Der mysterioese Zylinder
Kopf war auf seine Brust gesunken.
Die Stille wurde immer spannungsgeladener und gleichzeitig peinlich. Im Zimmer war kein Geräusch zu hören, außer dem Ticken einer Standuhr, die in einer Ecke stand. Von irgendwo im Theater war plötzlich der Lärm von Stimmen zu hören, die nach Entrüstung und Ärger klangen. Dann waren auch diese wieder wie abgeschnitten.
»Kommen Sie schon, Inspektor …« Morgan hustete. Er war in den dicken, aufsteigenden Rauch seiner Zigarre gehüllt, und seine Stimme war rauh und angespannt. »Was ist das hier – eine ganz besonders raffinierte Foltermethode?«
Queen sah überrascht auf. »Eh? Entschuldigung, Mr. Morgan. Ich hab’ wohl ein wenig geträumt. Ich war mit meinen Gedanken ganz woanders. Mein Gott, ich werde wohl doch allmählich alt.«
Er stand auf und ging durch den Raum, die Hände locker auf dem Rücken zusammengelegt. Morgans Blick folgte ihm.
»Mr. Morgan« – der Inspektor stürzte sich mit einem seiner üblichen Gedankensprünge auf ihn – »wissen Sie, warum ich Sie gebeten habe, noch zu bleiben und sich mit mir zu unterhalten?«
»Nun – nicht so genau, Inspektor. Ich nehme natürlich an, daß es mit dem Unglücksfall heute abend zusammenhängt. Aber ich muß gestehen, daß ich nicht weiß, wie ich damit in Verbindung stehen könnte.« Morgan zog heftig an seiner Zigarre.
»Vielleicht, Mr. Morgan, wird Ihnen das jetzt gleich klar werden«, sagte Queen und lehnte sich gegen den Schreibtisch zurück. »Der Mann, der heute abend hier ermordet wurde – es war kein Unfall, das kann ich Ihnen versichern –, war ein gewisser Monte Field.«
So gelassen diese Eröffnung war, so verblüffend war die Wirkung, die sie auf Morgan hatte. Er schoß geradezu von seinem Sessel hoch, seine Augen traten hervor, seine Hände zitterten, und er atmete rauh und schwer. Seine Zigarre fiel auf den Boden. Queen sah ihm verdrossen zu.
»Monte – Field!« Morgans Aufschrei war erschreckend in seiner Heftigkeit. Er starrte in das Gesicht des Inspektors. Dann fiel er wieder in den Sessel zurück; sein Körper sackte zusammen.
»Heben Sie Ihre Zigarre auf, Mr. Morgan«, sagte Queen. »Ich möchte Mr. Panzers Gastfreundschaft nicht mißbrauchen.« Der Rechtsanwalt griff mechanisch nach unten und nahm seine Zigarre wieder an sich. »Mein lieber Freund«, dachte Queen bei sich, »entweder bist du einer der weltbesten Schauspieler oder hast gerade den Schock deines Lebens bekommen!« Er richtete sich auf. »Kommen Sie, Mr. Morgan – reißen Sie sich zusammen. Warum sollte der Tod von Field Sie so berühren?«
»Aber – aber, Mensch! Monte Field … Oh, mein Gott!« Er warf den Kopf zurück und lachte – ein verrücktes Lachen, das Queen in Alarmbereitschaft versetzte. Die Zuckungen fuhren fort, während Morgans Körper hysterisch hin-und hergeworfen wurde. Der Inspektor kannte die Symptome. Er gab dem Anwalt einen Schlag ins Gesicht und zog ihn an seinem Mantelkragen auf die Füße.
»Sie vergessen sich, Morgan!« fuhr ihn Queen an. Der strenge Tonfall hatte seine Wirkung. Morgan hörte auf zu lachen, sah Queen verlegen an und fiel schwer in den Sessel zurück – immer noch zitternd, aber wieder er selbst.
»Es – es tut mir leid, Inspektor«, murmelte er und tupfte sein Gesicht mit einem Taschentuch ab. »Das war wirklich etwas überraschend.«
»Scheint so«, sagte Queen trocken. »Sie hätten auch nicht überraschter sein können, wenn sich die Erde unter Ihnen aufgetan hätte. Nun, Morgan, was hat das alles zu bedeuten?«
Der Anwalt wischte immer noch den Schweiß von seinem Gesicht. Er zitterte wie Espenlaub, seine Wangen waren gerötet. Er biß sich unentschlossen auf die Lippen.
»In Ordnung, Inspektor«, sagte er schließlich. »Was wollen Sie wissen?«
»Das klingt schon besser«, sagte Queen zustimmend. »Ich schlage vor, Sie erzählen mir, wann Sie Monte Field zuletzt gesehen haben.«
Der Anwalt räusperte sich nervös. »Nun, ich habe ihn ewig nicht gesehen«, sagte er leise. »Ich nehme an, Sie wissen, daß wir früher Partner waren – wir hatten eine erfolgreiche Kanzlei. Dann gab es einen Zwischenfall, und wir trennten uns. Ich – ich habe ihn seither nicht mehr gesehen.«
»Und das ist wie lange her?«
»Gut zwei Jahre.«
»Sehr schön.« Queen lehnte sich nach vorne. »Ich würde auch gerne wissen, warum Sie sich voneinander getrennt haben.«
Der Anwalt betrachtete den Teppich und spielte mit seiner Zigarre. »Ich – nun, Sie werden Fields Ruf genauso gut kennen wie ich.
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