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Der Mord des Jahrhunderts - Collins, P: Mord des Jahrhunderts

Der Mord des Jahrhunderts - Collins, P: Mord des Jahrhunderts

Titel: Der Mord des Jahrhunderts - Collins, P: Mord des Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Collins
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nannte ihn einen Gentleman?
    »War Thorn nicht wie ein Ehemann für Sie?«
    »Nein«, beharrte sie.
    Howe holte mit seiner letzten Frage zum Dolchstoß aus.
    » Ist das ebenso wahr wie alle anderen Antworten, die Sie gegeben haben? «
    »Ja«, erklärte sie.
    Der überfüllte Gerichtssaal brach in Gelächter und Jubel aus. Ihre Aussage endete, schrieb ein Reporter des Commercial
Advertiser staunend, in »einem Durcheinander, wie es selten, wenn überhaupt jemals, in einem Gerichtssaal dieses Staates geherrscht hat«. Hilflos starrten sich Staatsanwalt Youngs und Manny Friend durch das Chaos hindurch an, während der Richter den Saal mit klopfendem Hammer zur Ruhe rief. Ihre Hauptzeugin steckte in der Zwickmühle: Sie konnte lügen, um sich herauszuwinden, oder lügen, um tugendhaft zu bleiben – beides zusammen war unmöglich. Howe wusste das, und er hatte sie damit im Zeugenstand vernichtet. Ref 729
    Ein Mann jedoch schenkte weder Howe noch Mrs Nack Beachtung: Er war am hinteren Ende der Geschworenenbank zusammengebrochen und krümmte sich vor Schmerzen. Ref 730
    Magnus Larsen?
    Richter Wilmot Smith erklärte die Verhandlung eilends für unterbrochen, und erschrocken begriffen Reporter und Zuschauer, was hier soeben vor sich ging: Mitten in diesem Mordprozess starb vor ihren Augen gerade ein weiterer Mensch.

20. EIN HERRLICHER MORD
    Malwine Brandel hielt einen Strauß rote Rosen umklammert. Kaum 18 Jahre alt, mit glänzenden blonden Haaren und blauen Augen, die von ihrem modisch hochgeschlossenen Samtmantel betont wurden, ersuchte sie Sheriff Doht, sie an dem Verfahren teilhaben zu lassen, das heute Morgen wiederaufgenommen wurde. »Ich möchte die Martin Thorn geben«, bat sie inständig. Ref 775
    Der Sheriff sah sie ungläubig an. »Nein, das geht nicht«, brachte er schließlich heraus. »Solange ich die Aufsicht über dieses Verfahren führe, wird Thorn im Gerichtsgebäude keine Blumen erhalten.«
    »Aber ich muss«, flehte sie. Mrs Brandel hatte vor kurzem ihren Mann verloren und bereits jetzt ihr Herz an die Bilder von Thorn in den Zeitungen verloren.
    »Thorn ist ein so ungemein interessanter Mann«, sagte sie atemlos. »Ich kann nicht glauben, dass er sich eines solch teuflischen Verbrechens schuldig gemacht hat. Je öfter ich ihn und seine ehrlichen Augen ansehe, desto lieber gewinne ich ihn.«
    Der Sheriff schüttelte den Kopf.
    »Wissen Sie denn nicht«, erlaubte er sich einen kleinen Scherz, »dass Sie ins Gefängnis kommen können, wenn Sie Thorn Blumen schenken? Er könnte sich damit vergiften .«
    »Dann gebe ich sie Mr Howe«, beharrte sie. »Und er gibt sie Thorn.«
    Sheriff Doht streckte ihr eine Hand entgegen: Wenn sie hineinwollte, musste sie die Rosen abgeben. Tief betrübt trennte sich die junge Witwe von ihrem Strauß, und kaum war sie an ihm vorbei, schleuderte Doht ihn zur Seite.
    »Ich wünschte, Frauen mit derartigen Anwandlungen würden in New York bleiben«, murmelte er.

    Aber das taten sie nicht. Mit jeder Fähre und jeder Straßenbahn, die am heutigen Morgen aus Manhattan eintraf, entlud sich eine neue Welle von Zuschauern über das Gerichtsgebäude. Frauen strömten schwatzend auf die Galerien, in den Taschen das unerlässliche Accessoire für diesen Prozess: Operngläser. »Ich bin aus Neugier hierhergekommen – weibliche Neugier, wenn Sie so wollen«, erklärte eine Verehrerin. Sie hieß Tessie und hatte sich ganz früh am Morgen von Greenpoint auf den Weg gemacht, um einen der besten Plätze in der ersten Reihe zu ergattern. »Ich denke, dass sich jede Frau, die von dem Fall gehört hat, dafür interessiert.« Ref 776 Ref 777
    »Es ist ein Frauenfall, eine Geschichte über die Nöte von Frauen«, pflichtete eine andere ihr bei.
    »Es ist ein herrlicher Mord«, schwärmte Tessie. »Oh, aber Mrs Nack ist eine abscheuliche Kreatur.«
    »Ich bin nur gekommen, um Mrs Nack zu sehen«, meldete sich eine Nachbarin zu Wort.
    »Ich auch«, bestätigte eine andere. »Ich hätte meine letzten fünf Dollar dafür gegeben und das Haus ohne Frühstück verlassen, um diese Frau zu sehen.«
    Heute jedoch war von Mrs Nack nichts zu sehen. Da waren nur Heerscharen von Journalisten, der neu eingesetzte Richter Samuel Maddox auf der Richterbank – der vorherige Richter ließ sich wegen Malaria entschuldigen – und, ganz in der Mitte, die berühmte Verteidigerbank. Howe war wie üblich mondän gekleidet, und Thorn bot einen hübschen Anblick mit seinem Schnurrbart, der nun in seiner ganzen Pracht

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