh mal, ist das nicht toll?« Sie drehte sich einmal um ihre eigene Achse, bis der Rock in einem fließenden Wirbel aus Spitze hochflog und Fabio ziemlich viel von ihren nackten, sanft gebräunten Beinen sehen konnte.
Er schluckte – nicht nur, weil der Anblick eher unpassende Gedanken in ihm hervorrief, sondern weil sie ihn so vertrauensvoll anschaute.
»Gefällt es dir?«, fragte sie.
Er schluckte abermals und nickte dabei. »Netter Rock. Und das Hemd und die Schuhe natürlich auch.«
Isabel strahlte und hielt die Tüte hoch. »Hier drin ist noch mehr! Jeans, zwei T-Shirts,
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