Der Müllmann
mit
Freisprecheinrichtung.
Ja, klar. Als ob ich mich selbst daran halten würde.
Auf dem Weg zurück rief ich Marietta an, sie ging beim ersten
Klingeln dran, schien mir aber etwas gestresst.
»Es sieht aus, als klappt alles«, meinte sie. »Unser Boss ist nicht
zufrieden, er würde den Ungar am liebsten gleich einsacken, aber sein Boss
meint auch, dass es besser ist, den ganzen Ring zu fassen. Es gibt aber auch
eine schlechte Nachricht.«
»Und die wäre?«
»Wir wissen, wer dieser Robert Hu ist. Ein Handelsattaché. Mit
Diplomatenpass.« So wie sie es sagte, klang es wie eine Beleidigung. »Wir
können ihm nur auf die Finger klopfen. Aber deinen alten Freund Gernhardt und
Muller senior werden wir kriegen, verlass dich drauf.«
Nur wenn ich sie nicht vorher erwische. Oder Irina vorbeischießt.
»Danke«, sagte ich artig. »Sagt mir Bescheid, wenn es so weit ist?«
»Nur wenn du versprichst, dich rauszuhalten«, meinte sie kühl. »Und
selbst dann nur unter Vorbehalt. Dies ist eine Polizeiaktion.«
»Genau so soll es ja auch sein«, sagte ich. »Ich werde brav sein.
Versprochen.«
»Das werden wir ja sehen.« Offenbar glaubte sie nicht recht daran.
Ich auch nicht.
Auf dem Heimweg erhielt ich noch drei andere Anrufe. Einen von
Bernd. Er hatte die Dieselabrechnungen gefunden. Vom letzten Jahr.
»Danke«, sagte ich und sparte mir den Kommentar, der mir auf der
Zunge lag. Irgendwie war ich gestresst. »Schick mir das Zeug per Post. Ich
kümmere mich morgen drum.« Wenn es denn ein Morgen für mich gab. Aber im Moment
war ich nicht in der Stimmung, mich um unsere Steuern zu kümmern.
Der Nächste war Theo.
»Ich dachte, du wolltest dich um den verfickten Chemiezug kümmern?«,
tobte er frisch und frei durchs Telefon. »Er steht immer noch hier und blockiert
mir meine Gleise … und am Montag erwarte ich vier Güterwagen Buntmetall … wenn
der Mist dann noch immer mein Gleis blockiert, wird’s verflucht teuer für
dich!«
»Am Montag ist das Gleis frei. Versprochen.« Ich hatte zwar noch
etwas mit dem Zeug vor, aber im Moment interessierte mich sein Problem nicht
sonderlich. Aber es war ja eh schon alles arrangiert.
»Das will ich hoffen!«, schnaubte er und legte auf.
Kurz und knapp. Das war Theo. Man musste ihn einfach lieb haben.
Der nächste Anruf kam von Irina.
»Wir haben einen Mann hineingeschickt«, teilte sie mir ohne weitere
Umstände mit. »Keine Angst, er ist ein Profi, Gernhardt wird es nicht bemerken.
Die beiden Typen in der Ecke sehen beide etwas verbeult aus, sind betäubt, aber
sie leben. Der eine ist dein schwuler Freund, wer der andere ist, wissen wir
nicht.«
»Danke«, sagte ich, während ich nachdachte.
»Ich dachte, du würdest es wissen wollen. Und jetzt? Willst du deine
Freundin anrufen und alles abblasen?«
»Nein«, entschied ich. »Wir lassen sie, wo sie sind. Wenn Gernhardt
sie hätte umbringen wollen, hätte er es schon getan.«
»Okay«, sagte sie. »Dann warten wir mal ab.«
Das war nur die halbe Wahrheit, dachte ich, als ich das Telefon
zuklappte.
Du kennst Gernhardt. Der lässt
keine Zeugen zurück.
Ja, so war er, mein alter Freund. Als ob sie mich daran erinnern
wollten, fingen die Einschusslöcher an zu jucken. Wenn die Sache schiefging,
wäre es um Marvin etwas schade. Er hatte mich zwar in die Sache hineingeritten,
aber mittlerweile glaubte ich, dass er nur das Pech gehabt hatte, zu viel zu
wissen. Nun, mit etwas Glück kamen wir da beide heil heraus.
Oder auch nicht.
Manchmal wünschte ich mir, ich könnte optimistischer durchs Leben
gehen.
Als
ich nach Hause kam, war Ana Lena schon wieder auf dem Sprung. Sie wollte Jenny
besuchen und sich ein neues Computerspiel ansehen. Ihr Lächeln war fast wieder
das alte, doch anstelle ihrer vorher üblichen Aufmachung trug sie eine Jeans
und einen weiten Schlabberpullover. Vorher hätte ich es nicht geglaubt, aber
mittlerweile wünschte ich mir die alte Ana Lena zurück.
»Ich bin
schon mit George Gassi gewesen«, teilte sie mir zwischen Tür und Angel mit.
»Macht es etwas, wenn ich später nach Hause komme?«
»Nein, ich habe auch zu tun.«
»Gut«, sagte sie und gab mir einen flüchtigen Kuss. »Dann sehen wir
uns morgen.« Sie grinste breit. »Und grüß mir die Frau Kommissarin.«
Ich sah ihr nach, wie sie mit dem Roller davonfuhr, nicht ohne nach
auffälligen Fahrzeugen Ausschau zu halten. Niemand versuchte, sie zu
überfahren.
Ich wollte nur, sie hätte recht, und ich hätte für den Abend nicht
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