Der müde Bulle
ich ihn und überlegte dann, was ich wohl geträumt hatte, da ich trotz der relativ kühlen Luft hier oben schwitzte. Die Brise, die über mich hinwegstreifte, fühlte sich herrlich an. Auf meiner Uhr war es bereits nach vier, und ich hätte am liebsten noch weiter hier gelegen, obwohl ich natürlich aufstehen mußte.
Ich setzte mich auf, steckte mir das Hemd in die Hose, schnallte meine Waffe um und kämmte mir das Haar zurück, was allerdings alles andere als eine leichte Aufgabe war, da ich eine recht widerspenstige Bürste habe. Hoffentlich fallen mir bald alle Haare aus, dachte ich, dann brauche ich mich nicht länger damit herumärgern. Es konnte einem ab und zu schon ganz schön auf die Nerven gehen, wenn die Haare nicht so wollten wie man selbst. Nichts hatte man unter Kontrolle, nicht einmal seine eigenen Haare. Vielleicht sollte ich Haarspray benutzen – wie diese jungen Schnösel, die sich heute bei der Polizei rumtreiben. Vielleicht sollte ich mir, solange ich noch ein paar Härchen auf dem Kopf hatte, auch einen von diesen Fünfzehn-Dollar-Haarschnitten verpassen lassen und den ganzen Tag in einer Funkstreife durch die Gegend fahren, anstatt wie ein Blöder hinter irgendwelchen Ganoven herzujagen. Damit könnte ich mir sicher eine Menge Scherereien ersparen, und kein Richter würde mich wegen Meineids in den Knast bringen und alles zunichtemachen, was ich in zwanzig Jahren mühsamer Arbeit erreicht hatte, ganz zu schweigen von dem Ruf, den ich bei den Leuten in meinem Revier hatte.
Gott sei Dank! Ein Tag noch, und dann ist alles vorbei. Verschlafen stolperte ich den Hügel hinunter, da ich immer noch nicht ganz wach war.
»Eins-X-L-Fünfundvierzig, Eins-X-L-Fünfundvierzig, bitte kommen«, meldete sich die Zentrale, kaum daß ich den Wagen angelassen hatte. Die Stimme der Frau am Mikrofon klang ziemlich verzweifelt, woraus ich schloß, daß sie schon eine ganze Weile versucht hatte, mich zu erreichen. Vermutlich irgendein schwerwiegender Fall, dachte ich – ein Fahrraddiebstahl oder etwas in der Art.
»Hier Eins-X-L-Fünfundvierzig«, meldete ich mich mürrisch.
»Eins-X-L-Fünfundvierzig, nehmen Sie Kontakt mit dem Beamten in Zivil auf, der sich an der Südostecke von Beverly und Rampart befindet.«
Ich knurrte mein ›Verstanden‹ ins Mikrofon und überlegte, was das nun wieder sollte. Aber wie mies ich mich auch fühlte und wie sehr mich das Ganze auch ankotzte und wie mir alles und jeder – und vor allem dieser Scheißjob – auf die Eier ging, trotz alledem spürte ich doch, wie mein Herz etwas rascher zu schlagen begann und mich eine Art Glücksgefühl überkam. Ich wußte nämlich, daß es sich bei dem Mann in Zivil um Charlie Bronski handeln mußte.
Charlie war sicher auf einer heißen Fährte, und im nächsten Augenblick stieg ich auch schon aufs Gas und schlängelte mich halsbrecherisch durch den dichten Verkehr auf der Vermont, bis ich Charlie auf dem Parkplatz eines Supermarkts entdeckte. Er stand neben seinem Wagen und machte einen recht aufgebrachten Eindruck. Aber ich wußte, daß er auf einer heißen Fährte sein mußte, da er mich sonst nicht hätte anfordern lassen.
»Da bist du ja endlich, Bumper«, begrüßte er mich. »Ich versuche schon eine halbe Stunde, dich über Funk zu erwischen. In der Zentrale haben sie mir gesagt, du wärst im Gericht schon längst fertig.«
»Ich habe in einem wichtigen Fall Ermittlungen angestellt, Charlie. Aber es würde jetzt zu weit führen, dir Näheres darüber zu erzählen.«
»Was das wohl wieder zu bedeuten hat, möchte ich lieber erst gar nicht wissen.« Charlie grinste breit. »Jedenfalls habe ich was so Erstaunliches, daß du's nicht glauben wirst.«
»Du hast Red Scalotta geschnappt!«
»Jetzt übertreib nicht so maßlos«, erwiderte er lachend. »Aber ich habe einen Haussuchungsbefehl für das Büro, von dem Reba uns erzählt hat.«
»Wie hast du das denn so schnell geschafft?«
»Eigentlich habe ich ihn noch gar nicht. Aber in einer Viertelstunde wird es so weit sein. Ich warte nur noch auf Nick und Fuzzy und ein paar Leute aus unserer Verwaltungsabteilung. Eben habe ich mich über Funk mit Nick unterhalten. Er ist soeben mit Fuzzy aus dem Gerichtsgebäude gekommen. Sie haben den Haussuchungsbefehl, und das andere Team ist auch schon unterwegs.«
»Wie zum Teufel hast du das nur geschafft, Charlie?« Ich hatte inzwischen Richterin Redford und die ganze Blamage völlig vergessen. Charlie und ich grinsten uns gegenseitig
Weitere Kostenlose Bücher