Der Müllmann
im Türrahmen noch
zu mir, »machen mir allerdings auf andere Art Angst als Gernhardt.«
Ich sah sie überrascht an.
»Die Sorte Angst, die ich mag«, lächelte sie und ließ die Tür hinter
sich zufallen.
»So«, sagte Marietta mit einem undefinierbaren Blick in meine
Richtung. »Ist das so?«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Sie kennt mich nicht«, sagte ich und wies auf die Bildschirme. »Es
geht los.«
Für
den ganzen Aufwand, den wir betrieben hatten, verlief alles recht
unspektakulär.
»Und all
das dafür, dass sie nichts bemerken sollen«, stellte Berthold unzufrieden fest.
Er beugte sich vor, um sich Horvath nun etwas genauer anzusehen, er und Hu
hatten den Wagen geparkt und gingen schräg über die Straße auf das Haus zu, in
dem Lucio seine Wohnung hatte. »Wir sollten ihn auf der Stelle kassieren. Ist
immer noch meine Meinung.« Er sah fast vorwurfsvoll zu mir hin. »Nicht zu
glauben, dass sich der Boss darauf eingelassen hat.«
Ich sagte nichts, sondern sah nur weiter zu. Noch bevor die beiden
die Gittertür von dem kleinen Garten vor dem alten Gründerzeithaus erreichten,
ging die Haustür auf, und zwei Polizisten stießen einen wankenden Mann mit
blutverschmierter Kleidung vor sich her, gleichzeitig fuhr schon ein
Polizeiwagen vor.
Als hätten sie es niemals anders vorgehabt, bogen Hu und Horvath ab
und gingen mit unbeteiligten Mienen weiter, aber an der Ecke blieben sie stehen
und traten etwas zurück, als ein Rettungswagen mit Blaulicht und Sirene um die
Ecke kam. Zwei Sanitäter und ein Notarzt stürzten mit einer Bahre in das Haus
hinein.
»Menschliche Neugier«, flüsterte Marietta, während sie mit der
ferngesteuerten Kamera näher heranzoomte und ein Bild nach dem anderen schoss.
Hu und Horvath standen beide da und sahen sich das Spektakel an wie etwa zwei
Dutzend anderer Passanten auch.
Es dauerte dann nicht mehr lange, und die Sanitäter kamen wieder aus
dem Haus heraus, diesmal lag eine Frau auf der Bahre, blutverschmiert, eine Atemmaske
auf Nase und Mund. Der Notarzt hielt eine Blutinfusion hoch, und sie hatten es
sehr eilig, die Anspannung stand ihnen ins Gesicht geschrieben.
Horvath flüsterte Hu etwas zu, und der nickte, beide sahen zu, wie
Bridget in den Notarztwagen gehoben wurde und dieser dann mit Blaulicht losfuhr
… um keine zwei Sekunden später die Sirene auszumachen und rechts ranzufahren.
Einer der Polizisten ging hin und klopfte an die hintere Tür, ein
Sanitäter öffnete und man konnte sehen, wie der Notarzt verzweifelt versuchte,
Bridget zu reanimieren. Der Sanitäter sah zurück in den Wagen, schüttelte den
Kopf, sagte etwas zu dem Polizisten und zog die Tür wieder zu.
»Oscarreife Vorstellung«, meinte Berthold und wies mit seiner
Bockwurst auf Hu und Horvath. »Auf jeden Fall haben die beiden es geschluckt.
Und die Wanze sitzt auch.« Wir sahen zu, wie die beiden zu ihrem Wagen zurückgingen.
»Ist das nicht Hus Wagen?«, fragte ich ihn.
»Schon«, meinte er kauend. »Und damit ist es ein Diplomatenfahrzeug,
das wir nicht verwanzen dürfen. Aber irgendwie kam ich noch nicht dazu, es zu
überprüfen. Wenn wir feststellen, dass es ein Diplomatenwagen ist, machen wir
selbstverständlich die Wanze wieder ab.« Er sah mich herausfordernd an. »Wir
machen es im Moment so, wie Sie wollen, Schmitt. Aber wenn etwas schiefgeht,
sehe ich nicht ein, dass Horvath damit durchkommt. Wir bekommen ihn. Etwas dagegen?«,
fragte er in aggressivem Ton.
»Ganz und gar nicht.«
»Und jetzt?«, fragte Marietta.
Ich sah auf die Uhr. Es war kurz nach sieben. »Ich werde zu dem
Treffpunkt …«
Im gleichen Moment klingelte mein Telefon. Es war Alexej.
»Wir haben eben den Köder bekommen«, teilte er mir mit belegter
Stimme mit. Sein russischer Akzent war mehr als deutlich. »Ein Tipp.«
»Von wem?«
»Einem Chinesen, der angeblich für ein paar Tausend Euro die Fronten
wechseln will. Um uns zu zeigen, dass er es ernst meint, hat er ein paar Fotos
angehängt. Sie zeigen Robert Hu, der gerade einen Zigarrenschneider an
Nataschas Finger ansetzt. Er lächelt sogar noch in die Kamera, als ob er es
genießen würde.« Er stieß einen russischen Fluch aus, den ich nur halb
verstand. »Der Informant will sich mit uns treffen. Wir sollen alleine kommen.
Um acht. Rate mal, wo.«
»Das Lagerhaus?«, fragte ich.
»Genau dort. Er will uns verraten, wer unserem Liebling das angetan
hat. Wir sollen dreißigtausend Euro mitbringen … und alleine kommen. Gott,
Heinrich, dieser
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