Der Mord zum Sonnntag
Scott.
«Schon gut. Mir geht’s doch ganz genauso. Haben Sie in
den Postsäcken noch mehr anonyme Briefe gefunden?»
«Nein. Ich möchte Sie bitten, Sammys persönliche
Sachen gemeinsam mit mir durchzugehen. Ich weiß zwar
nicht, wonach ich suche, aber vielleicht fällt Ihnen etwas
auf, was ich übersehen habe.»
«Geben Sie mir zehn Minuten zum Duschen und
Umziehen.»
«Sind Sie auch sicher, daß es Sie nicht zu sehr
mitnimmt?»
Elizabeth lehnte sich an das Geländer und fuhr sich mit
der Hand durchs Haar. «Hätte sich der Brief bei ihr
gefunden, könnte ich ja an irgendeinen Anfall glauben, der
Sammy herumirren ließ. Aber so, wo der Brief spurlos
verschwunden ist … Scott, wenn jemand ihr einen Stoß
versetzt oder sie so erschreckt hat, daß sie zurückwich,
dann ist derjenige ein Mörder.»
Die Türen der umliegenden Bungalows öffneten sich.
Männer und Frauen in einheitlich elfenbeinfarbenen
Veloursbademänteln strebten den Kurmittelhäusern zu.
«In einer Viertelstunde fängt der Betrieb an», erklärte
Elizabeth. «Massagen, Gesichtsbehandlungen,
Dampfbäder und Gott weiß was alles. Ist es nicht
unvorstellbar, daß einer von den Leuten, die heute hier
verhätschelt werden, Sammy mutterseelenallein in diesem
schauerlichen Mausoleum sterben ließ?»
Craigs erster Anruf am frühen Morgen kam von dem
Privatdetektiv, der sich eindeutig besorgt anhörte. «Keine
weiteren neuen Erkenntnisse über Sally Ross», teilte er
mit. «Aber der Dieb, den sie in ihrem Haus erwischt
haben, behauptet angeblich, er hätte Informationen über
Leila LaSalles Tod. Er versucht, sich mit dem
Staatsanwalt zu arrangieren.»
«Um was für eine Art Information handelt es sich? Das
könnte doch die Chance sein, auf die wir warten.»
«Mein Gewährsmann teilt diese Auffassung nicht.»
«Was soll das heißen?»
«Der Staatsanwalt ist hocherfreut. Daraus muß man
schließen, daß seine Position gestärkt wurde, nicht
geschwächt.»
Craig rief Bartlett an und berichtete ihm von dem
Gespräch. «Ich lasse das von meinem Büro
recherchieren», erklärte der. «Kann sein, daß die was
Genaueres rausfinden. Wir müssen abwarten, bis wir
wissen, was eigentlich los ist. Inzwischen gedenke ich
Sheriff Alshorne aufzusuchen. Ich verlange vollständige
Aufklärung über diese ‹anonymen› Briefe, die er
erwähnte. Sind Sie sicher, daß Teddy nichts mit einer
anderen hatte, einer Frau, die er womöglich schützen will?
Ihm scheint nicht klar zu sein, wie sehr das seiner Sache
helfen könnte. Vielleicht sollten Sie ihm das
nahebringen.»
Syd wollte gerade zur Morgenwanderung aufbrechen, als
sein Telefon klingelte. Eine innere Stimme sagte ihm, das
müsse Bob Koenig sein. Er irrte sich. Drei endlose
Minuten beschwor er einen Kredithai, ihm für die
Begleichung seiner restlichen Schulden ein bißchen mehr
Zeit einzuräumen. «Wenn Cheryl die Rolle kriegt, kann
ich meine Provision beleihen», argumentierte er. «Sie liegt
vor Margo Dresher im Rennen, ich schwör’s Ihnen … Das
hat mir Koenig persönlich gesagt …»
Er saß zitternd auf der Bettkante, als er den Hörer
auflegte. Ihm blieb keine Wahl. Er mußte zu Ted gehen
und das, was er wußte, benutzen, um das erforderliche
Geld zu bekommen.
Die Zeit war abgelaufen.
Sammys Wohnung wirkte irgendwie völlig verändert.
Elizabeth erschien es so, als habe Sammys Tod auch jede
persönliche Atmosphäre ausgelöscht, die Räume kalt und
leblos hinterlassen. «Min hat sich mit Sammys Kusine
wegen der Beisetzung verständigt», erklärte Scott.
«Wo ist die Leiche jetzt?»
«Sie wird heute im Leichenschauhaus abgeholt und nach
Ohio übergeführt, wo sie im Familiengrab beerdigt werden
soll.»
Elizabeth fiel ein, wie stark der Betonstaub Sammys
Rock und Strickjacke verschmutzt hatte. «Kann ich Ihnen
Kleider für Sammy mitgeben?» fragte sie. «Oder ist es
dafür zu spät?»
«Nein, die Zeit reicht noch.»
Das letzte Mal hatte sie Leila diesen Dienst erwiesen.
Sammy war ihr beim Aussuchen des Kleides behilflich
gewesen, in dem Leila bestattet werden sollte. «Vergessen
Sie nicht, der Sargdeckel wird geschlossen», hatte Sammy
sie erinnert.
«Darum geht’s nicht. Sie kennen doch Leila. Wenn sie
sich unpassend angezogen fühlte, verdarb ihr das den
ganzen Abend, egal, ob alle anderen sie toll aussehend
fanden. Ich möchte nicht, daß sie …»
Sammy hatte verstanden, was sie meinte. Und ihre Wahl
war dann auf das grüne Samtkleid mit den
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