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Der müde Bulle

Der müde Bulle

Titel: Der müde Bulle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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du dir wirklich vorstellen, daß wir je genügend Zeit füreinander haben werden?«
    »Wart erst mal ab. Du wirst mich noch schnell genug satt bekommen, wenn ich die ganze Zeit zu Hause rumhänge.«
    »Das bezweifle ich. Außerdem wirst du genug zu tun haben, wenn du deine neue Karriere startest.«
    »In dieser Hinsicht habe ich eigentlich gar keine Bedenken. Die betreffen eher meine andere Karriere …«
    »Welche?«
    »Na ja, ich weiß nicht, ob ich als Ehemann wirklich so sein werde, wie du dir das vorstellst. Vielleicht kannst du gar nicht so viel mit mir anfangen.«
    »Bumper!« Sie trat einen Schritt zurück und sah mich an, um festzustellen, ob ich Witze machte oder ob es mir Ernst war, worauf ich ein schiefes Grinsen aufzusetzen versuchte.
    Ich küßte sie sehr zärtlich und nahm sie in den Arm. »So, wie es geklungen hat, habe ich es ja auch nicht gemeint.«
    »Ich weiß. Aber ich bin nun mal eine alte Dame, die sich leicht verunsichern läßt.«
    Ich hätte mir selbst in den Arsch treten können. Mit so einem Unsinn herauszuplatzen, von dem ich wußte, daß ich sie damit verletzen würde … Es war fast so, als wollte ich sie dafür bestrafen, daß sie das Schönste und Beste auf der ganzen Welt für mich war, daß sie mich vor dem traurigen Schicksal bewahrte, als alter Mann zu versuchen, die Arbeit eines jungen zu tun. Denn eines war mir klar – für einen Schreibtischjob war ich ganz bestimmt nicht geschaffen. Zum Bürohengst, der den Uniformierten ihre Aufträge erteilt, eigne ich mich wahrlich nicht.
    Dieser grausigen Zukunft entriß mich Cassie. Ich schaffte den Absprung, so lange ich noch nicht ganz zum alten Eisen zählte und noch einige erfolgversprechende Jahre vor mir hatte. Und ich hatte jemanden, für den ich sorgen konnte. Eben in diesem Augenblick machte sich wieder einmal mein Magen sehr schmerzhaft bemerkbar. Ich wünschte, ich wäre allein gewesen, um eine Tablette schlucken zu können.
    »Ich bin eben ein bißchen dumm«, entschuldigte sich Cassie.
    »Wenn du nur wüßtest, wie sehr ich mir wünsche, den ganzen Kram hinzuschmeißen, Cassie, würdest du dir bestimmt keine Sorgen mehr machen.« Ich tätschelte ihr wie einem kleinen Kind den Rücken, als wollte ich sie zum Aufstoßen bringen, während in Wirklichkeit ich es war, der gern ordentlich gerülpst hätte. Ich konnte richtig spüren, wie die Luftblase in meinem Magen immer größer und größer wurde und nach oben drängte.
    »Na gut, Bumper Morgan. Wann wollen wir dann also aus Los Angeles abreisen? Ich meine, als Mann und Frau. Wir haben immerhin noch einiges zu erledigen.«
    »Warte bis morgen abend, mein schönes Herzblatt«, antwortete ich. »Warte doch bis morgen abend, wenn wir etwas mehr Zeit zum Reden und Feiern haben werden. Dann werden wir ganz groß ausgehen und dabei in aller Ruhe unsere Pläne schmieden.«
    »Wieso wollen wir nicht in meiner Wohnung essen?«
    »Einverstanden.«
    »Mit einer guten Flasche Champagner?«
    »Die werde ich mitbringen.«
    »Auf Polizeirabatt gekauft?«
    »Aber sicher. Das letztemal.«
    »Wir werden morgen abend den letzten Tag feiern, an dem du diese Uniform anziehen und für eine Menge Leute, die das gar nicht zu schätzen wissen, Kopf und Kragen riskieren mußt.«
    »Ja, das wird der letzte Tag sein, an dem ich Kopf und Kragen riskieren werde. Aber ich habe ihn nie für jemand anderen riskiert als für mich selbst. Diese zwanzig Jahre haben mir Spaß gemacht, Cassie.«
    »Ich weiß.«
    »Obwohl es ein ganz schön mieser Job ist, den ich niemandem wünschen würde, hat es mir doch Spaß gemacht. Ich habe meine Arbeit gern getan, und wenn ich meinen Kopf hingehalten habe, dann nur für Bumper Morgan und niemanden sonst.«
    »Ich weiß, mein Liebling.«
    »Also, dann setz dich jetzt mal auf deine leckeren vier Buchstaben und sieh zu, daß du erledigst, was du heute noch alles zu erledigen hast. Ich habe immerhin auch noch fast zwei Tage Polizeidienst vor mir.« Ich trat von ihr zurück und nahm meine Mütze und meine Zigarre.
    »Kommst du heute noch kurz vorbei?«
    »Morgen.«
    »Heute abend«, drängte sie. »Ich werde zusehen, daß ich vor Mitternacht zu Hause bin. Komm gegen zwölf in meine Wohnung.«
    »Laß uns heute nacht lieber ordentlich ausschlafen, Liebling. Morgen ist für uns beide der letzte Arbeitstag, und den sollten wir doch richtig fit über die Runden bringen.«
    »Ich mag meine Arbeit gar nicht mehr so besonders, seit du in meinem Leben eine Rolle zu spielen begonnen

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