Der Montagsmann: Roman (German Edition)
bescheuert. Männer mit Absätzen sind entweder schwul oder nicht ganz dicht.«
Nero stand schlagartig still. »Ich glaube, das war’s«, sagte er.
»Das war was?«
»Ich bring sie um«, sagte Nero zu Fabio. »Ich hab’s dir gesagt.«
»Sag es doch mir persönlich, wenn du dich traust«, empfahl Natascha ihm höflich.
»Deine Schuhe sind bescheuert«, erklärte Raphaela. »Der Anzug ist schon schlimm genug, aber die Schuhe sind das Letzte. Ich werde Giulio sagen, dass du auf keinen Fall zu unserer Hochzeit eingeladen wirst. Falls die Hochzeit überhaupt stattfindet.«
Nero äugte mit flackernden Blicken in die Runde. »Ich würde sagen, wir gehen beide jetzt, Bellezza . Bevor es riesengroßen Ärger gibt und du Dinge sagst, die du sicher hinterher sehr bereust.«
Raphaela achtete nicht auf ihn. An Fabio und Isabel gewandt, meinte sie: »Was ihr hier für eine Show abzieht, sieht doch ein Blinder mit Krückstock. Lebensgefährte, haha. Es könnte fast lustig sein, wenn ihr es nicht allein deswegen tätet, um Giulio zu verarschen. Mich zu verarschen«, fügte sie kühl hinzu.
»Das sollten wir hier nicht ausdiskutieren«, rief Nero.
»Ja, ja«, sagte sie ungeduldig. »Ich komm ja schon.« Sie warf ihre glänzende brünette Mähne zurück und stolzierte auf ihren hohen Hacken zur Tür.
»Was meinen Sie mit … verarschen?«, fragte Isabel mit bebender Stimme. Sie fror noch immer. Ihr war so kalt, als hätten sie nicht Ende August, sondern tiefsten Winter.
Als Raphaela an ihr vorbeistöckelte, schnappte sie einen Hauch Parfümduft auf. Vendetta von Valentino, von dem ein Teelöffel voll so viel kostete, wie sie an einem ganzen Shoppingtag bei H&K ausgegeben hatte.
Isabel suchte instinktiv nach einem Gegenstand, den sie durch die Küche schleudern konnte. Etwas, das möglichst hart und scharfkantig war.
Doch bevor sie fündig werden konnte, geriet Fabio in Bewegung.
Isabel gab einen quietschenden Laut von sich, als sie sich unversehens von ihm gepackt und in seine Arme gerissen fühlte. Seine Lippen pressten sich auf ihren Mund und öffneten ihn, und seine Zunge bahnte sich den Weg ins Innere. Der Kuss war grob und leidenschaftlich und wundervoll – und nur zu schnell vorbei.
»Das nur zum Thema Verarschung «, sagte er rau.
»Nette Nummer«, gab Raphaela zurück. »Aber nicht gut genug. Ich weiß nämlich mehr als du.« Sie grinste. »Ciao, Bellezzo …« Sie schürzte die Lippen und pustete Fabio einen Luftkuss zu. »Auf bald, Amore mio !«
Isabel schwankte hin und her, benommen von dem betörenden Kuss und dem köstlichen Gefühl seiner Hände auf ihrem Körper. Leider hatte er sie wieder losgelassen, kaum, dass Raphaela und ihr Begleiter – Isabel hielt ihn für eine Art Leibwächter oder Handlanger der Camorra-Fraktion – aus der Küche verschwunden waren. Folglich musste sie sich unauffällig an der Wand abstützen, weil sie sonst völlig aus dem Gleichgewicht geraten wäre. Ihre Knie wackelten, als hätte sie gerade den Eiffelturm bestiegen, und auch ihr rasender Puls passte dazu.
Fabio fluchte halblaut vor sich hin. »Porca miseria! Maledetta!«
Natascha stand in der Tür zur Vorratskammer, den leeren Wäschekorb wie einen Schild vor die Brust gedrückt. Sie betrachtete Fabio mit undurchdringlicher Miene. »Damit sprichst du ein wahres Wort gelassen aus.«
D er Kuss hatte nicht nur ihre Knie zum Zittern gebracht, sondern trieb sie auf unerfindliche Weise auch dazu, vor dem Dinner eine halbe Stunde zwischen Kleiderschrank und Spiegel hin und her zu laufen und sich zwischendurch mindestens zehn Mal umzuziehen. Nach insgesamt drei Shopping-Nachmittagen seit ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus besaß sie zwar immer noch nicht das, was sie als anständige Garderobe bezeichnen würde, aber es war immerhin so viel, dass man sich darüber Gedanken machen konnte, was man anziehen wollte. Es gab zwei Hosen, zwei Röcke, vier verschiedene Oberteile, drei Paar Schuhe, ihre alten Kleidungsstücke nicht mitgerechnet. Entsprechend vielfältig waren die Kombinationsmöglichkeiten, denn sie hatte beim Kaufen darauf geachtet, dass jedes Teil farblich und vom Stil her zu den anderen Sachen passte. Es war alles in Pastelltönen gehalten, weil das ihren Typ am besten unterstrich.
Sie trug gerade den rosa Spitzenrock mit dem eingearbeiteten Spitzensaum und dazu ein lila Top mit gerüschtem Ausschnitt, als es an der Zimmertür klopfte.
Isabel fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare und war erleichtert,
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