Der Müllmann
fest.
»Schon möglich, dass er ein wenig nachtragend ist«, gab sie zu.
»Dabei war ich nett zu ihm. Ich habe ihm sein bestes Stück auf Eis mitgegeben.
Sie haben es ihm sogar wieder angenäht.«
»Was hat er jetzt damit zu tun?«, fragte Orlov.
»Er scheint mit an dem ganzen Deal beteiligt zu sein. Der Mann im
Hintergrund. Wenigstens behauptet Gernhardt das.« Ich erzählte ihm, was
Gernhardt mir mitgeteilt hatte und was er im Hotelflur zu dem Ungarn gesagt
hatte.
»Eben habe ich dann noch erfahren, dass Hu noch immer auf die harte
Nummer steht«, sagte ich und berichtete ihnen von dem Video, das Brockhaus sich
angesehen hatte. Ohne ihn zu erwähnen.
»Verstehe ich das richtig? Gernhardt setzt dich auf den Typen an,
gibt dir den Namen und Hinweise und arbeitet dennoch mit denen zusammen?
Warum?«, fragte Orlov, während Irina nachdenklich auf ihre Kaffeetasse starrte.
»Das ist es, was ich nicht verstehe«, gestand ich ihm, als es an der
Tür klopfte und einer von Orlovs Panzerschränken Marietta und Thomas in den
Raum führten.
»Nett haben Sie es hier«, stellte Kommissar Berthold fest, während
er uns zur Begrüßung zunickte. »Und ich dachte, Verbrechen lohnt sich nicht.«
»Sei brav«, meinte Marietta zu ihm, während sie Irina und Orlov
sorgfältig musterte. »Ich bin Hauptkommissarin Steiler, und dies ist mein
Kollege, Kommissar Berthold. Aber das wussten Sie sicher schon.«
»Ja«, sagte Alexej. »Das wussten wir. Und was das Verbrechen angeht,
Herr Kommissar, ich bin jetzt Bankier.«
»Was nicht viel besser ist«, grummelte Berthold, der offenbar keinen
gesteigerten Wert auf einen guten ersten Eindruck legte. Er war wieder tadellos
angezogen, was mich in dieser erlauchten Gesellschaft etwas deplatziert wirken
ließ. Mein Anzug sah aus, als hätte ich darin geschlafen. Ich wollte nur, es
wäre dazu gekommen.
»Richtig«, meinte Alexej und neigte leicht den Kopf, als er Berthold
den Punkt zugestand. »Aber es wird besser bezahlt und ist legal.«
Marietta ignorierte das Geplänkel. »Warum sind wir hier?«, fragte
sie, während die beiden am Tisch Platz nahmen.
»Greift zu«, meinte Orlov und wies mit einer großzügigen Geste auf
den reich gedeckten Tisch. »Das Ganze haben wir nur für euch aufgefahren, wir
frühstücken sonst beide nicht.« Er lächelte scheinbar freundlich. »Ich habe die
Erfahrung gemacht, dass man auf einen vollen Magen meist freundlicher gestimmt
ist.«
»Danke, nein«, sagte Berthold steif. »Deswegen sind wir nicht hier.«
»Ich schon«, sagte Marietta. »Ich habe noch nicht gefrühstückt, und
Heinrich kann uns derweil erklären, was das Ganze hier soll.«
»Ich will Sie nicht beleidigen, Frau Steiler«, meinte Alexej, bevor
ich etwas sagen konnte. »Aber Sie sind nicht zufällig verkabelt?«
»Nein«, gab Marietta zurück und nickte in Richtung ihres Kollegen.
»Er auch nicht.«
»Sie verstehen aber, dass wir fragen mussten?«
Sie winkte großzügig ab. »Schon gut. Also«, sagte sie und wandte
sich mir zu. »Was ist hier los?«
Ich erzählte alles, was ich bisher herausgefunden hatte.
Beide hörten geduldig zu, dann schüttelte Marietta den Kopf.
»Ich verstehe das nicht, Gernhardt kam also nach Frankfurt, um dich
darum zu bitten, ihm zu helfen, diesen Devisenschwindel auffliegen zu lassen.
Er gibt dir außerdem noch Informationen über Horvath und diesen Robert Wu…«
»Hu«, korrigierte Irina sie freundlich. »Der Mann heißt Robert Hu.«
»Von mir aus. Er gibt dir Informationen über die beiden, die
scheinbar auch der Wahrheit entsprechen. Aber gleichzeitig arbeitet er mit den
Leuten zusammen?«
»So weit waren wir, als Sie hereinkamen«, teilte Irina den beiden
übertrieben freundlich mit. »Vielleicht kommen wir ja jetzt etwas weiter.«
Ich ignorierte das Geplänkel und zog ein paar zusammengefaltete
Fotoausdrucke aus meiner Jackentasche, die ich den anderen reichte.
»Das ist Gernhardt, der dort mit Muller frühstückt«, erklärte ich.
»Und der Mann, der scheinbar zufällig neben Gernhardt an der Rezeption steht,
ist Horvath.«
»Also steckt Muller doch irgendwie mit drin«, stellte Marietta fest,
während sie das Bild besah und dann an Berthold weiterreichte. »Vielleicht
kennt er Horvath auch. Und dann wäre es denkbar, dass er ihn wirklich
angeheuert hat, deine Nichte zu überfahren. Oder eben doch ihre Freundin.«
Orlov sah sie fragend an, also erzählte ich ihm davon, was Nina
zugestoßen war.
»Ein Wunder, dass der Kerl noch lebt«,
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