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Der müde Bulle

Der müde Bulle

Titel: Der müde Bulle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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ein. Wenn ich seinen Namen nennen würde, könnte es leicht sein, daß er dafür teuer zahlen müßte …« Und nun brach meine Stimme, und ich konnte die Richterin kaum mehr sehen, da nun alles aus war, und ich wußte, daß ich abgeführt und ins Gefängnis gebracht werden würde. »Wenn man ganz allein in seinem Revier herummarschiert, Euer Ehren, und alle wissen, daß sie sich auf einen verlassen können … Wie einem die Leute so begegnen … Und was das für ein Gefühl ist, wenn sie einem sagen: ›Mensch, Bumper, Sie sind wirklich noch ein Kerl. Sie sind noch ein richtiger Ritter, ein blauer Ritter …‹« Und dann versagte mir die Stimme, und dies blieben die letzten Worte, die ich an diesem Tag zu dieser Frau sagte.
    Die Stille summte in meinen Ohren, bis sie schließlich zu sprechen anfing. »Officer Morgan, ich werde den Staatsanwalt ersuchen, in seinem Bericht an sein Büro Ihre falsche Aussage nicht zu erwähnen. Außerdem werde ich den Verteidiger, den Gerichtsdiener, den Gerichtsreporter und die Gerichtsschreiberin bitten, nicht an die Öffentlichkeit zu tragen, was sich heute im Gerichtssaal abgespielt hat. Und jetzt bitte ich Sie zu gehen, damit ich noch darüber nachdenken kann, ob meine Entscheidung richtig war. Wir werden das alles nie vergessen, aber wir werden auch nichts weiter unternehmen.«
    Ich konnte es gar nicht fassen. Wie gelähmt saß ich vielleicht eine halbe Minute lang da, um dann aufzustehen, mir die Tränen aus den Augen zu wischen und zur Tür zu gehen. Ich blieb noch einmal kurz stehen, ohne jedoch daran zu denken, ihr zu danken. Ich wandte mich zu ihr um, aber sie hatte mir bereits den Rücken gekehrt und war wieder mit ihren Büchern beschäftigt. Als ich den Gerichtssaal durchquerte, unterhielten sich der Staatsanwalt und der Verteidiger leise miteinander. Beide warfen mir einen kurzen Blick zu. Ich spürte, wie sie mir dann nachstarrten, aber ich hielt mir nur mit beiden Händen den Bauch und strebte auf die Tür zu. Ich wartete nur darauf, daß die Krämpfe nachließen, damit ich wieder einen klaren Gedanken fassen konnte.
    Bereits draußen auf dem Gang, fiel mir ein, daß die Beweisstücke, die Waffe und das Marihuana, sich immer noch im Gerichtssaal befanden. Zum Teufel damit, dachte ich. Ich mußte zu meinem Wagen hinaus und den Fahrtwind im Gesicht spüren, bevor noch alles Blut in meinen Kopf stieg und meine Schädeldecke sprengte.
    Ich fuhr direkt zum Elysian Park, stieg aus dem Wagen, füllte mir die Taschen mit Pillen aus dem Handschuhfach und stieg die Anhöhe hinter dem Reservoir hinauf. Es roch nach Eukalyptus, und die Erde unter meinen Schuhen war trocken und locker. Der Hügel war steiler, als ich gedacht hatte, so daß ich nach wenigen Minuten ziemlich ins Schwitzen kam. Und dann entdeckte ich zwei Spanner, weiter unten am Hang. Einer von ihnen hatte sogar ein Fernglas dabei. Sie beobachteten die Straße unter sich, wo zu jeder Tages- und Nachtzeit die Pärchen in ihren Autos saßen und sich liebten.
    »Haut bloß ab hier aus meinem Park, ihr Wichser!« fuhr ich sie an, worauf sie sich umwandten und mich sahen. Sie waren beide mittleren Alters. Einer von ihnen – seine Haut hatte die Blässe eines Fischbauchs – trug eine orangerot karierte Hose und einen gelben Pullover und hatte das Fernglas angesetzt. Sobald ich zu sprechen begonnen hatte, ließ er es sinken und floh blitzschnell durch das Gebüsch. Der andere Mann bedachte mich mit einem verdrießlichen Blick und trollte sich steifbeinig wie ein widerborstiger kleiner Terrier. Als ich jedoch fluchend und schimpfend ein paar Schritte auf ihn zuging, besann auch er sich eines Besseren und fing zu rennen an. Ich hob das Fernglas vom Boden auf und schleuderte es ihm nach, ohne ihn jedoch zu treffen. Es krachte gegen einen Baum und fiel ins Gebüsch. Dann stieg ich weiter zum Gipfel des Hügels hinauf, und die Sicht war relativ gut, obwohl es etwas dunstig war.
    Als ich mich dann im Gras niederließ und meine Waffe und meine Mütze ablegte, hatten sich meine Magenkrämpfe mehr oder weniger gelegt. Ich schlief fast auf der Stelle ein.

 

    13.
    Als ich nach etwa einer Stunde wieder aufwachte, schmeckte die Welt schrecklich, und ich nahm eine Pille gegen Sodbrennen, nur um in meinem Mund einen besseren Geschmack zu bekommen. Ich lag noch eine Weile auf dem Rücken im kühlen Gras und beobachtete einen Eichelhäher, der auf einem Ast herumhüpfte.
    »Hast du mir vielleicht ins Maul geschissen?« fragte

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