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Der Musikversteher

Der Musikversteher

Titel: Der Musikversteher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hartmut Fladt
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ihr auf der Landstraße ein Po-Mö-Po-Pro entgegen, ein porschefahrender Möchtegern-Pop-Produzent. Der hörte sie singen, und ihm lief das Wasser im Maul zusammen beim Anblick nicht der appetitlichen Sängerin, sondern der leckeren Festverzinslichen.
    Er ließ den Motor noch einmal kurz aufheulen und sprach: »Ey Süße, was schleppst du denn da für einen schweren Batzen Papier mit dir herum, bei der Hitze? Möchtest du ihn nicht eintauschen gegen dies feine Auto, kaum fünfundzwanzig Jahre alt, TÜV in zwei Monaten? Ich könnt’ dich aber auch produzieren.«
    Da freute sich Hanna wiederum so recht von Herzen, dass sie nun sollt’ fahren können und ihren Kram nicht mehr müsst’ schleppen. »Abgemacht«, so rief sie, »Produziertwerden ist momentan nicht so mein Ding, aber der Tausch ist O. K., denn besser gut gefahren als schlecht gelaufen, und Biosprit ist ja genug da.«
    Und schon gab sie dem Po-Mö-Po-Pro die Papiere und dem edlen Renner die Sporen beziehungsweise den Bleifuß und schoss auf der Landstraße dahin, dass ihr Goldhaar im Winde und ihre Stimme in der Kehle flatterte.
    Kaum war sie in die große Stadt gelangt, da spuckte und stotterte der Motor derart, dass sie den Porsche auf den nächsten freien Parkplatz lenken musste und nicht recht wusste, was nun zu tun sei.
    Da kam eine Radlerin des Wegs, mit hennarotem Haar und Latzhosen und Birkenstock-Sandalen, so recht ein Klischee.
    »Wer hat dir denn die Karre angedreht?« so rief sie mit heller Stimme und sprang von ihrem Bike, »Männer sind doch das Letzte. Der hat dich ganz schön verarscht. Aber du hast Glück, vertrete ich doch die FFK, die Feministische Fahrrad Kooperative. Undwenn du möchtest, so tausche ich jenen desaströsen Macho-Geltungstriebwagen gegen dieses reizende Veloziped mit Zweigangschaltung, echten luftgefüllten Reifen und weißlackiertem Körbchen für dein Hab und Gut und für diverse Einkäufe. Und nicht zu vergessen die ebenso verbotene wie wunderschrille Drehklingel, unsere gefürchtete Frauendreiklangsfanfare.« -
    »O was ich doch für ein Glück habe«, freute sich da unsere gute Hanna, »aber gewiss doch nehme ich dies schrille Rad, zumal die sportive Bewegung in der freien Stadtluft meiner Gesundheit durchaus förderlich sein dürfte.«
    Und die Frauen fassten sich bei den Händen und gaben Küsschen, rechts, links und gar Mitte.
    Hanna schwang sich aufs Rad, und all ihre Frauenpower übertrug sich auf die Pedale, dass es nur so knirschte, und derart ließ sie die Frauenpowerdreiklangsfanfare aufschrillen, dass die Männerwelt bis ins Mark erschrak. Doch wie sie so trat, da musste sie an ihren guten Manager denken, und so gewaltig wurden ihre Tritte, dass es die wackere Kette nicht mehr aushalten konnte und in der Mitte entzweiriss.
    Das geschah just, als Hanna am prachtvollen Gebäude des Instituts für Totale Lebensbejahung auf psychobiologisch musisch-monetärer Grundlage angelangt war. Sofort ward sie von JüngerInnen jeglichen Geschlechts umringt, die einen Reigen tanzten und jauchzten und sangen:
    »Die klare Sonne bringt’s an den Tag, dass die Biker nichts zu verlieren haben als ihre Ketten.«
    Da trat die Mutter Oberguru an Hanna heran und sprach:
    »Tand ist das Gebild’ von Menschenhand. So verzichte doch auf dies Hilfsmittel zur Fortbewegung im Weltgetriebe. Bedenke, dass dein schriller Dreiklang nicht einmal sauber gestimmt ist. Besinne dich ganz auf dich selbst! Und wenn du magst, dann tausche ich dein Fahrrad gegen dies unser prachtvolles Lebenshilfe-Büchlein ein, SINGEND ZUM SELBST, das dich getreulich über alle Klippen des Daseins hinwegtragen wird. Darinnen gibt’s auch Noten, so du derer kundig bist, und Anleitung zum bewusstseinsweitendentibetanischen Oberton-Singen, gar Links zu Unterwassermeditationen mit Walgesängen. Und gratis schenk’ ich dir noch eine ganze Schachtel gar wundersamer Happy Pills auf Lebertran-Basis, was ja auch mit den Walen zu tun hat.« -
    »O ich Glückliche«, so freute sich Hanna zum vierten Male an diesem Tag, »wollte ich doch schon immer einmal durchs meditierende Singen ganz zu mir selbst kommen und sehen, wie’s denn da so ist.«
    Und sie warf sich gleich drei Glücksbringerlein ein, begab sich mit dem Büchlein auf ein sonnenbeschienenes Plätzlein am städtischen Abwässerkanal und begann zu lesen und zu summen.
    Jedoch – war es die geheimnisvolle Kraft der chemischen Essenzen, die sie entrückte, oder war es die Magie der Worte und der Melodeien, die

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