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Der Mord zum Sonnntag

Der Mord zum Sonnntag

Titel: Der Mord zum Sonnntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Vierzig – das ging noch. Ihrer
Schätzung nach mußten mindestens zwei Männer an der
Entführung beteiligt sein. Ein Fahrer, einer, der Willy in
Zaum hielt. Womöglich sogar noch einer, der das erste
Telefongespräch führte. Sie mußte also auf große
Bestellungen achten. Das war wenigstens ein Anfang.
Sie machte sich ans Servieren, von Hank eindringlich
ermahnt, sofort zu kassieren. Die Hamburger gingen an
die Theke, wo etwa ein Dutzend brutale Typen
herumlungerten, denen man nicht im Dunkeln begegnen
wollte. Die zweite Bestellung brachte sie dem
Empfangschef und dem Hoteldirektor, die in einem
stickigen Raum hinter der sogenannten Rezeption
residierten. Ihre Riesensandwiches gingen auf Kosten des
Hauses. Ihr nächstes Tablett mit Cornflakes sowie einem
doppelten Whiskey nebst Bier bekam ein verlotterter,
triefäugiger Rentner. Alvirah war überzeugt, daß ihm die
Cornflakes erst nachträglich eingefallen waren.
Danach wurde sie mit einem schweren Tablett zu vier
Männern beordert, die im neunten Stock Karten spielten.
Eine weitere Runde in der siebenten Etage bestellte
Pizzas. Im achten Stock empfing sie ein vierschrötiger
Kerl an der Tür mit den Worten: «Ach, Sie sind neu. Ich
nehm’s schon. Hämmern Sie nicht an die Tür, wenn Sie’s
abholen kommen. Mein Bruder hat gräßliche
Kopfschmerzen.»
Hinter ihm konnte Alvirah einen Mann erkennen, der auf
einem Bett lag, die Augen mit einem Tuch bedeckt. Ein
unablässiges Tropfgeräusch im Badezimmer erinnerte sie
übermächtig an Willy. Er hätte das im Nu abgedichtet.
Sonst war eindeutig niemand im Raum, und der Typ an
der Tür machte den Eindruck, als könne er alles auf dem
Tablett spielend allein verputzen.
Die Wünsche nach Zimmerservice hielten Alvirah von
sechs bis etwa zehn Uhr in Trab. Aus ihren eigenen
Beobachtungen und aus den Erklärungen von Hank, der
immer geschwätziger wurde, je mehr er ihre Tüchtigkeit
schätzen lernte, konnte sich Alvirah ein klares Bild
machen. Es gab zehn Etagen mit jeweils zehn Zimmern.
Die ersten sechs Stockwerke waren für Stundengäste
reserviert. Die Zimmer in der oberen Etage waren am
geräumigsten, alle mit Bad, und zur Vermietung für
zumindest einige Tage gedacht.
Bei einem handfesten Hamburger, den sie ihm um zehn
zubereitete, erfuhr sie von Hank, daß sich hier jeder unter
falschem Namen eintrug. Alle zahlten bar. «Einer kommt
her, um seine privaten Postfächer zu leeren. Er publiziert
Pornohefte. Ein anderer organisiert Kartenspiele. Viele
saufen sich hier einen an, wenn sie eigentlich auf
Geschäftsreise sein sollen. In der Preislage. Keine
krummen Touren. Mehr so ’ne Art Privatclub.»
Hanks Kopf begann allmählich herabzusinken, nachdem
er das dritte Glas Bier geleert hatte. Ein paar Minuten
später war er eingeschlafen. Leise schlich Alvirah sich an
den Tisch, der zugleich als Arbeitsplatte und Ablagefläche
diente. Wenn sie eine Bestellung ausgeführt und abkassiert
hatte, mußte sie das Geld hier in eine Zigarrenkiste tun.
Der Bestellzettel mit Preisangabe kam in die Schachtel
daneben. Laut Hanks Erklärung endete der Zimmerservice
um Mitternacht, der Portier zählte das Geld nach,
kontrollierte die Summe anhand der Quittungen und
deponierte es im Safe, der unten im Kühlschrank versteckt
war. Die Bestellzettel wurden dann in einen unter dem
Tisch befindlichen Karton geworfen. Im Augenblick
türmte sich ein ganzer Berg darin.
Wenn ein paar von ihnen fehlten, würde das keinem
auffallen. Die neuesten dürften obenauf liegen, kalkulierte
Alvirah, fischte einen Stapel heraus und stopfte ihn in ihre
voluminöse Tragtasche. Zwischen elf und zwölf brachte
sie drei weitere Bestellungen in die Bar. Es war ihr
unmöglich, müßig in der schmutzigen Küche
herumzustehen, und so machte sich Alvirah ans Putzen,
mit dem benebelten Hank als Zuschauer.
In der Hafenbehörde zog sie sich geschwind wieder um,
wischte sich die Schminke aus dem Gesicht, wickelte sich
einen Turban um das grellrote Haar und landete dann um
Viertel nach eins mit dem Taxi in Central Park South.
Ramon, der Nachtportier, empfing sie mit der Mitteilung:
«Schwester Cordelia war hier. Sie hat ’ne Menge Fragen
gestellt, wo Sie sind.»
Cordelia ist kein Dummkopf, mußte Alvirah widerwillig
zugeben. Doch da begann ein Plan Gestalt anzunehmen, in
dem Cordelia eine Rolle spielte.
Noch bevor Alvirah ihren erschöpften Körper in das
nach Ölen duftende Schaumbad sinken ließ, ordnete

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