Der Mord zum Sonnntag
saßen am Tisch,
beobachteten ihn, wußten anscheinend, daß er einen
Kommentar weder erwartete noch wünschte. Er leerte das
Glas Orangensaft in einem Zug und schenkte sich Kaffee
ein. «Ich werde den Vormittag über trainieren. Die letzte
Gelegenheit, wir fliegen morgen nach New York. Craig,
du berufst bitte den Vorstand zu einer Sondersitzung für
Samstagvormittag ein. Ich trete von meinem Amt als
Direktor und Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft
zurück und ernenne dich zu meinem Nachfolger.»
Seine Miene duldete keinen Widerspruch. Er wandte
sich an Bartlett und blickte ihn eisig an. «Ich habe
beschlossen, mich für schuldig zu erklären, Henry. Geben
Sie mir ein Resümee, mit was für einem Urteil ich im
besten und im schlimmsten Fall zu rechnen habe.»
2
Elizabeth lag noch im Bett, als Vicky ihr das Frühstück
brachte. Sie stellte das Tablett auf den Nachttisch und
betrachtete Elizabeth prüfend. «Sie fühlen sich nicht
wohl.»
Elizabeth schob das Kissen ans Kopfende und setzte sich
auf.
«Na, ich nehme an, ich werd’s überleben.» Sie bemühte
sich zu lächeln. «Irgendwie müssen wir ja weitermachen,
oder?» Sie musterte das Tablett. «Das Frühstück, das Sie
verblühten Spätlingen zur Aufmunterung servieren – so
sagen Sie doch immer?»
«Damit meine ich natürlich nicht Sie», protestierte
Vicky. «Ich hatte zwei Tage frei und hab das mit Miss
Samuels eben erst erfahren. Sie war so ein lieber Mensch.
Aber können Sie mir erklären, was sie im römischen Bad
zu suchen hatte? Mir hat sie mal erzählt, sie kriegt vom
bloßen Anblick ’ne Gänsehaut. Es erinnert sie an eine
Gruft, das hat sie gesagt. Auch wenn sie sich schlecht
fühlte, dahin wäre sie zuallerletzt gegangen.»
Nachdem Vicky sich verabschiedet hatte, nahm
Elizabeth den Tagesplan vom Tablett. Ursprünglich wollte
sie keine weiteren Behandlungen, überlegte es sich dann
aber anders. Sie war um zehn zur Massage bei Gina
vorgemerkt. Vielleicht konnte sie von der redseligen Gina
mehr an Personalklatsch erfahren, wenn sie die richtigen
Fragen stellte.
Elizabeth beschloß, das volle Programm zu absolvieren,
solange sie hierblieb. Seit der ersten Gymnastikstunde
waren ihre Glieder zunehmend lockerer und
geschmeidiger geworden, aber es war ihr schwergefallen,
nicht ständig zu Alvirah Meehans Platz in der ersten Reihe
hinüberzuschauen. Sie hatte sich so abgeplagt, daß sie am
Schluß mit hochrotem Gesicht schwer schnaufte.
«Immerhin hab ich die ganze Zeit mitgehalten», hatte sie
Elizabeth stolz mitgeteilt.
Auf dem Korridor zu den Kosmetikräumen stieß sie mit
Cheryl zusammen. Sie war im Bademantel und hatte
Finger- und Fußnägel knallrot lackiert. Elizabeth wollte
wortlos vorübereilen, doch Cheryl hielt sie am Arm fest.
«Ich muß mit dir reden, Elizabeth.»
«Worüber?»
«Über diese anonymen Briefe. Besteht die Möglichkeit,
noch welche zu finden?» Ohne eine Antwort abzuwarten,
sprach sie überstürzt weiter: «Solltest du nämlich noch
welche haben oder finden, wünsche ich, daß man sie
analysiert, auf Fingerabdrücke oder sonstige Hinweise
untersucht, alles, was du und die Wissenschaftler tun
können, um dem Absender auf die Spur zu kommen. Ich
war’s jedenfalls nicht! Kapiert?»
Elizabeth sah ihr nach, wie sie den Korridor
entlangfegte. Sie hörte sich überzeugend an, darin mußte
sie Scott zustimmen. Wenn sie andererseits so gut wie
sicher war, daß nach diesen letzten beiden Briefen keine
weiteren mehr auftauchen konnten, hatte sie absolut
richtig und glaubhaft reagiert. Eine wie gute
Schauspielerin war Cheryl?
Um zehn lag Elizabeth auf dem Massagetisch. Gina kam
herein.
«Für Aufregung ist hier reichlich gesorgt», begann sie.
«Das kann man wohl sagen.»
Gina streifte Elizabeth eine Plastikhaube über das Haar.
«Erst Miss Samuels, dann Mrs. Meehan. Unglaublich.»
Sie begann, Elizabeth den Nacken zu massieren. «Da ist
wieder alles verspannt. Eine scheußliche Zeit für Sie, wo
Sie doch mit Miss Samuels befreundet waren.»
«Ja, das stimmt», murmelte sie und lenkte dann ab, um
nicht weiter über Sammy reden zu müssen. «Haben Sie
auch Mrs. Meehan behandelt, Gina?»
«Na klar. Montag und Dienstag. Eine beachtliche Frau.
Was ist denn mit ihr passiert?»
«Das weiß man nicht genau. Sie wollen jetzt ihre
Krankengeschichte überprüfen.»
«Ich hatte sie für kerngesund gehalten. Ein bißchen
untersetzt, aber Tonus, Herzschlag, Atmung einwandfrei.
Sie
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