Der Mord zum Sonnntag
äußern würde. Zu ihrer Enttäuschung kam
dieses Thema überhaupt nicht auf. Erst bei der
Vanillemousse fragte der Sheriff nicht von ungefähr: «Sie
sind doch alle in den nächsten paar Tagen hier erreichbar?
Oder gedenkt jemand abzureisen?»
«Unsere Pläne stehen noch nicht fest», erklärte Syd.
«Cheryl muß vielleicht kurzfristig zurück nach Beverly
Hills.»
«Ich halte es für ratsam, wenn sie sich bei mir meldet,
bevor sie nach Beverly Hills oder sonstwohin fährt», sagte
Scott liebenswürdig. «Ach, übrigens, Baron – die Säcke
mit Leilas Fanpost, die nehme ich mit.»
Er legte den Löffel hin und schob seinen Stuhl zurück.
«Schon merkwürdig, aber ich hab so eine Ahnung, als ob
jemand in dieser Runde, Mrs. Meehan ausgenommen, ein
paar ganz üble Briefe an Leila LaSalle geschrieben haben
könnte. Ich bin richtig versessen darauf, herauszufinden,
wer das wohl gewesen sein mag.»
Zu Syds Entsetzen richtete sich Scotts stahlharter Blick
unverwandt auf Cheryl.
12
Es war kurz vor zehn, als sie endlich in ihrer Wohnung
unter sich waren. Min hatte den ganzen Tag mit sich
gerungen, ob sie Helmut mit dem Beweis konfrontieren
sollte, daß er in der Nacht von Leilas Tod in New York
gewesen war. Wenn sie es tat, zwang sie ihn zuzugeben,
daß etwas zwischen ihm und Leila bestanden hatte. Wie
töricht von ihm, den Nachweis für das Telefongespräch
nicht zu vernichten.
Er ging unverzüglich in seinen Ankleideraum, und kurz
darauf hörte sie die Dusche in seinem Badezimmer. Als er
zurückkam, erwartete sie ihn in einem der tiefen
Armsessel vor dem Kamin. Unbeteiligt musterte sie ihn:
tadellos frisiert wie für einen offiziellen Empfang,
maßgefertigter seidener Morgenmantel, kerzengerade
Haltung, die ihn größer als seine einsfünfundsiebzig
erscheinen ließ.
Er machte sich einen Scotch mit Soda zurecht und
schenkte für sie, ohne zu fragen, einen Sherry ein. «Das
war ein schwerer Tag, Minna. Du bist gut damit fertig
geworden.» Sie blieb stumm, und endlich schien ihm diese
ungewohnte Schweigsamkeit aufzufallen.
«Dieser Raum hat eine so beruhigende Wirkung»,
bemerkte er.
«Bist du nicht froh, daß du mir die
Farbenzusammenstellung überlassen hast? Sie paßt zu dir.
Starke, schöne Farben für eine ebenso starke wie schöne
Frau.»
«Ich würde dieses Pfirsichrosa nicht gerade zu den
kräftigen Farben rechnen.»
«In der Verbindung mit Dunkelblau wird es dazu. Wie
ich, Minna. Ich werde stark, weil ich bei dir bin.»
«Wozu dann dies?» Sie zog die Telefonabrechnung aus
der Tasche und sah, wie sich erst Bestürzung, dann Furcht
in seinem Gesicht malte. «Warum hast du mich belogen?
Du warst in jener Nacht in New York. Warst du bei Leila?
Bist du zu ihr gegangen?»
Er seufzte. «Ich bin froh, daß du es herausgefunden hast,
Minna. Ich wollte es dir so gern erzählen.»
«Dann tu’s jetzt. Du warst in Leila verliebt. Du hattest
ein Verhältnis mit ihr.»
«Nein, ich schwör’s dir.»
«Du lügst.»
«Das ist die reine Wahrheit, Minna. Ja, ich bin dort
gewesen – als Freund – als Arzt. Das war um halb zehn.
Die Wohnungstür stand einen Spalt breit offen. Ich konnte
Leilas hysterische Stimme hören. Ted schrie sie an, sie
solle den Hörer auflegen. Sie brüllte zurück. Der Fahrstuhl
kam. Ich wollte nicht gesehen werden. Du kennst doch die
Ecke in der Halle, hinter der hab ich mich versteckt …»
Helmut sank Min zu Füßen. «Es hat mich fast
umgebracht, dir das nicht zu sagen, Minna. Ted hat sie
hinuntergestoßen, Minna. Ich hörte sie schreien. Nicht!
Nicht doch! Und dann ihr Angstschrei, als sie
hinunterstürzte.»
Min erbleichte. «Wer kam aus dem Fahrstuhl? Hat dich
jemand gesehen?»
«Keine Ahnung. Ich bin über die Feuertreppe nach unten
gerannt.»
Dann verlor er die Fassung, beugte sich vor, barg den
Kopf in den Händen und begann zu weinen.
Mittwoch, 2. September 1987
Das Wort zum Tage: Schönheit liegt im Auge des
Beschauers.
SHAKESPEARE
Guten Morgen, hochgeschätzter Gast Fühlen Sie sich
heute früh ein wenig unlustig? Keine Bange. Nach ein
paar Tagen läßt die Anspannung nach, und wir alle
verfallen in einen köstlichen, gelösten Zustand und finden,
wir sollten vielleicht gerade an diesem Morgen einfach im
Bett liegenbleiben.
Nichts da! Wir winken Ihnen aufmunternd zu, uns zu
begleiten auf diesem wunderbaren, belebenden
Morgenspaziergang durch unser herrliches Gelände und an
der Küste entlang. Sie werden es nicht
Weitere Kostenlose Bücher