Der Nacht ergeben
hinten.
»Nein. Ich möchte einfach nur, dass wir uns zurückziehen und Kräfte sammeln. Den Plan weiter fortzuführen, während wir so schwach sind, ist Wahnsinn.«
»Unmöglich. Alle Vorzeichen passen zueinander. Wir müssen zuschlagen, solange wir können.«
»Aber wir wissen nicht einmal, wo sich der Phönix befindet. Die Shalott ist ihrer Pflicht nicht nachgekommen.«
Ärger flammte in der uralten Hexe auf, doch dann schob sie ihn energisch beiseite. Sie durfte sich nicht ablenken lassen. Nicht jetzt.
Ein kaltes Lächeln entstand auf ihren Lippen.
»Der Kelch befindet sich in der Nähe. Gerade jetzt sucht er nach uns.«
Die jüngere Hexe blinzelte überrascht. »Ihr spürt ihn?«
»Ja.« Ein erwartungsvoller Schauder überlief den Körper der Alten. »Bereitet das Opfer vor. Unsere Zeit naht.«
»Aber...«
»Ich will mich nicht wiederholen müssen«, warnte Edra unerbittlich. »Bereitet das Opfer vor.«
Die jüngere Frau war nicht ganz dumm. Hastig wich sie zur Treppe zurück. »Ja, Meisterin.«
Edra schickte sie mit einer Handbewegung fort und konzentrierte sich auf das vage Bewusstsein, das mit jedem Moment, der verging, deutlicher wurde.
Endlich.
Trotz all der schlimmen Rückschläge. Trotz all der Tode. Trotz des Misserfolges ihrer Untergebenen. Ihr Traum stand kurz davor, Wirklichkeit zu werden.
»Komm zu mir«, flüsterte sie leise.
Kapitel 22
Das ist es.«
Abby, die neben Dante in der wuchernden Hecke hockte, studierte eingehend das Haus.
Das alte viktorianische Gebäude stand ein ganzes Stück von der Straße entfernt und war fast völlig hinter der Hecke versteckt. Wobei alt eine zu freundliche Beschreibung zu sein schien. Zu Staub zerfallend war zutreffender.
Selbst in der Dunkelheit war es einfach, den abblätternden Anstrich und die durchhängende Veranda auszumachen. Falls Norman Bates ein Ferienhaus benötigte, hatte sie es gerade für ihn gefunden. Abby schüttelte den Kopf. Du meine Güte. Es wäre eine richtige Überraschung, wenn es dort keine tote Mutter gab, die im Schlafzimmer verborgen war, und keinen wahnsinnigen Mörder, der sich auf dem Gelände herumtrieb.
»Wow«, flüsterte sie. »Das ist... unheimlich.«
Dante befand sich vollkommen im Raubtiermodus. Mit unglaublicher Leichtigkeit verschmolz er mit den Schatten und blieb völlig regungslos. Weder Abbys Nervosität noch ihre gemurmelten Klagen über die Hecke, die sie in den Rücken stach, konnten ihn aus der Ruhe bringen. Ja, er schien nicht einmal zu atmen.
Wenn Abby sich nicht deutlich der Anspannung in Dante bewusst gewesen wäre, hätte sie vielleicht gedacht, er habe sich in Stein verwandelt.
Sie verlagerte leicht ihr Gewicht und forschte in Dantes Gesicht, das fast nicht wiederzuerkennen war. Das hier war nicht der zärtliche Liebhaber oder der spitzbübische Pirat. Das hier war der Vampirkrieger, der ihr noch immer eine Gänsehaut verursachte.
Dante spürte, dass Abby ihn ansah. Er drehte sich um, um sie anzusehen.
»Fühlst du irgendetwas?«
»Ja.« Geistesabwesend rieb sie sich die Arme. Das Kribbeln auf ihrer Haut hatte in dem Moment angefangen, als sie das Gelände, das das Haus umgab, betreten hatte. »Ich weiß bloß nicht, was es ist.«
»Sage es mir.« Seine Stimme war ein samtweiches Flüstern.
»Es ist fast, als ob ich eine raunende Stimme in meinem Hinterkopf hören könnte. Die Worte kann ich nicht verstehen, aber ich weiß, dass sie da sind.«
»Die Hexen?«
»Ich nehme es an.« Sie hielt den Atem an, als Dantes weiße Vampirzähne hervorbrachen und seine Hände sich zu Klauen bogen. Der Dämon hatte im Moment eindeutig die Oberhand. »Was war das?«
»Was?«
»Hast du gerade geknurrt?«
»Mir gefällt das nicht.« Dantes Blick glitt zum Haus zurück, und seine Stimme war ausdruckslos. »Es ist zu ruhig.«
»Es ist wohl kaum verwunderlich, dass sie sich bedeckt halten, nachdem der Zauberer sie angegriffen hat. Wahrscheinlich feiern sie nicht gerade eine Party.«
»Und trotzdem haben sie das Haus nicht mit einem Schutzzauber belegt.«
»Was ist mit der Shalott?«
Er witterte. »Sie ist sicherlich im Haus. Oder tot.«
Abby erzitterte. Oder tot...
Das waren nicht gerade die richtigen Worte, um ein Mädchen moralisch zu unterstützen.
Sie leckte sich über die trockenen Lippen, »Ich nehme also an, dass uns nichts aufhalten kann, oder?«
Er drehte sich langsam wieder zu ihr um. Seine Miene war grimmig. »Es gibt da eine Sache.«
Abby ließ den Kopf auf ihre Hände
Weitere Kostenlose Bücher