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Der Nachbar

Titel: Der Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Gesicht geschrieben, und Tyler erhielt einen Eindruck von dem tyrannischen Machtmenschen, den Laura Biddulph ihm geschildert hatte. Von der früheren lockeren Freundlichkeit jedenfalls war keine Spur in seiner Miene zu entdecken.
    Tyler zog einen Stuhl heraus und setzte sich ihm gegenüber. »Es tut mir Leid, dass Sie warten mussten, Mr Rogerson«, sagte er mit einem liebenswürdigen Lächeln. »Ich nahm an, Sie wären schon auf halbem Weg nach Bournemouth bevor der Anruf Sie erreichte, aber wenn ich recht verstanden habe, hatten Sie Constable Anderson gebeten, Sie nach Southampton zu fahren.«
    Er legte einen fragenden Unterton in seine Stimme, aber Rogerson war offensichtlich nicht in Stimmung, auf die Frage oder das Lächeln einzugehen. »Sie behauptete, es wäre äußerst dringend – irgendetwas mit einer neuen Spur«, sagte er mit kultiviertem Akzent kurz und ungeduldig. »Aber so dringend kann es nicht sein, wenn Sie mich hier seelenruhig zwanzig Minuten lang warten und eine kahle Wand anstarren lassen.« Er klopfte mit einem Finger auf seine Armbanduhr. Der Platzhirsch, der auf seine Dominanz pocht. »Sie haben meine Handynummer. Warum konnten wir das nicht telefonisch erledigen? Ich habe in zwei Stunden in Southampton eine Besprechung.«
    »Dann haben Sie ja noch reichlich Zeit. Es ist keine halbe Stunde Fahrt von hier.« Tyler betrachtete ihn aufmerksam, nahm die Hitze seiner Ungeduld wahr. »Ihre Tochter ist Ihnen doch gewiss wichtiger als ein geschäftlicher Termin? Ihre Frau ist nicht einmal bereit, sich schlafen zu legen, weil sie Angst hat, Neuigkeiten zu verpassen.«
    »Das geht unter die Gürtellinie, Inspector. Ihr Sergeant hat mir bereits mitgeteilt, dass Sie keine Leiche gefunden haben, und er sagte, das sei ein Grund zum Optimismus.« Er versuchte, sich zu entspannen. »Ich bin zu lange Anwalt, um mir Sorgen zu machen, solange es nicht notwendig ist – ganz im Gegensatz zu meiner Frau, die sich mit ihren Sorgen völlig fertig macht und hinterher jedes Mal feststellen muss, dass es reine Energieverschwendung war.« Er legte die gefalteten Hände über das Telefon und beugte sich über den Tisch. »Also, was hat es nun mit dieser neuen Spur auf sich? Ich bin selbstverständlich bereit zu helfen, wo ich kann.«
    »Danke.« Tyler sprach nicht gleich weiter. Er fragte sich, mit wem Rogerson telefoniert hatte, und ob das Gespräch der Grund sowohl für seinen Optimismus als auch für seine Ungeduld war. »Ich muss Sie bitten, mir ein paar Fragen über Edward Townsend zu beantworten, Mr Rogerson.«
    Rogersons Augen verengten sich kaum merklich. »Was sind das für Fragen?«
    »Wie würden Sie Ihre Beziehung zu ihm beschreiben? Ist sie persönlicher oder geschäftlicher Natur? Oder beides?«
    »Was hat das mit meiner Tochter zu tun?«
    Es bestand kein Grund, es ihm zu verheimlichen. »Wir halten es für möglich, dass Mr Townsend mit dem Verschwinden Ihrer Tochter zu tun hat.«
    »Ausgeschlossen!« Das klang sehr entschieden.
    »Warum?«
    »Er ist seit Dienstag im Ausland.«
    Tyler senkte seinen Blick zu dem Handy auf dem Tisch. »Haben Sie vorhin mit ihm gesprochen? Nimmt er an der Besprechung teil, die in zwei Stunden stattfinden soll?«
    Rogerson schüttelte den Kopf. »Es fällt mir nicht ein, mich mit Ihnen über die geschäftlichen Angelegenheiten meines Mandanten zu unterhalten, Inspector. Nicht ohne die entsprechende Vollmacht.«
    »Bei der Besprechung geht es also um Mr Townsends Geschäfte?«
    Rogerson verschränkte die Arme und hüllte sich in Schweigen.
    Tyler betrachtete ihn einen Moment lang. »Waren Sie bei beiden Scheidungen Townsends Anwalt?«
    »Ist das von Belang?«
    »Ich bitte lediglich um die Bestätigung, dass Sie ihn vertreten haben.«
    Rogerson sagte nichts.
    »Na schön.« Tyler stand auf. »Dann muss ich mir – da Townsend im Moment nicht erreichbar ist – diese Information eben über seine erste Frau beschaffen. Aber Sie werden leider wieder warten müssen, Mr Rogerson, während ich versuche, sie zu erreichen.«
    Rogerson bedeutete ihm mit einer gereizten Geste, sich wieder zu setzen. »Ja, ich habe ihn vertreten. Aber mehr zu sagen, bin ich nicht bereit. Wenn Sie bezüglich meines Mandanten weitere Fragen haben, müssen Sie sie ihm selbst vorlegen.«
    »Das werden wir tun, sobald wir ihn ausfindig gemacht haben«, versicherte Tyler, der sich wieder gesetzt hatte. »Wissen Sie, wo er sich aufhält, Mr Rogerson?«
    »Nein.«
    »Haben Sie eine Nummer, unter der wir ihn

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