Der Montagsmann: Roman (German Edition)
sie sagte kein Wort, sondern riss Raphaela die Schürze aus der Hand, packte sie wieder auf den Korb und trug die ganze Wäscheladung in einen der benachbarten Vorrats- und Abstellräume.
Sie war kaum verschwunden, als die Küchentür aufflog und ein Mann hereinplatzte. Er war mager und von ungesunder Blässe, und es war offenkundig, dass er nicht in freundlicher Absicht kam. Er blickte sich hastig um, und als er Raphaela sah, brachte er es fertig, gleichzeitig wütend und unterwürfig auszusehen.
»Du sollst doch diesen miesen Burschen nicht besuchen!«
»Wo steht das geschrieben?«, fuhr Raphaela ihn an.
Fabio hatte hinter dem blassen Mickerling die Küche betreten und blieb bei der Tür stehen, die Hände in die Taschen seiner ausgefransten Jeans geschoben. »Sie wollte sowieso gerade wieder gehen.«
»Wollte ich das?«, fragte Raphaela lächelnd. »Und wer behauptet, dass du ein mieser Bursche bist, kennt dich nicht so wie ich.«
»Was meinst du damit?«, fragte der bleichgesichtige Hänfling.
»Ach, Nero. Frag doch nicht so dämlich.«
Isabel spürte einen Anflug von Übelkeit, als sie sah, wie besitzergreifend Raphaela Fabio musterte. Es war fast so, als wollte sie sich vergewissern, dass noch alle guten Teile an ihm dran waren.
»Du hast gesagt, du gehst einkaufen«, meinte Nero mit einem panischen Unterton in der Stimme.
»Ich war einkaufen.« Wie zum Beweis hob Raphaela den rechten Fuß. »Da, funkelnagelneue Schuhe. Drei Paar. Die anderen sind im Wagen. Aber den ganzen Tag nur einkaufen zu gehen wird mit der Zeit langweilig. Habe ich nicht das Recht, hin und wieder alte Freunde zu treffen? Gute alte Freunde?« Bei ihren letzten Worten senkte Raphaela bedeutungsvoll die Stimme und schaute Fabio an. Es war beinahe wie eine Berührung.
Isabels Blicke hatten sich an den neuen Schuhen festgesaugt. Es waren Riemchensandaletten mit zehn Zentimeter hohen Absätzen, ein neues Modell. Das stammte garantiert nicht von H&K, sondern von – Isabel taxierte sie genauer – ja, von Ungaro. Genau wie das Täschchen, das von Raphaelas Schulter baumelte und ebenso neu war wie die Sandaletten.
Vage fragte sie sich, woher es kam, dass sie sich an alle Belange rund um Damenschuhe und Handtaschen sowie Möbel- und Dekor-Arrangements bestens erinnerte, aber mit so primitiven Dingen wie der Zubereitung eines Pestos nicht mal ansatzweise klarkam.
Sie hätte am liebsten laut aufgeschrien. Oder das Messer auf den Boden oder gegen die Wand geworfen. Vorzugsweise in Raphaelas Richtung.
»Was soll das hier werden?«, hörte sie sich zu ihrer eigenen Überraschung selbst sagen. »Fragt mich eigentlich jemand, ob es mir passt, dass sie ständig vorbeikommt?«
Sie hob den Kopf und trat an Fabios Seite. »Er ist schließlich mein Lebensgefährte, oder nicht? Da ist es eine ziemliche Zumutung für ihn und mich, wenn seine Ex hier andauernd zu Besuch hereinschneit. Außerdem haben wir genug zu tun, um bis zur Eröffnung alles zu bewältigen, wir können es uns gar nicht leisten, durch unerwünschte Eindringlinge von der Arbeit abgehalten zu werden.«
Wie um Bestätigung heischend blickte sie zu Fabio auf, doch sein Gesicht blieb merkwürdig unbeteiligt. Er stand unter Anspannung, das merkte sie, doch er rührte sich nicht, sondern lehnte gegen die Wand, immer noch die Hände in den Taschen. Harry hatte sich das Brett mit den Kräutern geschnappt und schabte das klein gehackte Grünzeug zusammen mit anderen Zutaten für das Pesto in den Mixer. Natascha rumorte in der Kammer nebenan herum.
Bis auf die von den beiden verursachten Geräusche war es still in der Küche.
»Ich finde, sie hat völlig Recht!«, unterbrach Nero das lastende Schweigen. Er hampelte von einem Fuß auf den anderen, mit einer Hand am Aufschlag seines Sakkos. »Besser, du kommst jetzt mit, Raphaela. Du weißt doch, dass noch viel für die Hochzeit zu tun ist. Und Giulio …«
»Scheiß auf die Hochzeit!« Raphaela funkelte ihn an. »Hau ab, du Zwerg! Sonst sag ich ihm, dass du mir ständig auf den Hintern glotzt, wenn du glaubst, ich kriege es nicht mit!«
Nero fuhr zusammen. »Das ist nicht wahr!«
»Lüg nicht!«
»Wenn ich es wirklich mal tue, ist es keine Absicht!«, beteuerte er.
»Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt Lust habe, jemanden zu heiraten, um den laufend so ein missratener Hampelmann auf unmöglichen Absatzschuhen herumtanzt!«
»Wo sie Recht hat, hat sie Recht«, warf Natascha ein. Sie kam zurück in die Küche. »Diese Schuhe sind
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