Der mysterioese Zylinder
Minuten, womit nur zehn Minuten für die Transaktion übrig geblieben wären – ist natürlich möglich. Mit der Untergrundbahn wäre man auch nicht schneller gewesen. Wir dürfen auch nicht vergessen, daß diese Frau sich zu keinem Zeitpunkt an diesem Abend im Theater aufgehalten hat.«
»Du wirst noch alle Hände voll zu tun haben mit dieser lieblichen Tochter Evas«, bemerkte Ellery. »Es ist so wunderschön offensichtlich, daß die mit irgend etwas hinter dem Berg hält. Hast du ihren unverschämten Trotz bemerkt? Das war nicht allein herausforderndes Benehmen. Sie weiß etwas, Vater. Ich würde sie auf jeden Fall im Auge behalten – früher oder später wird sie sich verraten.«
»Hagstrom wird sich um sie kümmern«, sagte Queen abwesend. »Nun, was ist mit Michaels? Er hat kein überzeugendes Alibi für Montag abend. Aber vielleicht würde das auch keinen Unterschied machen. Er war nicht im Theater … An diesem Knaben ist irgend etwas faul. Wollte er wirklich etwas holen, als er Dienstag morgen zu Fields Wohnung kam? Wir haben alle Räumlichkeiten gründlich durchsucht – ist es möglich, daß wir etwas übersehen haben? Es ist klar, daß er gelogen hat, als er die Geschichte mit dem Scheck von sich gab und angeblich nichts von Fields Tod wußte. Und überlege eines
– ihm muß klar gewesen sein, daß er sich in Gefahr begab, als er zu Fields Wohnung kam. Er hatte von dem Mord gelesen und konnte nicht darauf hoffen, daß die Polizei einen Besuch der Wohnung herausschieben würde. Er machte also einen verzweifelten Versuch – aus welchem Grunde? Kannst du mir das sagen?«
»Vielleicht hatte es etwas mit seinem Gefängnisaufenthalt zu tun – er sah ganz schön überrascht aus, als ich ihm das unter die Nase rieb, nicht wahr?« kicherte Ellery.
»Kann sein«, antwortete der Inspektor. »Da fällt mir ein, Velie hat mir von Michaels’ Zeit in Elmira erzählt. Thomas berichtet, daß in diesem Fall einiges vertuscht wurde – es war sehr viel schwerwiegender, als es seine milde Bestrafung damals erscheinen läßt. Michaels war der Urkundenfälschung verdächtig, und es sah ganz schön schwarz für ihn aus. Aufgrund eines von Rechtsanwalt Field ins Spiel gebrachten völlig anderen Anklagepunktes – irgend etwas mit einem kleinen Diebstahl – ist Mr. Michaels noch einmal billig davongekommen, und man hat niemals mehr etwas von dieser Fälschungssache gehört. Dieser Michaels sieht sehr vielversprechend aus – ich muß ihm ein wenig auf die Füße treten.«
»Ich habe da so eine eigene Idee, was Michaels angeht«, sagte Ellery nachdenklich. »Aber lassen wir das im Augenblick.«
Queen schien nicht zuzuhören. Er stierte in das knisternde Kaminfeuer. »Da ist auch noch Lewin«, sagte er. »Es ist kaum zu glauben, daß ein Mensch von seiner Art in einer solchen Vertrauensstellung bei seinem Arbeitgeber stand, ohne einiges mehr zu wissen, als er heute zugibt. Hält er Informationen zurück? Wenn er das tut, gnade ihm Gott – weil Cronin ihn dann fertig machen wird!«
»Eigentlich mag ich diesen Cronin«, seufzte Ellery, »Wie um alles in der Welt kann ein Mensch so von einer Idee besessen sein? … Hast du darüber schon einmal nachgedacht? Ich frage mich, ob Morgan Angela Russo kennt? Obwohl ja beide abstreiten, sich gegenseitig zu kennen. Wäre verdammt interessant, wenn sie es täten, nicht wahr?«
»Mein Sohn«, seufzte Queen, »mach nicht alles noch verwirrender. Es ist eh schon kompliziert genug; du mußt es nicht noch schlimmer machen …«
Behagliches Schweigen breitete sich aus, während sich der Inspektor im Schein der lodernden Flammen ausstreckte. Ellery ließ sich zufrieden einen Keks schmecken. Djunas strahlende Augen blinkten in der äußersten Ecke des Raumes auf, wo er sich lautlos hingeschlichen und auf dem Boden niedergehockt hatte, um der Unterhaltung zuzuhören.
In einer plötzlichen Gedankenübertragung trafen sich die Blicke des alten Mannes und Ellerys.
»Der Hut …«, murmelte Queen. »Wir kommen immer wieder auf den Hut zurück.«
Ellery schaute betrübt. »Und es ist nicht das Schlechteste, darauf zurückzukommen, Vater. Hut – Hut – Hut! Wo gehört er hin? Was wissen wir über ihn?«
Der Inspektor rutschte auf seinem Stuhl hin und her. Er schlug die Beine übereinander, nahm eine neue Prise Schnupftabak und fuhr mit frischer Energie fort. »In Ordnung. Wir können uns bei diesem verdammten Seidenzylinder keine Nachlässigkeit leisten«, sagte er barsch. »Was haben wir bislang
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