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Der Morgen der Trunkenheit

Der Morgen der Trunkenheit

Titel: Der Morgen der Trunkenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fattaneh Haj Seyed Javadi
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nicht so sein möge. Daß sie nicht meinetwegen büßen mußte. Die Amme sagte, »Weshalb sollte es keine Bewerber geben? Die gibt’s schon. Aber weder sie noch der Agha akzeptieren sie. Einmal habe ich selbst gehört, wie dein Vater sagte, ›Chodjasteh ist tatsächlich nochein Kind. Ich möchte, daß sie alle Künste vollkommen beherrscht und danach heiratet. Einen Ehemann, der sie für den entgangenen entschädigt. Der meine Sehnsucht nach dem für Chodjasteh und Mahbube auf einmal erfüllt.«
    Ich war nicht mehr betrübt. Um Chodjasteh mußte ich mich nicht mehr sorgen. Doch Kummer erfüllte mein Herz. Ich spürte die Bitterkeit in den Worten meines Vaters, und das stimmte mich bitter.
    Ich litt nach wie vor unter Brechreiz. Aus Einsamkeit und weil ich während der Neujahrstage und an Ssizdah Bedar zu Hause bleiben mußte. Die Eßlust machte mich empfindlich und nervös. Fortwährend übergab ich mich. Rahim kam in den Hof, um mich vom Beckenrand hochzuziehen und ins Zimmer zu bringen.
    »Nein, Rahim. Hier darfst du nicht schlafen. Geh und breite dein Lager im Salon aus.« Er streichelte mich. Seine Hände waren rauh und rochen nach Holz. Es mißfiel mir. Eines Nachts konnte ich mich nicht mehr beherrschen. Plötzlich nahm ich eine Büchse von meinem Frisierkästchen und streckte sie ihm hin.
    »Was ist denn das?«
    »Nichts. Streich’s dir auf die Hände. Es wird die Haut glätten.«
    »Vermutlich wird dir von der Haut meiner Hände ebenfalls übel. Muß ich mir nun wie die Frauen so etwas auf die Hände streichen?«
    »Nein, um Gottes willen… Aber das ist doch nicht nur für Frauen… Nun ja, es glättet deine Hände. Das ist für dich selbst angenehmer. Auch mein Agha Djan benutzt so etwas. Seine Hände sind so weich, wie du es dir nicht vorstellen kannst. Auch die jungen Männer benutzen es, Mansur…«
    Ich biß mir sofort auf die Lippe, doch er warf mir einen scharfen Blick zu, schleuderte die Büchse heftig in eine Ecke und erhob sich von seinem Platz. Ich dachte, er würde aufstehen, um sich in dem anderen Zimmer schlafen zu legen. Er sagte, »Weshalb redest du dich heraus, Mahbube? Ich werde so etwas nicht benutzen. Und falls es dir nicht gefällt, werde ich dich auch nicht mehr anrühren.«
    Er schlug die Tür heftig zu, ging hinaus und verließ sogar das Haus. Was hatte ich nur angestellt? Weshalb hatte ich Ausflüchte gemacht? Doch es war keine Ausrede. Wußte er denn nicht, daß ich schwanger war? Ich hatte es ihm zuliebe gesagt. Ich wollte, daß er ein Herr ist. Sauber und gepflegt. Weshalb wollte er nicht etwas fürsich tun? War es unter seiner Würde? Befürchtete er, daß es seiner Männlichkeit Abbruch tat? Befürchtete er, man würde sagen, er sei ein Pantoffelheld? Dennoch hätte ich es nicht sagen sollen. Ich war zimperlich geworden. Er hatte recht, unter dem Vorwand von Schwangerschaft und Eßlust sagte ich jeden Unsinn, der mir in den Sinn kam. Wo war er hingegangen? Wehe, er käme nicht zurück! Dann gab es nur noch dieses Haus und mich, mutterseelenallein! Das geschah mir recht. Ich hatte ihm Unrecht getan. Ich tu allen Unrecht. Ach, schon jetzt hatte ich Sehnsucht nach ihm. Ich erinnerte mich daran, wie er die Büchse fortgeschleudert hatte. An die Bewegungen seiner Hand und seiner Haare, den Zornesblitz in seinen Augen. Ich sehnte mich nach ihm. Ich wünschte ihn mir in diesem Augenblick an meiner Seite.
    Es war bereits dunkel, als er zurückkehrte. Ich stellte mich schlafend. Er öffnete die Tür und kam die Treppen hoch. Schlurfend zog er die Füße nach. Er betrat den Salon, öffnete die Tür zwischen beiden Räumen und sagte, »Ich bin gekommen.«
    Ich atmete ruhig und hielt die Augen geschlossen. Das sollte bedeuten, ich schlafe. Er sagte, »Stell dich nicht schlafend. Ich weiß, daß du wach bist.«
    Er näherte sich mir, um mich zu küssen. Ich erhob mich, um ihn zu küssen. Sein Mund roch nach Wein. Ich sagte, »Mir geht es nicht gut, Rahim. Geh und laß mich schlafen.«
    Er ging und legte sich im Salon schlafen.
    Es war gegen Ende Mai. Mein Zustand besserte sich allmählich. Eines Freitagsmorgens wachte ich benommen auf.
    »Rahim, ich langweile mich. Vor lauter Herumsitzen im Haus bin ich schon halb verschimmelt.«
    Mürrisch fragte er, »Wohin soll ich dich bringen? In den Delgosha -Park?«
    »Ja.«
    Er sah mich an und lachte, »Steh auf, daß ich dich hinbringe.«
    »Nicht jetzt. Gehen wir nachmittags auf die Lalehzar , gehen wir bummeln.«
    Nach dem Mittagessen schlief

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