Der Nachbar
durch – ich behandelte Amy wie Luft, um ihre Mutter nicht in Rage zu bringen, und die Kleine war völlig verstört, weil sie nicht verstand, was los war – dann hatte ich restlos genug. Ende der Geschichte. Laura ist am nächsten Tag ausgezogen.«
Tyler nickte. »Ist das in Ihren beiden Ehen auch so gelaufen?«, fragte er.
Er hatte den Mann offensichtlich kalt erwischt. Ein Schimmer von Unsicherheit zeigte sich. »Was zum Teufel haben meine Ehen mit Amy zu tun?«
»Es interessiert mich nur. Die beiden Ehe haben ja auch nicht lange gehalten.«
Townsend bewegte seine Maus, um wieder die Wolkenlandschaft auf den Bildschirm seines Laptop zu holen. »Ich bin fremdgegangen«, sagte er kurz. »Meinen Ehefrauen hat das nicht gepasst. Mit Laura wäre es genauso geworden, wenn sie nicht gegangen wäre. Ich bin nicht zum Ehemann geeignet. Das werden Ihnen die Frauen meiner Bekanntschaft bestätigten.«
»Weiß Mr Rogerson das?«
»Wieso? Was hat das damit zu tun?«
»Nun, ich hatte die Idee, dass Laura und Amy eine vorübergehende Leihgabe an Sie waren.«
Wieder blitzte Stahl. »Das ist eine Frechheit!«
Tyler zuckte die Achseln und kam wieder auf das Telefonat zu sprechen. »Laura Biddulph meint, dass Amy ‘Ed’ gesagt hat, und nicht ‘Em’. So hat das Kind Sie angeblich genannt, Mr Townsend. Das klingt ja ähnlich, und die Kinder, die das Gespräch mitgehört haben, haben nicht so genau aufgepasst.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass ich mit Amy nicht mehr gesprochen habe, seit Laura und ich uns getrennt haben.«
»Aber bezeugen kann das niemand, Mr Townsend.«
Townsend fixierte Tyler ein paar Sekunden lang mit überraschend festem Blick. Es war keine Sympathie in den hellen Augen, aber auch nichts Verschwiegenes. »Glauben Sie denn, ich hätte etwas mit Amys Verschwinden zu tun?«, fragte er scharf. »Ist das der Anlass Ihrer Fragen?«
»Warum gleich annehmen, dass ein Telefongespräch, das vor zwei Wochen stattgefunden hat, etwas mit dem zu tun hat, was gestern geschah, Mr Townsend? Wir versuchen lediglich herauszubekommen, was das Kind beschäftigte. Amy war offensichtlich unglücklich; sie hat während des ganzen Gesprächs geweint. Und die Person, mit der sie gesprochen hat, muss sie gut gekannt haben, sonst hätte sie sicher das R-Gespräch nicht angenommen.«
»Ich war es jedenfalls nicht. Ich hätte selbstverständlich ein Gespräch angenommen, wenn sie versucht hätte, mich zu erreichen – verdammt noch mal, die Kleine tat mir Leid – sie war völlig orientierungslos. Sie wusste nicht, ob ihre Mutter sie liebte... ob ihr Vater sie liebte... hatte keinerlei Kontakt zu den Verwandten, weil die alle mit der Ehe nicht einverstanden waren. Was ist das für ein Leben für eine Zehnjährige?«
Das spiegelte so viele seiner eigenen Überlegungen, dass Tyler geneigt war, die Vernehmung zu beenden. Es war ja sowieso nur ein Auf-den-Busch-Klopfen gewesen, bisher ohne Ergebnis. »Wären Sie bereit, uns zur Bestätigung Einsicht in Ihre Telefonrechnungen zu gestatten?«, fragte er. »Wenn keine entsprechende Belastung erscheint, lassen wir Sie in Zukunft in Frieden.«
Townsend nickte. »Selbstverständlich. Gern.« Er kritzelte drei Telefonnummern auf den Schreibblock, der vor ihm lag. »Das sind meine Anschlüsse. Privat. Beruflich. Mobil. Sie können gern Einblick in die Rechnungen nehmen.«
Tyler griff nach dem Block.
Gary Butler sagte: »Sie haben fünf getrennte Nummern für zu Hause, Mr Townsend. Ich habe das gestern Abend geprüft, weil wir hofften, Sie irgendwie erreichen zu können. Ich dachte, wir könnten vielleicht zu Ihrem Handy durchkommen. Aber wir hatten kein Glück. Der eine Anschluss ist ein Fax, einer ist ein Modem, die anderen drei sind normale Telefonanschlüsse. Wir brauchen Ihre Vollmacht für alle.«
Townsends Blick flog zu ihm.
»Wir können jederzeit einen richterlichen Befehl einholen«, fuhr Butler ohne Feindseligkeit fort. »Vielleicht möchten Sie einen Anwalt zur Seite haben, wenn wir Ihnen das Verfahren erklären?«
»Sie haben keine Gründe für solche Maßnahmen. Ich sagte Ihnen bereits, dass ich mit Amy nicht mehr gesprochen habe, seit sie mein Haus verlassen hat.«
»Ein Kind ihrer Beschreibung wurde gestern zur Mittagszeit vor der katholischen Kirche in Portisfield von einem Fahrzeug aufgenommen, das dem Aussehen nach Ihr Wagen gewesen sein könnte, Mr Townsend.«
Nicht eine Sekunde des Zögerns. »Ich war gestern nicht in
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