Der Mord zum Sonnntag
betörende Lächeln, die smaragdgrünen Augen, das
prachtvolle flammend rote Haar, das sich um die Schultern
lockte. Um ihr Gleichgewicht wiederzufinden, markierte
sie Interesse für die gerahmten Werbeplakate an der
Wand. Eine Textzeile fiel ihr ins Auge. Wie ein
Schmetterling, der auf einer Wolke dahintreibt. Wieso
kam ihr das bekannt vor?
Der Gürtel ihres Bademantels hatte sich gelockert. Sie
zog ihn wieder fest und drehte sich zu Helmut um. «Wenn
von den Frauen, die hier ein Vermögen hinblättern, jede
zehnte auch nur annähernd so aussähe wie Leila, wäre für
dich nichts mehr zu holen, Baron.»
Er antwortete nicht.
In der Frauenabteilung herrschte mehr Betrieb als am
Vortag, trotzdem war es nicht mit früher zu vergleichen.
Elizabeth absolvierte ihr Programm, war froh, sich
körperlich wieder einmal auszuarbeiten, und überließ sich
dann ebensogern den geschickten Händen der Masseuse
und der Kosmetikerin. In den zehnminütigen
Zwischenpausen traf sie mehrmals mit Cheryl zusammen. Eine ausgeflippte Säuferin. Sie wahrte Cheryl gegenüber
mit knapper Mühe den Anschein, was diese offenbar gar
nicht merkte. Sie wirkte geistesabwesend.
Alvirah Meehan nahm am gleichen Aerobic-Tanzkurs
teil – eine erstaunlich gelenkige Alvirah mit einem
ausgeprägten Sinn für Rhythmus. Warum um Himmels
willen trug sie eine Rosette am Bademantel? Sobald sie
mit jemand ins Gespräch kam, machte sie sich an der
Brosche zu schaffen, wie Elizabeth feststellte.
Einigermaßen erheitert bemerkte sie außerdem Cheryls
erfolglose Ausweichmanöver.
Zum Lunch kehrte sie in ihren Bungalow zurück, denn
auf der Terrasse beim Schwimmbecken wäre sie
womöglich abermals mit Ted zusammengetroffen.
Während sie den frischen Obstsalat verzehrte und dazu
Eistee trank, buchte sie telefonisch ihren Flug um. Sie
bekam eine Reservierung in der Maschine, die am
nächsten Morgen um zehn in San Francisco nach New
York startete.
Sie war ganz versessen darauf gewesen, aus New York
herauszukommen. Jetzt strebte sie, wiederum mit aller
Macht, von hier weg.
Sie schlüpfte in den Bademantel und bereitete sich auf
den zweiten Teil ihres Tagespensums vor. Den ganzen
Vormittag über hatte sie sich bemüht, Teds Bild zu
verdrängen. Jetzt stand es ihr wieder deutlich vor Augen.
Schmerzgequält. Zornig. Flehend. Welchen Ausdruck
hatte sie in diesem Gesicht wahrgenommen? Und würde
sie den Rest ihres Lebens mit Fluchtversuchen verbringen,
nach dem Prozeß – und dem Urteil?
4
Mit einem dankbaren Seufzer ließ sich Alvirah auf ihr Bett
fallen. Sie hätte wer weiß was für ein Nickerchen gegeben,
sah aber ein, daß sie ihre Eindrücke unbedingt festhalten
mußte, solange sie noch frisch im Gedächtnis waren. Sie
setzte sich auf den Kissen zurecht, angelte nach dem
Recorder und begann zu sprechen.
«Es ist vier Uhr, und ich ruhe mich in meinem
Bungalow aus. Ich habe mein erstes volles
Tagesprogramm in Cypress Point Spa hinter mir und muß
gestehen, daß ich fix und fertig bin. Es ging rund. Wir
haben mit einem flotten Spaziergang angefangen, dann
kam ich hierher zurück, und das Zimmermädchen brachte
meinen Tagesplan auf dem Frühstückstablett mit. Es gab
ein verlorenes Ei auf ein paar Krümeln Vollkorntoast und
Kaffee. Mein Plan, der am Bademantel zu befestigen ist,
beinhaltete zwei Lektionen Unterwasseraerobic, einen
Yogakurs, eine Gesichtsbehandlung, eine Massage, zwei
Tanzkurse, eine Behandlung mit dem
Warmwasserschlauch, fünfzehn Minuten in der
Dampfstrahl-Kabine und ein kurzes Bad im Whirlpool.
Die Lektionen in Unterwasseraerobic sind sehr
interessant. Ich schubse da einen Wasserball herum, was
sich sehr einfach anhört, aber jetzt tun mir die Schultern
weh, und ich spüre, daß ich Muskeln in den
Oberschenkeln habe, die mir nie aufgefallen sind. Der
Yogakurs war nicht übel, nur krieg ich mit meinen Knien
den Lotossitz nicht hin. Das Tanztraining hat Spaß
gemacht. Ich muß selber sagen, daß ich schon immer eine
gute Tänzerin war, und wenn man hier auch bloß von
einem Fuß auf den anderen hopst und viel rumzappelt, hab
ich doch ein paar von den Jüngeren ganz schön blamiert.
Vielleicht wär ich der geborene weibliche Rocker.
Die Behandlung mit dem Warmwasserschlauch erfüllt
den gleichen Zweck wie die Wasserwerfer der Polizei. Da
drehen sie den Wasserstrahl voll auf und spritzen
darauflos, während man splitterfasernackt dasteht und sich
an einer Metallstange festklammert,
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