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Der Morgen der Trunkenheit

Der Morgen der Trunkenheit

Titel: Der Morgen der Trunkenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fattaneh Haj Seyed Javadi
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Finger gekommen ist, habe ich gegessen. Es hat nichts genützt. Ich weiß nicht, ob es nützt, wenn ich Opium esse!«
    »Was sollte es nützen, wenn du Opium ißt? Du würdest selber eingehen, Mädchen.« Sie blickte um sich und sagte leise, »Diese Tricks nützen nichts. So klappt das nicht. Das Kind muß dir jemand wegmachen.«
    Ich hob den Kopf. Ein Lichtblick. Ich hörte auf zu weinen und fragte, »Wer muß es wegmachen?«
    »Willst du es tatsächlich abtreiben?«
    »Ja, ganz bestimmt. Kennst du etwa jemanden?«
    »Ja, ich kenne die Richtige.«
    Vor Entzücken und Aufregung ergriff ich ihre Hand, »Wer ist es?«
    »Was interessiert dich, wer es ist? Es ist eine Frau, deren Hauptbeschäftigung das ist. Im Monat treibt sie zehn Kinder ab.«
    »Komm, laß uns gleich zu ihr hingehen.«
    Ängstlich sah sie nach links und nach rechts, »Jetzt gleich dochnicht. Ich muß erst mit ihr sprechen. Aber sie ist ziemlich habgierig.«
    »Geht in Ordnung. Ich bin einverstanden, egal, wieviel. Dein Botenlohn ist dir ebenfalls sicher.«
    Sie sagte, »Ach was, mir geht es um dich. Was redest du da? Ich gäbe eine halbe Million für ein Haar von dir.«
    Ich lachte. Sie kannte mich seit kaum einer Stunde und war bereit, mir zuliebe haufenweise Geld zu opfern. Ich fragte, »Wann wirst du mit ihr sprechen?«
    »In den nächsten Tagen werde ich sie besuchen gehen. Falls sie einwilligt, gehen wir, wenn du nächstes Mal ins Hammam kommst, gemeinsam zu ihr.«
    »Ach, dann ist es zu spät. Gerade ist der erste Monat vorbei. Ich flehe dich an, kannst du nicht morgen zu ihr gehen?«
    »Aber ich habe doch hier zu tun. Ich habe Kundinnen.«
    Ich drückte ihr drei Tuman in die Hand. Verblüfft starrte sie auf das Geld. Ich sagte, »Ich geb dir das Geld für alle deine Kundinnen. Geh und verabrede dich mit ihr, damit wir übermorgen zu ihr gehen und die Sache hinter uns bringen.«
    Sie hatte sich erweichen lassen. Dennoch sagte sie, »Aber es geht nicht so schnell! Morgen nachmittag gehe ich zu ihr und werde es vereinbaren. Welcher Tag ist heute?«
    »Sonntag.«
    »Kannst du Mittwochmorgen kommen?«
    »Ja, ich werde unter allen Umständen kommen.«
    »Daß du dich nicht verspätest! Ich erwarte dich am Mittwoch.«
    Man rief nach ihr, ›Roqieh, komm.‹ Sie hatte eine Kundin. Sie verabschiedete sich und ging fort.
    Drei Tage später war es Mittwoch. Ich mußte mir einen Vorwand ausdenken, um ins Hammam zu gehen. Am Vortag aß ich mit Rahim, seiner Mutter und meinem Sohn zu Abend. Vor Freude über meinen Plan hatte ich wieder Appetit und bemühte mich, viel zu essen. Ich wollte am Tag darauf munter und bei Kräften sein. Meine Schwiegermutter musterte mich verstohlen, sie war überrascht. Trotz der Freude war ich nicht frei von Angst. Ich fürchtete mich. Ich war im Begriff, mein Leben am kommenden Morgen in die Hände einer gewöhnlichen Frau zu legen, die ich nicht kannte. Ich machte mir Sorgen um meinen Sohn. Wenn ich ihn ansah, wurdeich unruhig. Wenn ich daran dachte, daß er die Mutter verlieren könnte, preßte es mir das Herz zusammen. Wohl an die zwanzig Mal umarmte und küßte ich ihn. Ich küßte seine Hände, sein Haar und das runde, mollige Gesicht, dessen Haut vor lauter Spielen im Sand trocken geworden war.
    »Almass Djan, daß du mir bloß nicht mehr den Sand anrührst!… Siehst du, wieviel Schorf auf deinem Gesicht und deinen Händen ist? Du könntest, Gott behüte, kahlköpfig werden. Almass Djan, daß du mir ja nicht mehr mit dem Wasser aus dem Becken spielst! Wisch dir das Wasser nicht ins Gesicht, mein Kind. Das Beckenwasser ist schmutzig, es ist schlammig. Du könntest dir, Gott behüte, ein Trachom zuziehen.« Als würde ich ihm mein Vermächtnis mitgeben.
    Meine Schwiegermutter sagte spöttisch, »Ja, mein Kind, ich werde dir täglich einen Eimer Trinkwasser kaufen, damit du dir damit deinen Hintern abwaschen kannst!«
    Sie lauerte darauf, daß ich wie vom Blitz getroffen aufspringen würde. Ich war jedoch zu froh darüber, daß ich sie und ihren Sohn überlisten würde, als daß ich wütend geworden wäre. Abgesehen davon hatte sie tatsächlich etwas Lustiges gesagt. Ich lachte schallend. Ich war zu ihrem Ebenbild geworden. Mein Sohn war noch wach und spielte, als ich mich an Rahim wandte und sagte, »Rahim Djan, ich bin müde. Wollen wir nicht schlafen gehen?«
    Er war mit seiner Kalligraphie beschäftigt. Achtlos antwortete er, »Na gut, dann geh doch schlafen.«
    »Ohne dich?«
    Er hob den Kopf, sah mir in die

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