Der mysterioese Zylinder
aber es gibt bei diesem Fall noch einige Aspekte, auf die ich neugierig bin … Über die ganze Untersuchung weiß ich nur das, was mir Sampson auf dem Weg hierher erzählt hat.«
»Ich selbst tappe auch noch so ziemlich im dunkeln, Q«, warf der Staatsanwalt ein. »Ich kann mir vorstellen, daß du uns einiges zu erzählen hast. Also raus damit!«
Inspektor Queen lächelte traurig. »Um mein Prestige zu retten, werde ich es so erzählen müssen, als hätte ich das meiste dazu beigetragen. Tatsächlich aber war es Ellery, der bei dieser ganzen abscheulichen Angelegenheit als einziger wirklich mit Köpfchen gearbeitet hat. Er ist ein schlauer Kerl – mein Sohn.«
Sampson und Cronin machten es sich bequem, und der Inspektor nahm eine Prise und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Djuna Heß sich mit gespitzten Ohren in einer Ecke nieder.
»Wenn ich den Fall Field durchgehe«, fing der Inspektor an, »so muß ich hier und da auf Benjamin Morgan zu sprechen kommen, der wirklich das unschuldigste Opfer von allen ist. 1 Ich möchte, Henry, daß über das, was ich über Morgan sage, nichts nach außen dringt – weder beruflich noch im Freundeskreis. Tim hat mir sein Schweigen bereits zugesichert.«
Beide Männer nickten wortlos. Der Inspektor fuhr fort: »Ich brauche wohl kaum eigens darauf hinzuweisen, daß die Untersuchung bei einem Mordfall zumeist mit der Suche nach einem Motiv beginnt. Oft kann man einen Verdächtigen nach dem anderen ausscheiden, wenn man den Grund für das Verbrechen kennt. Bei diesem Fall lag das Motiv lange Zeit im dunkeln. Es gab zwar bestimmte Anhaltspunkte – so etwa Benjamin Morgans Geschichte –, aber die waren nicht überzeugend. Morgan war seit Jahren von Field erpreßt worden
– eine Betätigung, von der euch trotz eurer Kenntnis seiner anderen gesellschaftlichen Gepflogenheiten nichts bekannt war. Dies schien auf Erpressung als ein mögliches Tatmotiv hinzudeuten. Aber beliebig viele andere Dinge hätten als Motiv in Frage kommen können, zum Beispiel die Rache eines Verbrechers, den Field ins Kittchen gebracht hatte. Vielleicht war es auch ein Mitglied seiner Verbrecherorganisation. Field hatte eine Menge Feinde und zweifellos eine Menge ›Freunde‹, die nur deshalb seine ›Freunde‹ waren, weil Field sie in der Hand hatte. Eine Menge Leute – sowohl Männer als auch Frauen – hätten ein Motiv haben können, den Anwalt umzubringen. So haben wir, da wir uns an jenem Abend im Römischen Theater mit so vielen anderen dringenderen und unmittelbareren Dingen zu beschäftigen hatten, uns nicht allzusehr um das Motiv gekümmert. Es stand stets etwas im Hintergrund, um dann irgendwann zum Vorschein zu kommen.
Aber bleiben wir zunächst dabei. Wenn Erpressung das Motiv war – und davon gingen Ellery und ich aus, weil es am wahrscheinlichsten schien –, befanden sich sicherlich irgendwo in Fields Besitz einige Dokumente, die, um es vorsichtig auszudrücken, zumindest ein wenig weiterhelfen würden. Was wir wußten, war, daß Morgans Dokumente existierten. Cronin beharrte darauf, daß es weitere Dokumente geben mußte, die für ihn interessant sein würden. So hatten wir ständig die Augen offen zu halten nach irgendwelchen Papieren, handfesten Beweisstücken, die vielleicht – vielleicht aber auch nicht – Aufklärung über die eigentlichen Umstände des Verbrechens verschaffen würden.
Was nun die Dokumente angeht, so erweckte zur gleichen Zeit eine Reihe von Büchern zur Handschriftenkunde, die sich in Fields Besitz fanden, Ellerys Interesse. Wir schlossen daraus, daß jemand wie Field, der sich in einem Fall ganz sicher (nämlich bei Morgan) und vermutlich noch bei vielen anderen als Erpresser betätigt hatte und der ein solch großes Interesse für die Handschriftenkunde zeigte, sich zudem auch noch als Fälscher betätigt haben könnte. Wenn das zutraf – und das schien eine plausible Erklärung zu sein –, dann bedeutete das offensichtlich, daß Field es sich angewöhnt hatte, Fälschungen von seinem Erpressermaterial anzufertigen. Der einzige Grund dafür konnte nur darin liegen, daß er die Fälschungen verkaufte, um die Originale für weitere Erpressungen in der Hand zu halten. Seine Verbindungen zur Unterwelt halfen ihm zweifellos dabei, mit den Tücken dieses Geschäfts zurechtzukommen. Später fanden wir heraus, daß unsere Annahme richtig war. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir auch endgültig Erpressung als das Motiv für das Verbrechen nachgewiesen. Nur kamen wir
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