Der mysterioese Zylinder
als nur wenige Leute während des zweiten Aktes weggehen. Und dazu noch – der Mörder hätte das Pflichtversäumnis der O’Connell nicht vorhersehen können, es sei denn, sie war seine Komplizin. Da das Verbrechen sorgfältig geplant war – und dafür spricht aller Anschein –, wird der Mörder die Seitentüren als Fluchtweg von vornherein ausgeschlossen haben.
Nachdem diese Möglichkeit ausgesondert war, blieb – meiner Meinung nach – nur noch eine Richtung, in die weiter ermittelt werden konnte. Das war der Haupteingang. Doch auch hier erhielten wir eine eindeutige Zeugenaussage durch den Kartenkontrolleur und den Portier draußen; niemand hat das Gebäude auf diesem Wege während des zweiten Aktes verlassen. Mit Ausnahme natürlich des unverdächtigen Getränkejungen.
Da alle Ausgänge bewacht oder verschlossen waren, der Seitengang von 9:35 an unter permanenter Aufsicht von Lynch, Elinor, Johnny Chase – dem Platzanweiser – und später durch die Polizei stand – da dies also die Tatsachen sind, führt meine gesamte Befragung und Überprüfung, meine Herren«, fuhr Ellery in bedeutungsvollem Tonfall fort, »zu dem unausweichlichen Schluß, daß von dem Zeitpunkt an, als der Mord entdeckt wurde, und während der ganzen folgenden Zeit, während der die Untersuchung stattfand, der Mörder im Theater war!«
Ellerys Ausführungen wurden mit Schweigen aufgenommen. »Zufällig«, fügte er ruhig hinzu, »fiel mir, als ich mit den Platzanweisern sprach, ein, danach zu fragen, ob sie jemanden bemerkt haben, der nach Beginn des zweiten Aktes seinen Platz verließ; sie können sich an niemanden erinnern, der seinen Platz gewechselt hat!«
Queen nahm träge eine weitere Prise Schnupftabak. »Gute Arbeit – und eine sehr saubere Beweisführung, mein Sohn –, aber trotz allem nichts, was überraschend oder überzeugend wäre. Angenommen es stimmt, daß der Mörder die Zeit über im Theater war – wie hätten wir ihn denn überhaupt schnappen können?«
»Er hat nicht gesagt, daß du das gekonnt hättest«, warf Sampson lächelnd ein. »Sei nicht so empfindlich, alter Knabe; niemand will dich der Nachlässigkeit bei der Ausübung deiner Pflicht bezichtigen. Nach allem, was ich heute abend gehört habe, hast du die ganze Angelegenheit ausgezeichnet erledigt.«
Queen brummte. »Ich muß gestehen, ich ärgere mich ein wenig über mich selbst, weil ich der Sache mit den Türen nicht sorgfältiger nachgegangen bin. Aber selbst wenn es für den Mörder möglich gewesen wäre, das Theater direkt nach dem Verbrechen zu verlassen, hätte ich die Untersuchung in derselben Weise durchführen lassen müssen, wie ich es tat – allein auf die Möglichkeit hin, daß er sich immer noch im Theater aufhielt.«
»Aber Vater – natürlich!« sagte Ellery ernst. »Du mußtest dich schließlich um so viele Dinge kümmern, während ich nichts anderes zu tun hatte, als herumzustehen und weise dreinzuschauen.«
»Was ist mit den Leuten, die ihr schon näher unter die Lupe genommen habt?« fragte Sampson neugierig.
»Nun, was ist mit ihnen?« nahm Ellery den Faden wieder auf. »Zweifellos können wir weder aus ihren Aussagen noch aus ihren Handlungsweisen irgendwelche definitiven Schlüsse ziehen. Wir haben einmal Pfarrer Johnny, einen Schurken, der anscheinend nur hier war, um ein Stück zu genießen, das interessante Aufschlüsse über sein eigenes Metier bietet. Dann ist da noch Madge O’Connell, ein etwas zwielichtiger Charakter, über den wir uns beim augenblicklichen Stand der Dinge kein endgültiges Bild machen können. Sie könnte eine Komplizin sein – sie konnte unschuldig sein – sie könnte einfach nachlässig sein – sie könnte fast alles sein. Dann haben wir William Pusak, der Field gefunden hat. Haben Sie die auf leichten Schwachsinn hindeutende Form seines Schädels bemerkt? Und Benjamin Morgan – auch hier sind wir völlig auf Spekulationen angewiesen. Was wissen wir schon über seine Aktivitäten heute abend? Natürlich klingt seine Geschichte mit dem Brief und dem beigefügten Ticket seltsam, weil jeder den Brief hätte schreiben können, sogar Morgan selbst. Und wir dürfen nicht die öffentliche Drohung gegen Field vergessen; und ebenso nicht die Feindschaft, die seit zwei Jahren zwischen ihnen bestand. Und zu guter Letzt haben wir Miss Frances Ives-Pope. Es tut mir außerordentlich leid, daß ich während der Befragung nicht dabei war. Die Tatsache bleibt nun einmal bestehen – und das ist doch nicht
Weitere Kostenlose Bücher