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Der Nachbar

Titel: Der Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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aufgewacht bin, war er weg.«
    »Und wie spät war es da?«
    »Mittag«, antwortete sie zögernd, als wäre es ein Verbrechen, bis Mittag zu schlafen. »Wir sind erst um zwei Uhr morgens ins Hotel zurückgekommen, und ich bin gleich eingeschlafen. Ich denk mal, dass er kurz danach abgehauen ist, weil das Bett auf seiner Seite noch ganz frisch war, wie ich aufgewacht bin.«
    Tyler überlegte rasch. Wann flogen freitags die ersten Maschinen von Mallorca ab? Mal angenommen, das Kind, das ein Zeuge am Freitagmittag in der Nähe der katholischen Kirche von Portisfield beobachtet hatte, war tatsächlich Amy Biddulph und dies der Moment ihrer Entführung gewesen.... Konnte Townsend es bis Mittag nach Portisfield geschafft haben? Konnte er der Mann sein, der um diese Zeit in einem dunklen Auto vor der katholischen Kirche gesehen worden war? Sehr unsicher das alles.
    »Was für einen Wagen fährt Mr Townsend in England?«, fragte er das junge Mädchen.
    »Einen schwarzen BMW.«
    Warm... »Der Hoteldirektor sagte mir heute Morgen, Sie und Mr Townsend wären an einem Nacktbadestrand weiter unten an der Küste. Warum hat er mir so etwas erzählt, wenn Sie schon seit gestern allein im Hotel waren?«
    Ein neuerlicher Tränenausbruch. »Ich hab doch nicht gewusst, was ich tun soll... Ich hab mich im Zimmer versteckt, weil ich wusste, dass es Probleme geben würde, wenn rauskäme, dass Eddy weg war. Er war von Anfang an misstrauisch – hat immer wieder gefragt, ob ich Eddys Tochter wäre... drum hab ich heute Morgen so getan, als würde Eddy im Auto auf mich warten, und dann hab ich mich hinten ums Haus rumgeschlichen und bin über die Feuerleiter wieder rein... Ich hab gehofft, ich würde vielleicht jemand andren finden, der zahlt – ich mein, einen Mann allein. Aber dann hab ich solchen Hunger gekriegt, dass ich den Zimmerservice angerufen hab, und dann klopft plötzlich der Direktor bei mir und teilt mir mit, dass die Polizei in England uns sprechen will... Als ich ihm dann gesagt hab, dass Eddy schon weg ist, abgereist, ist er total ausgerastet, weil Eddy ihm nicht gleich bei unserer Ankunft eine Kreditkarte gegeben hatte. Er hatte nämlich gesagt, er hätte sie im Koffer und würde sie später runterbringen, aber das hat er nie getan... Ja, und da hat der Direktor mich hier runtergeschleppt und gesagt, ich soll Sie anrufen... ich hab überhaupt kein Geld...«
    Tyler hielt den Hörer von seinem Ohr weg und wartete, bis das schrille Gejammer etwas nachließ, ehe er wieder sprach.
Wenn er ihren Bericht richtig verstanden hatte, und sie die Wahrheit sagte...
»Ich werde das für Sie regeln, okay?«
    Sie war sofort wieder munter. »Ja, okay.«
    »Aber«, fuhr er fort, »vorher möchte ich Antworten auf ein paar Fragen.«
    »Was für Fragen?«, entgegnete sie misstrauisch. »Vielleicht sollte ich gar nicht mit Ihnen reden, ohne dass ein Rechtsanwalt mithört.«
    Also doch nicht so naiv... »Das überlasse ich ganz Ihnen, Franny. Ich untersuche das Verschwinden eines Kindes, und ich bin nicht bereit, Zeit damit zu verschwenden, dass ich Ihnen helfe, wenn Sie keine Bereitschaft zeigen, auch mir zu helfen.«
    »Was für ein Kind?«
    »Ein kleines Mädchen. Sie heißt Amy Biddulph und ist seit gestern verschwunden.«
    »Scheiße!«
    »Hat Mr Townsend mal von ihr gesprochen?«
    »Er hat praktisch von nichts anderem gesprochen«, erwiderte sie und klang plötzlich sehr erwachsen. »Ständig hieß es Amy dies und Amy das. Du siehst nicht aus wie sie, du sprichst nicht wie sie, dauernd ging das so. Wer ist diese Amy?«
    »Die Tochter Ihrer Vorgängerin. Sie ist zehn Jahre alt und hat langes dunkles Haar.«
    »O Mann!«
    »Welche Farbe hat Ihr Haar?«
    »Braun. Er mag nur Brünette. Das behauptet er jedenfalls.«
    »Amys Mutter ist brünett. Und sehr hübsch. Genau wie ihre Tochter.«
    »Dieser Scheißkerl! Ich hab ja gesagt, er ist gemein.«
    »Also, sind Sie bereit, meine Fragen zu beantworten?«
    Sie überlegte lange. »Ja«, sagte sie schließlich. »Okay. Ich bin ihm nichts schuldig.«
    Das war wahrscheinlich wahr. »Von wo aus sind Sie geflogen?«
    »Luton.«
    »Welche Linie«
    »Easyjet.«
    »Ist das die Gesellschaft, die über Internet Tickets verkauft?«
    »So ungefähr. Man bekommt kein Ticket, sondern nur eine Nummer zur Bestätigung der Buchung. Eddy bekam einen guten Preis, weil die Maschine nicht voll war.«
    »An welchem Tag war das?«
    »Dienstag.«
    »Und am Freitagmorgen war er schon wieder weg?«, fragte Tyler verblüfft.

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