Der Mord zum Sonnntag
Bemerkung, bei der sie
hätte einhaken müssen …
Sie suchte jemand … Sie war in einem leeren Gebäude mit
langen, dunklen Fluren … Ihr Körper schmerzte vor
Verlangen … Sie streckte die Arme aus … Sie sah eine
Treppe … Sie eilte die Stufen hinab … Da war er. Er
kehrte ihr den Rücken zu. Sie schlang die Arme um ihn.
Er drehte sich um, zog sie an sich, hielt sie fest. Sein
Mund lag auf dem ihren. «Ted, ich liebe dich, ich liebe
dich», sagte sie, wieder und wieder …
Irgendwie gelang es ihr, aus dem Traum zu erwachen.
Den Rest der Nacht lag sie, unglücklich und verzweifelt,
in dem Bett, das Leila und Ted so oft miteinander geteilt
hatten – in der festen Absicht, nicht zu schlafen.
Nicht zu träumen.
Donnerstag, 3. September 1987
Das Wort zum Tage: Die Macht der Schönheit lebt noch in
mir fort.
DRYDEN
Lieber Gast von Cypress Point Einen frohen guten Morgen
wünsche ich Ihnen. Ich hoffe, Sie genießen bei der
Lektüre dieser Zeilen einen unserer köstlichen Fruchtsäfte
zum Frühschoppen. Wie manchen von Ihnen bekannt,
werden sämtliche Orangen und Grapefruits eigens für uns
gezogen.
Haben Sie diese Woche schon in unserer Boutique
eingekauft? Wenn nicht, müssen Sie sich unbedingt die
soeben eingetroffenen atemberaubenden Kreationen für
Damen und Herren ansehen. Selbstverständlich nur
Modelle. Jeder unserer Gäste ist einzigartig.
Ein Hinweis zur Gesundheit. Inzwischen spüren Sie
vielleicht Muskeln, deren Vorhandensein Sie längst
vergessen hatten. Denken Sie daran: Körperbewegung ist
niemals gleichbedeutend mit Schmerz. Ein leichtes
Unbehagen zeigt Ihnen, daß Sie das Stadium des
Überdehnens erreichen. Und achten Sie darauf, daß die
Knie stets gelockert bleiben.
Sehen Sie optimal aus? Freud und Leid haben in Ihrem
Gesicht Spuren hinterlassen, winzige Fältchen, die
Kollagen jedoch wie mit Zauberhand zu glätten vermag.
Denken Sie daran, daß Ihnen dieser Weg jederzeit
offensteht.
Seien Sie heiter. Seien Sie ruhig. Seien Sie fröhlich. Und
verleben Sie einen hübschen Tag.
Baron und Baronin von Schreiber
1
Um sechs stand Ted auf und machte sich zum Jogging
fertig. Der Morgen war kühl und klar, doch tagsüber
würde es wieder heiß werden. Er hatte kein festes Ziel,
sondern überließ es dem Zufall, wohin ihn seine Füße
tragen würden. Daß er sich nach zwanzig Minuten vor
dem Haus seines Großvaters in Carmel befand,
überraschte ihn keineswegs. Damals war es weiß, der
jetzige Besitzer hatte es moosgrün streichen lassen – recht
attraktiv, doch ihm war die weiße Farbe lieber, die in der
Nachmittagssonne so unvergleichlich leuchtete. Der
Strand hier gehörte zu seinen frühesten Erinnerungen.
Seine Mutter half ihm, eine Sandburg zu bauen, lachend,
das dunkle Haar flatternd, voller Glück, hier zu sein
anstatt in New York, voller Dankbarkeit für die
Atempause. Dieser gemeine Kerl, den er Vater nannte!
Die infame Art, wie er sie lächerlich gemacht, wie er sie
nachgeäfft hatte, die Brutalität. Warum? Woher stammte
diese grausame Ader? Oder war es einfach der Alkohol,
durch den das Rohe und Böse in seinem Vater zum
Vorschein kam, bis er soviel trank, daß ihm die wilde
Ader zur zweiten Natur wurde, daß sich seine
Persönlichkeit auf Schnapsflasche und Fäuste reduzierte? Und hatte er, Ted, diese brutale Ader geerbt?
Ted stand am Strand, starrte zum Haus hinüber, sah
seine Mutter und Großmutter auf der Veranda, sah seine
Großeltern beim Begräbnis seiner Mutter, hörte seinen
Großvater sagen: «Wir hätten sie dazu bringen müssen,
ihn zu verlassen.»
Seine Großmutter flüsterte: «Sie wäre nie von ihm
weggegangen – dann hätte sie ja auf Ted verzichten
müssen.»
War es seine Schuld? Die Frage hatte er sich als Kind
immer wieder gestellt. Und er stellte sie sich heute noch.
Es gab keine Antwort darauf.
Jemand beobachtete ihn vom Fenster aus. Rasch joggte
er weiter am Strand entlang.
Bartlett und Craig erwarteten ihn in seinem Bungalow.
Sie hatten bereits gefrühstückt. Er bestellte sich
telefonisch Saft, Toast, Kaffee.
«Ich komme gleich wieder», entschuldigte er sich,
duschte und zog Shorts und ein T-Shirt an. Das Frühstück
für ihn war inzwischen gebracht worden. «Prompte
Bedienung, nicht wahr? Min versteht sich wirklich darauf,
einen solchen Betrieb zu leiten! Wäre eine gute Idee
gewesen, eine Option zu erwerben und solche Kurzentren
in neuen Hotels einzurichten.»
Keine Antwort. Die beiden
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