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Der mysterioese Zylinder

Der mysterioese Zylinder

Titel: Der mysterioese Zylinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellery Queen
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Wir hatten unsere Differenzen, was das Berufsethos anbelangt, hatten eine kleine Auseinandersetzung und entschieden uns für eine Trennung.«
»Sind Sie freundschaftlich voneinander geschieden?«
»Nun – den Umständen entsprechend würde ich sagen, ja.«
Queen trommelte auf den Schreibtisch. Morgan rutschte unruhig hin und her. Er war anscheinend immer noch mit den Nachwirkungen des Schocks beschäftigt. »Um welche Zeit kamen Sie heute abend ins Theater, Morgan?« fragte der Inspektor.
Morgan schien diese Frage zu überraschen. »So ungefähr um Viertel nach acht«, antwortete er.
»Könnte ich bitte Ihren Kontrollabschnitt sehen?« sagte Queen.
Der Anwalt reichte ihn herüber, nachdem er mehrere Taschen danach durchwühlt hatte. Queen nahm ihn, zog aus seiner Tasche die drei Abschnitte, die er dort aufbewahrt hatte, und verschwand mit seinen Händen unter die Oberfläche des Schreibtischs. Einen Moment später sah er schon wieder mit ausdruckslosem Blick auf und steckte die vier Papierschnitzel in seine Tasche.
»Sie saßen also auf M4, Mitte, nicht wahr? Ein sehr guter Platz, Morgan«, bemerkte er. »Wie kamen Sie überhaupt dazu, sich heute abend ›Spiel der Waffen‹ anzusehen?«
»Nun, es ist ein außergewöhnliches Stück, nicht wahr, Inspektor?« Morgan machte einen verlegenen Eindruck. »Ich wäre aber wahrscheinlich nicht auf die Idee gekommen hineinzugehen – ich gehe nämlich nicht oft ins Theater, müssen Sie wissen –, wenn nicht das Management des Römischen Theaters so freundlich gewesen wäre, mir eine Ehrenkarte für die heutige Vorstellung zu schicken.«
»Ist das wahr?« rief Queen erstaunt aus. »Wirklich nett von ihnen, würde ich sagen. Wann haben Sie das Ticket bekommen?«
»Ich habe das Ticket und den Brief am Samstag morgen in meinem Büro erhalten, Inspektor.«
»Oh, Sie haben auch einen Brief dazu bekommen. Sie haben ihn nicht zufällig bei sich?«
»Ich bin – ziemlich – sicher, ich habe«, murmelte Morgan vor sich hin, während er seine Taschen durchsuchte. »Ja! Hier ist er.«
Er reichte dem Inspektor ein kleines, rechteckiges, weißes Blatt Papier mit Büttenrand herüber.
Queen faßte es behutsam an, während er es gegen das Licht hielt. Durch die wenigen, mit Schreibmaschine geschriebenen Zeilen hindurch konnte man deutlich ein Wasserzeichen erkennen. Er spitzte die Lippen und legte das Blatt vorsichtig auf die Schreibunterlage. Während Morgan ihn beobachtete, öffnete er die oberste Schublade von Panzers Schreibtisch und kramte darin herum, bis er ein Stück Schreibpapier gefunden hatte. Es war groß, quadratisch und reich verziert mit einem Theaterwappen, das in eines der oberen Viertel eingestanzt war. Queen legte die beiden Blätter nebeneinander, dachte einen Augenblick nach, seufzte dann und nahm das Blatt, das Morgan ihm gegeben hatte, in die Hand. Er las es langsam durch.
    Das Management des Römischen Theaters lädt hiermit Mr. Benjamin Morgan herzlichst zu einem Besuch von ›Spiel der Waffen‹ am Montag, dem 24. September, ein. Um eine Beurteilung des Stückes als eines sozialen und strafrechtlichen Zeitdokuments durch Mr. Morgan, einem führenden Mitglied der New Yorker Anwaltschaft, wird aufrichtig gebeten. Dies ist jedoch in keiner Weise als Bedingung zu betrachten; darüber hinaus möchte das Management versichern, daß mit der Annahme seiner Einladung keinerlei Verpflichtungen verbunden sind.
    Das Römische Theater i.A.: S.

    Das »S« war ein beinahe unleserlicher Tintenklecks.
    Queen sah auf und lächelte. »Wirklich nett von diesem Theater, Mr. Morgan. Ich frage mich jetzt nur –« Er lächelte immer noch, als er Johnson ein Zeichen gab, der – als schweigender Beobachter der Befragung – in einer Ecke gesessen hatte.
    »Holen Sie mir Mr. Panzer, den Manager, Johnson«, sagte Queen. »Und wenn gerade der Werbeleiter – ein Knabe namens Bealson oder Pealson oder so – irgendwo herumläuft, dann bitten Sie ihn ebenfalls herzukommen.«
    Nachdem Johnson das Büro verlassen hatte, wandte er sich wieder dem Anwalt zu.
»Darf ich Sie für einen Moment um Ihre Handschuhe bitten, Mr. Morgan«, sagte er in harmlosem Ton.
Morgan sah ihn verdutzt an und ließ sie auf den Schreibtisch vor Queen fallen, der sie neugierig aufhob. Sie waren aus weißer Seide – die üblichen Handschuhe zur Abendgarderobe. Der Inspektor gab vor, sie intensiv zu untersuchen. Er drehte sie auf die linke Seite, betrachtete minutenlang einen kleinen Fleck auf einer Fingerspitze und

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