Der Nacht ergeben
Ein warmer, morgendlicher Duft, der sich über den von Staub und feuchtem Holz legte.
Und sie erinnerte sich daran, dass Eve über Oliver gelacht hatte, als er diesen Kaffee von jemandem gekauft hatte, der Ziegel hieß. Schmeckt wie gemahlene Ziegel , hatte Eve gesagt. Wenn ihn aromatisiert haben möchte, geben sie noch Mörtel dazu.
In der Stadt gab es nur zwei Cafes: Olivers Common Grounds und die Cafeteria im University Center. Das hier sah nicht aus wie das UC, weil es nicht so alt war und überwiegend aus Beton und nicht aus Holz war.
Das bedeutete... dass sie im Common Grounds war? Aber das ergab keinen Sinn; zum Common Grounds führte keinerlei Portal.
Vielleicht hatte Oliver ein Lager. Das klang richtig, den Vampiren schienen weite Teile des Lagerhausbezirks zu gehören, der an den Founder's Square anschloss. Brandon, Olivers Stellvertreter in der Vampirhierarchie, war tot in einem Lagerhaus aufgefunden worden.
Vielleicht war sie in der Nähe von Founder's Square.
Ysandres kalte Finger schlossen sich um Claires Kinn und rissen es hoch. »Hörst du mir überhaupt zu, Kleine?«
»Ehrlich gesagt, Nein«, sagte Claire. »Du langweilst mich irgendwie.«
Jason tatsächlich an zu lachen, aber er tat schnell so, als würde er husten. »Ich gehe nach draußen«, sagte er. »Das wird mir jetzt zu persönlich.« Claire wollte ihm zubrüllen, dass er nicht gehen sollte, aber sie biss sich auf die Zunge, deshalb drang nur ein leises Winseln aus ihrer Kehle, während sie beobachtete, wie er wegging. Seine Schritte verklangen in der Dunkelheit und schließlich öffnete sich sehr weit weg ein kleines Licht.
Die Tür war zu weit entfernt, als dass sie sie hätte erreichen können.
»Ich dachte schon, er würde nie gehen«, sagte Ysandre und legte ihre eiskalten Lippen an Claires Hals, doch dann schrie sie erschrocken auf und zuckte zurück, wobei sie ihren Mund mit ihrer bleichen Hand bedeckte. »Du Schlampe!«
Ysandre hatte im gedämpften Licht die hauchdünne Silberkette nicht gesehen, die Claire um den Hals trug. Jetzt bildeten sich auf den vollen Lippen der Vampirin Beulen, die aufbrachen und bluteten.
Zorn loderte in Ysandres Augen auf. Die Zeit des Spielens war vorüber.
Als Claire versuchte davonzurobben, schlenderte ihr die Vampirin träge hinterher. Sie wischte sich die verbrannten Lippen ab und schaute angewidert auf das dünne Rinnsal Blut. »Schmeckt nach Silber. Ekelhaft. Du hast mir die gute Laune verdorben, Kleine.«
Als Claire sich herumwälzte, spürte sie, wie ihr etwas ins Bein pikste. Das Messer. Den Pfahl hatten sie gefunden, aber sie nahm an, dass sie sie nicht so gründlich durchsucht hatten; Jason war zu verrückt und Ysandre zu nachlässig und arrogant.
Aber das Messer nützte ihr dort, wo es war, überhaupt nichts, es sei denn...
Ysandre stürzte sich auf sie, ein weißer Blitz in der Dunkelheit, und Claire drehte sich und drückte unbeholfen ihre Hüfte nach oben.
Das Messer verrutschte und schnitt durch den Stoff ihrer Jeans - nicht sehr weit, nur ein paar Zentimeter, aber genug, um Ysandres Hand und Arm bis auf die Knochen aufzuschlitzen, als sie nach ihr griff.
Ysandre schrie vor echten Schmerzen und wich zurück. Jetzt sah sie nicht mehr so hübsch aus, und als sie sich Claire - dieses Mal aus respektvoller Entfernung - wieder zuwandte, fauchte sie sie mit voll ausgefahrenen Kobrazähnen an. Ihre Augen waren wild und blutrot, sie funkelten wie Rubine.
Claire wand sich um sich selbst, wobei sie sich fast den Ellbogen verrenkt hätte, und schaffte es, die Seile um ihre Handgelenke an das Messer zu halten. Sie hatte nicht viel Zeit; der Schock würde Ysandre nicht mehr als ein paar Sekunden abhalten.
Aber mit einem Silbermesser durch Synthetikseil schneiden? Das würde eine Weile dauern - eine Weile, die sie nicht hatte.
Claire sägte verzweifelt und erreichte, dass die Fesseln ein wenig nachgaben - genug, dass sie ihre Hand fast in ihre Tasche stecken konnte.
Aber nicht ganz.
Ysandre packte sie an den Haaren. »Dafür bringe ich dich um.«
Ihr Kopf tat so weh, dass sie fast nichts mehr sah. Es fühlte sich an, als würde ihr der Skalp abgezogen, und dazu kam noch, dass die enormen Kopfschmerzen wieder aufflammten und in einem neuen, übel erregenden Rhythmus pulsierten.
Claire lockerte das Seil genug, um ihre Hand in ihre Tasche zu senken und den Griff des Messers zu packen. Sie riss es aus dem Stoffgewirr und brachte es zitternd und unbeholfen in Stellung - noch immer war
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