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Der Müllmann

Der Müllmann

Titel: Der Müllmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Wolkenwand
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ausgerechnet jetzt den Asphalt aufreißen?
    Die Umleitung führte in die exakt falsche Richtung, ich folgte brav
den Schildern, die dann einfach aufhörten, also versuchte ich, den Weg
zurückzufinden und landete wieder bei der Umleitung. Irgendwie hatte ich es
geahnt.
    Diesmal fuhr ich so, wie ich es für richtig hielt, und siehe da, es
klappte.
    Dennoch, als ich zu Hause ankam, war ich fix und fertig. Und vier
Stunden zu spät.

    Ich kam mit dem Mercedes nicht zur Garage, Ana Lenas Vespa
stand mitten im Weg, also atmete ich tief durch, stieg aus und schob ihren
Roller zu Seite. Ich fuhr meinen Wagen rein, verriegelte das Tor von innen und
ging durch den Garageneingang ins Haus. Schon dort hörte ich ihre Musik. Laut.
    Immer mit
der Ruhe, Heinrich, dachte ich. Sie kann ja nichts dafür, dass du so genervt
bist. Zähle langsam rückwärts: Zehn-neun-acht-… Nein, für so einen Mist hatte
ich nun wirklich keine Geduld mehr übrig.
    Von der Garage aus ging es in den Flur, dann in die Küche, in der
Ana Lena gewütet hatte. Da ich zu spät gekommen war, hatte sie sich offenbar
selbst etwas gekocht … wenn man das so nennen konnte.
    Suchte man einen Beweis dafür, dass nicht jeder Frau das Kochen in
den Genen lag, dann konnte man den Zustand unserer Küche als Beleg dafür
nehmen. Meine Nichte hatte es jedenfalls fertiggebracht, sogar die Ravioli
anbrennen zu lassen.
    Ich drückte mir einen Kaffee aus der Espressomaschine, die war so
ziemlich das Einzige im Haus, um das ich mich nicht zu kümmern brauchte. Ana
Lena wäre verloren ohne die braune Brühe und achtete stets darauf, dass die
Maschine betriebsbereit war.
    Meine Nichte lebte von Kaffee, aber wenigstens rauchte sie nicht.
Dafür saß sie stundenlang vor dem verdammten Computer und … lass das, dachte
ich, nahm mir meinen Kaffee, die Rechnungen vom Tisch im Flur und ging in mein
Arbeitszimmer. Selbst bei geschlossener Tür konnte ich ihre Musik noch hören.
Ich sollte hochgehen, sagte ich mir, aber ich war zu angefressen, das hätte nur
wieder in einem Streit geendet.
    Später.
    Rechnungen, Werbung, Werbung, Rechnungen. Das Übliche, bis auf einen
Brief von meinem Steuerberater. Und die Abrechnung von der Telekom. Gott sei
Dank gab es Flatrates, sonst hätte mich Ana Lena noch arm gemacht. Und was
noch? Werbung.
    Vier neue E-Mails. Zweimal Spam, eine Auftragsbestätigung und eine
Absage. Nichts Dringendes.
    Langsam hatte ich mich wieder abgeregt, also rief ich Marvin an. Der
natürlich nicht ans Telefon ging.
    Also zog ich die Schublade auf, in der meine Zigaretten lagen, und
zündete mir eine an, während ich überlegte.
    Ich kannte diese Art der Hinrichtung, nur nicht aus Deutschland. In
Mexiko oder in Kolumbien machte man es so, meist um jemandem eine deutliche Nachricht
zu senden. Wie bei einem Drogenkrieg, da waren solche Morde an der
Tagesordnung. Nur passte das nicht zu dem, was ich von Lucio wusste. Klar hatte
er seinen Pferdchen auch den Stoff besorgt, aus dem die Träume sind, aber er
hatte es nicht übertrieben.
    Vielleicht war der Gute ja nicht nur Marvin auf die Füße getreten.
Manche Leute sollen gereizt darauf reagieren, wenn sie erpresst werden. Aber
gleich ein Mord auf offener Straße? So genau wusste ich es auch nicht, aber ich
meinte mich zu erinnern, dass es gut fünfzehn Jahre her wäre, dass in Frankfurt
das letzte Mal etwas Ähnliches geschehen war.
    Also gut. Wenn Lucios Tod eine Botschaft sein sollte, für wen war
sie bestimmt? Und warum hatte der Mörder mir zugenickt?
    Ich nahm Lucios Brieftasche heraus und entleerte sie auf meinen
Schreibtisch. Irgendwo in den Quittungen, Notizen, Zetteln und dem anderen Mist
würde sich hoffentlich etwas finden lassen.
    Das Telefon klingelte, es war Marvin.
    »Du hast angerufen. Was gibt’s, hast du die CD bekommen?«, wollte er
wissen.
    »Nein. Es gab Komplikationen.« Ich beschrieb ihm, was in dem Café
geschehen war. Einen Moment lang herrschte ungläubige Stille auf der anderen
Seite der Leitung.
    »Du willst mir wirklich erzählen, dass jemand in das Bistro kam und
ihn umgelegt hat? Einfach so?«
    »Genau das. Einfach so. Du hast damit nichts zu tun?«
    »Nein«, sagte er nach einer kurzen Pause. »Das habe ich nicht. Ich
hätte nichts dagegen gehabt, wenn dieser Idiot vor einen Zug gelaufen wäre.
Aber nicht, bevor ich meine CD wiederhabe.«
    Ich glaubte ihm.
    »Wie geht’s weiter?«, fragte er. »Siehst du noch eine Möglichkeit,
an meine Daten zu kommen?«
    »Die eine ist, du gehst zur

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