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Der Musentempel

Der Musentempel

Titel: Der Musentempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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von hier nach Rom segelt. Du bist vielleicht kein Mörder, aber du machst mehr Arger als eine Kohorte sizilianischer Hilfstruppen! Ich möchte nichts weiter von dir hören als die willkommene Nachricht, daß du den Hafen verlassen hast. Einen guten Tag noch!« Mit diesen Worten stürmte er die Treppe zur Botschaft hoch. Die anderen umringten mich und klopften mir auf die Schulter.
    »Ich hab von Anfang an nicht geglaubt, daß du es warst«, lautete der übliche Kommentar.
    Asklepiodes begleitete mich in meine Gemächer. Man hatte Hypatias Leiche weggeschafft, zusammen mit dem blutigen Gewand. Ich wußte, daß ich mich nie wieder in dieses Bett legen konnte, und rief nach einigen Sklaven.
    »Schafft dieses Bett hier raus und verbrennt es«, befahl ich.
    »Holt mir ein anderes.« So etwas konnte man in Ägypten tun.
    Dann fiel mir ein, daß ich den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte, und ich bestellte mir etwas.
    »Machst du Fortschritte bei der Aufklärung des Mordes an Iphikrates?« fragte Asklepiodes. Während unser Tisch gedeckt wurde und wir aßen, erzählte ich ihm, was geschehen war, wobei ich stets innehielt, wenn ein Sklave sich näherte.
    Zumindest einer von ihnen mußte Achillas Bericht erstattet haben. Asklepiodes lauschte, bis ich geendet hatte, wobei er erst nickte und weise Geräusche von sich gab.
    »Das mit dem Spiegel ist wirklich raffiniert«, sagte er.
    »Iphikrates hat sich mit mehr Wissensgebieten beschäftigt, als er zugab. Ich frage mich, was Achillas ihm versprochen hat.«
    »Was? Ich vermute, er hat ihm Gold bezahlt.«
    »Möglich, aber Iphikrates kam mir nie wie ein Mann vor, der nach Reichtum strebte. Aber viele Gelehrte legen Wert auf hohes Ansehen und Ehrerbietung unter ihren Kollegen. Wenn Achillas sich zum König von Ägypten machen würde, wäre er in der Position, Iphikrates zum Leiter des Museions zu ernennen.
    Dann könnte er alle Möglichkeiten und Mittel nutzen, um seine grandiosen Forschungsprojekte voranzubringen. Für solche Gelehrten, die tatsächlich etwas tun und ihre Pläne vom Papyrus in die Realität umgesetzt sehen wollen, ist das eine berauschende Aussicht.«
    »Asklepiodes«, sagte ich, »ich habe Menschen für Reichtum oder aus Rache kämpfen und intrigieren und jede denkbare Gemeinheit begehen sehen. Ich habe gesehen, wie sie ihr Leben dem Krieg und der Politik gewidmet und Verrat begangen haben, um Macht über ihre Mitmenschen zu erlangen. Aber der Gedanke, jemand könnte all das für... für eine Art intellektueller Beförderung getan haben, ist mir noch nie gekommen.«
    Er lächelte milde. »Es war dein Glück, daß du es bisher nie mit Berufsphilosophen zu tun hattest.«

XII
    Ich wartete bis zum Abend, womit ich meiner Ansicht nach beachtliche Selbstdisziplin demonstrierte. Nachdem Asklepiodes gegangen war, blieb ich jedoch nicht ohne Besucher. Zu meiner Überraschung war auch Fausta darunter. Sie kam kurz vor Einbruch der Dämmerung, wie stets kühl und gebieterisch. Sie war eine Frau, die ich immer ein wenig einschüchternd gefunden habe. Die Cornelier hatten sich selbst unter Patriziern als auserwählt betrachtet, darüber hinaus war sie die Tochter Sullas, des meistgefürchteten Diktators in der Geschichte Roms.
    Aber das war noch immer nicht genug. Sie war überdies ein Zwilling und hatte einen Bruder, der ihr bis aufs Haar glich. Die Kombination dieser Faktoren war so gravierend, daß man sie nicht nur respektierte, sondern ernsthaft fürchtete. Trotz ihres großen Reichtums war sie bis zur unerwarteten Werbung von Titus Annius Milo unverheiratet geblieben, und er war vielleicht der einzige Mann, den ich kannte, der überhaupt keine Angst hatte.
    Ich wußte, daß er diese Partie früher oder später bereuen würde. Bei all seinem Charme und seinem scharfen Verstand mangelte es dem armen Milo an Erfahrung mit Frauen. Seine Obsession war, wie die so vieler Männer, die Macht. Bei der Verfolgung dieses Ziels hatte er alles vernachlässigt, was ihm unbedeutend erschien wie beispielsweise die notwendigen, obschon bisweilen verwirrenden Beziehungen zwischen Männern und Frauen. Verwirrung konnte Milo nicht gebrauchen.
    Tatsache war, daß Fausta für Milo eine Errungenschaft darstellte. Er war ein Niemand aus Ostia, der nach Rom gekommen war, um die Stadt zu erobern. Er war aus dem Nichts gekommen, war zu einem prominenten Bandenführer aufgestiegen und hatte jetzt die ersten Sprossen der offiziellen Karriereleiter im öffentlichen Dienst genommen. Er wollte

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