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Der Müllmann

Der Müllmann

Titel: Der Müllmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Wolkenwand
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kamen seltsame Geräusche, ich nickte den dreien zu und
eilte zurück … und fand die halbe Küche überflutet vor. Der Filter der Spülmaschine
war vollständig verstopft, obwohl mir Ana Lena schon vor drei Tagen versprochen
hatte, sich darum zu kümmern. Wie es aussah, hatte sie es wohl doch vergessen.
    Während ich den Filter säuberte, konnte ich durch die alte
Durchreiche zum Wohnzimmer hören, wie die drei sich unterhielten.
    »Er ist gar nicht so alt, wie ich d-dachte«, sagte Paul. »Und schau
dir mal den Plattenspieler an! Das Ding ist pur Hightech!«
    »Es ist ein Plattenspieler. Analog. Wie kann der Hightech sein?«,
fragte Leon.
    »Du hast halt k-keine Ahnung!«

    Kaum
dass ich den Filter gesäubert und den Boden gewischt hatte, kam Ana Lena nach
Hause.
    »Wolltest
du nicht den Filter sauber machen?«, begrüßte ich sie, nicht ganz so
freundlich, schließlich hatte ich eben noch auf dem nassen Boden knien müssen.
»Ich habe eben …« Doch weiter kam ich nicht.
    »Mach ich später«, versprach sie und knallte ihren Schulrucksarg mit
den aufgeklebten Einschusswunden mitten auf den Küchentisch. »Du musst mir
nicht immer alles dreimal sagen!« Sie stutzte kurz. »Wieso sind deine Knie
nass?«
    »Ana Lena …«, begann ich, doch sie hatte schon die Stimmen aus dem
Wohnzimmer gehört und ließ mich in der Küche stehen. »Ich muss gleich wieder
weg«, rief sie über ihre Schulter, und schon war sie im Wohnzimmer
verschwunden.
    »Weißt du, dass d-dein Onkel eine geile Sammlung alter Scheiben hat
und K-Klavier spielt?«, hörte ich Paul sagen.
    »Und?«, fragte Ana Lena.
    »Das ist c-cool«, meinte er.
    »Finde ich auch«, sagte Leon. »Du musst dir mal die Bücher
reinziehen! Das ist die Britannica … von 52 und mit jedem Ergänzungsband, der
jemals dazu herausgekommen ist!«
    »Whatever«, antwortete Ana Lena und klang gereizt.
    »Ich dachte, d-dein Onkel wäre ein langweiliger Spießer?«
    »Ist er auch«, antwortete Ana Lena.
    »Ist er nicht«, beharrte Paul. »Niemand, d-der Klavier spielt,
klassische Musik sammelt und so viele Bücher liest, k-kann ein Spießer sein.«
    »Und warum nicht?« Ich hatte recht, sie war gereizt.
    »Weil es ein Hinweis darauf ist, dass er d-denkt! Niemand, der
d-denken kann, k-kann ein Spießer sein!«
    Ich musste zugeben, ich mochte den jungen Mann.
    »Ich wette, er geht heute Abend kegeln«, meinte Ana Lena. »Ist dir
das spießig genug?«
    »Gib es zu, so schlimm ist er gar nicht«, lachte Jenny.
    »Du musst ja nicht hier wohnen«, antwortete Ana Lena unwirsch. »Lass
uns gehen. Ich halte es hier schon jetzt nicht mehr aus!«
    »Tschüs!«, rief Ana Lena, als sie an mir vorbeirauschte.
    »Auf W-Wiedersehen, Herr Schmitt«, sagte Paul höflich, während mir
Leon zunickte und Jenny mir mit einem amüsierten Grinsen winkte. Dann
knatterten draußen drei Roller, und sie waren weg.

    Aus irgendeinem Grund hatte ich jetzt bessere Laune. Ana
Lena hatte einen großen Freundeskreis und die meisten schienen mir in Ordnung.
Der Einzige, der nicht hineinpasste, war das geleckte Frettchen. Was mich daran
erinnerte, dass ich etwas über ihn in Erfahrung bringen wollte.
    Doch von
Brockhaus gab es nur eine Nachricht in der Mail, die besagte, dass er sich
darum kümmern wollte, nachdem er geschlafen hatte. Das war heute Morgen um elf
gewesen.
    Ich schüttelte ungläubig den Kopf und fragte mich, ob er immer noch
Kettenraucher war und sich ein halbes Dutzend Kaffeetassen und Pizzakartons auf
seinem Schreibtisch stapelten. Wenigstens seine Schlafgewohnheiten passten zu
dem Bild. Er vergaß auch nie, mich daran zu erinnern, dass ich ihm noch Geld
schuldete.
    Für solche Fälle verwaltete ein gewisser Oriste Mercier auf den
Cayman Islands, einen Hedgefond für mich. Ich war noch nie dort gewesen, aber
Mercier, dessen Pass unten im Tresor des Nachbarkellers lag, schon viermal. Es
war nett dort, schöne Strände und irgendwie ein Urlaubsfeeling, schade, dass
Mercier nie die Zeit gehabt hatte, es zu genießen. Da das Bild auf seinem Ausweis
das meine war, gab es wenigstens etwas, auf das ich mich freuen konnte, sollte
ich mal von hier verschwinden müssen. Brockhaus hatte das für mich erledigt.
Ich hatte nur nicht die geringste Ahnung, wie, nach allem, was ich wusste, war
der Pass sogar auch echt … und biometrisch. Mein eigener war es noch nicht.
    Durch die Wunder des Internets und Brockhaus’ Hilfe konnte ich auf
Merciers Konten zugreifen, und selbst wenn man meine

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