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Der Mord zum Sonnntag

Der Mord zum Sonnntag

Titel: Der Mord zum Sonnntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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hatte Angst vor Spritzen, aber davon kriegt man doch
keinen Herzstillstand.»
    Elizabeth zuckte zusammen, als Gina nun ihre
Schulterpartie durchwalkte.
Gina lachte bekümmert. «Meinen Sie etwa, es gab auch
nur einen im Haus, der nicht wußte, daß Mrs. Meehan im
Behandlungsraum C eine Kollageninjektion bekommen
sollte? Eins von den Mädchen hat sie Cheryl Maiming
fragen hören, ob sie dort schon mal Kollagen gekriegt hat.
Können Sie sich so was vorstellen?»
«Nein. Sie haben mir doch neulich gesagt, Gina, seit
Leilas Tod war’s hier nicht mehr dasselbe. Ich weiß schon,
sie zog eine bestimmte Sorte von Schickeria an, aber der
Baron hat doch jedes Jahr eine ansehnliche Menge neuer
Gesichter ins Haus gebracht.»
Gina brauchte noch etwas Creme, um
weiterzumassieren. «Irgendwie komisch, vor ungefähr
zwei Jahren war’s aus damit. Keiner kann sagen, warum.
Rumgereist ist er ja reichlich, meistens in der New Yorker
Ecke. Sie erinnern sich doch, früher hat er regelmäßig
Wohltätigkeitsbälle in einem Dutzend Großstädten
abgeklappert, den Gewinnern einen Gutschein für eine
Woche Aufenthalt in Cypress Point persönlich überreicht,
’ne Weile geplaudert, und am Schluß hatten sich dann drei
Freundinnen entschlossen, die glückliche Gewinnerin zu
begleiten – als zahlende Gäste, versteht sich.»
«Weshalb hat das Ihrer Meinung nach aufgehört?»
Gina senkte die Stimme. «Er war auf irgendwas aus.
Keiner konnte rauskriegen, was – auch Min nicht, vermute
ich … Sie fing an, ihn öfter zu begleiten. Sie bekam es mit
der Angst zu tun, der hohe Herr hätte womöglich in New
York irgendwas angefangen …»
Etwas angefangen? Elizabeth verstummte. Handelte es
sich dabei um ein Theaterstück mit dem Titel Karussell? Und hatte in dem Fall Min die Wahrheit schon seit langem
geahnt?

3
    Ted verließ das Kurzentrum um elf. Die Sonne schien
warm, es war windstill; ein Schwarm Kormorane zog am
wolkenlosen Himmel dahin. Auf der Terrasse hielten sich
die Kellner bereit, den Lunch zu servieren.
    Wieder wurde Ted bewußt, wie perfekt der Betrieb
funktionierte. Unter anderen Umständen würde er Min und
den Baron damit betrauen, ein Dutzend Filialen weltweit
einzurichten. Er lächelte schwach. Mit gewissen
Einschränkungen – sämtliche Kostenvoranschläge des
Barons würden von einem scharfsichtigen Buchhalter
vorher genau unter die Lupe genommen.
    Bartlett hatte inzwischen vermutlich mit dem
Staatsanwalt telefoniert, so daß er ihm Genaueres über das
zu erwartende Strafmaß sagen konnte. Es erschien immer
noch völlig unwirklich. Und doch hatte eine Tat, an die er
keinerlei Erinnerung besaß, ihn selbst und sein bisheriges
Leben grundlegend verändert.
    Er ging langsam zu seinem Bungalow, nickte den
Gästen, die sich rund um das Schwimmbecken sonnten,
förmlich zu. Er wollte sich in keine Gespräche einlassen.
Er wollte auch nicht an die Diskussionen denken, die ihm
mit Henry Bartlett bevorstanden.
    Erinnerung. Das Wort verfolgte ihn. Es gab nur
unzusammenhängende Bruchstücke. Im Fahrstuhl zurück
nach oben … Schwankend in der Halle … Er war so
sternhagelvoll betrunken. Und dann weiter? Warum hatte
er es ausgelöscht? Weil er sich nicht daran erinnern wollte,
was er getan hatte?
Gefängnis. Eingesperrt in einer Zelle. Vielleicht wäre es
besser, wenn er …
    In seinem Bungalow war niemand. Das bedeutete
zumindest eine Atempause. Er hatte erwartet, sie wieder
am Tisch sitzend vorzufinden. Er hätte Bartlett dieses
Quartier geben und sich das kleinere nehmen sollen.
Damit wäre ihm wenigstens etwas mehr Ruhe geblieben.
Wahrscheinlich kamen sie zum Lunch zurück.
    Craig. Ein guter Mann für die Kleinarbeit. Mit ihm am
Ruder würde die Firma zwar nicht wachsen, doch er dürfte
es wohl schaffen, sie auf Kurs zu halten. Er sollte dankbar
für Craig sein. Craig war eingestiegen, als das Flugzeug
mit acht leitenden Angestellten aus der Spitzenriege der
Firma in Paris abstürzte. Craig war unentbehrlich, als
Kathy starb. Craig war jetzt unentbehrlich. Und künftig …
    Wie viele Jahre mußte er wohl absitzen? Sieben? Zehn?
Fünfzehn?
Etwas mußte er noch erledigen. Er holte persönliches
Briefpapier aus der Aktenmappe und begann zu schreiben.
Dann versiegelte er den Umschlag, klingelte dem
Zimmermädchen und bat sie, den Brief in Elizabeths
Bungalow abzugeben.
Er hätte damit lieber bis kurz vor seiner Abreise morgen
gewartet, aber wenn sie erfuhr, daß kein Prozeß stattfinden

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