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Der Mord des Jahrhunderts - Collins, P: Mord des Jahrhunderts

Der Mord des Jahrhunderts - Collins, P: Mord des Jahrhunderts

Titel: Der Mord des Jahrhunderts - Collins, P: Mord des Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Collins
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begnügen, ihren Lesern mitzuteilen, dass die Zeugenaussagen selbst für die moderne Frau von heute einfach zu aufregend waren. Frauen stürmten daraufhin in die Polizeiwache des Sheriffs und belagerten die Flure, in
der Hoffnung, wenigstens einen flüchtigen Blick auf Nack oder Thorn zu erhaschen. Ref 815 Ref 816
    Hinter den schweren Eichentüren des Gerichtssaals starrte auch Martin Thorn jemanden an – die Geschworenen.
    »Ich beobachte sie ganz genau, auch wenn so manch einer denkt, ich interessiere mich kaum für den Prozess«, vertraute Thorn einem Reporter des Herald an, während sich der Saal füllte. Er machte eine nickende Kopfbewegung in Richtung des unentwegt lächelnden Valentine Waits, einem durchweg fröhlichen Bauern, der inzwischen zum Liebling der Zeichner geworden war. Er wirkte heute Morgen besonders wohlgenährt und fidel. »Mir ist aufgefallen, dass viele von ihnen rosige Wangen bekommen haben.« Ref 817
    Auch die übrigen Geschworenen nahmen auf ihrer Bank Platz, wobei die Bauhandwerker an diesem Morgen fast ebenso sorgfältig frisiert aussahen wie Thorn selbst.
    »Ein paar von ihnen haben sich die Haare schneiden lassen«, bemerkte er leise. »Das fällt mir wohl auf, weil ich Friseur bin.«
    Thorn, so wunderte sich der Reporter des Herald , sprach noch immer mit dem für Friseure so typischen gedämpften Tonfall – als »würde er sich in seinem Salon mit einem Kunden über das unbeständige Wetter unterhalten«. Sein Anwalt war da schon ungestümer: Howe schlug seinem Mandanten beherzt auf den Rücken, rückte seine Unterlagen zurecht und erhob sich dann vor dem zur Ruhe gekommenen Saal.
    »Meine Herren« , ertönte seine Stimme – denn es wahren tatsächlich nur Herren anwesend, bis auf sieben oder acht raffinierte Frauen, die sich als Gerichtszeichner in den Saal geschmuggelt hatten; ihre Skizzenblöcke ruhten unberührt auf ihren Schößen. »Meine Herren Geschworenen«, begann er eindrucksvoll. » Martin Thorn ist des Mordes an William Guldensuppe nicht schuldig. « Ref 818

    Er schritt langsam auf die Geschworenenbank zu und warf jedem einzelnen der zwölf Männer einen bedeutungsvollen Blick zu.
    »Die Ermordung Guldensuppes war die Idee der Täterin – Mrs Nack. Sie hat einen Meineid begangen, ebenso wie sie einen Mord begangen hat. Sie war es, die das Cottage mietete, um es in ein Schlachthaus zu verwandeln, in dem ihr Liebhaber sein Leben lassen sollte. Diese Frau war Guldensuppes überdrüssig, sie wollte ihn nicht mehr – sie wollte Martin Thorn. Und so ging diese Lady Macbeth unserer Zeit nach Woodside und mietete ein Cottage. Sie kaufte das Wachstuch, als Guldensuppe noch am Leben war. Sie brachte ihn an den Ort, an dem er sterben sollte. Sie war die Mörderin. Diese Anatomin, die einen menschlichen Körper zerlegen kann, wie Sie einen Truthahn tranchieren können – diese Lady Macbeth und Lucrezia Borgia in einer Person –, sie zerteilte die Leiche in Stücke. Im Anschluss an diese Metzelei war sie es, meine Herren, die seine Kleider in einen Ofen warf und dabei zusah, wie das Feuer seine Arbeit verrichtete. Das ist die Kreatur, die davon spricht, um Gott und ihres Gewissens willen ein Geständnis abzulegen. « Ref 819
    Howe machte eine nachdenkliche Pause. Seine weißen Haare hoben sich leuchtend von dem tiefen Schwarz seines Anzugs ab. Als er weitersprach, klang seine Stimme leise und zittrig. »Meine lange Karriere als Anwalt geht in den Herbst über«, bekannte er. Nach tagelangem Toben und Tosen wurde Howe nun alt und sanftmütig. »Aber ich glaube fest daran, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird.« Ref 820
    Er bündelte seine Kräfte und wandte sich zu dem vollbesetzten Zuschauerraum um. »Martin Thorn!«
    Captain Methven nahm Thorn die Handschellen ab und führte den Gefangenen durch den schmalen Gang hinter der Geschworenenbank zum Zeugenstand.

    »Wären Euer Ehren einverstanden, wenn ich während der Vernehmung sitze?«, fragte der alte Anwalt Richter Maddox. Ref 821
    »Aus Respekt vor dem Gericht würde ich lieber stehen – dennoch bitte ich, Platz nehmen zu dürfen.«
    »Ja.« Der Richter nickte.
    Es schaffte eine merkwürdige Vertrautheit: Howe und Thorn waren nun zwei Männer, die beisammensaßen und sich unterhielten.
    »Thorn«, begann Howe freundlich, »wie ist Ihr vollständiger Name?«
    »Martin Torzewski.«
    »Wann haben Sie Mrs Nack kennengelernt?«
    »Vor eineinhalb Jahren.«
    Ein Blick durch den Saal bestätigte, dass die Staatsanwaltschaft

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