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Der Nachtelf (German Edition)

Der Nachtelf (German Edition)

Titel: Der Nachtelf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Tillmanns
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hinunter. Bildete sie sich das nur ein, oder war das Erdgeschoss kleiner als die oberen Stockwerke?
    Dadalore lief die Treppe hinunter und stieß zwei Sessel und eine Kommode beiseite. Magisch gestärkt schlug sie auf die Wand dahinter ein. Das klang hohl. Hoch konzentriert blickte sie nach links und nach rechts. Darauf klemmte sie sich den Henkel der Öllampe zwischen die Zähne, packte mit den nunmehr freien Händen zwei Wandhalterungen gleichzeitig und zog daran. Die linke knirschte und brach aus der Mauer. Die rechte aber kippte stattdessen nach unten.
    Ein fast kreisrunder Wandteil klappte nach hinten weg.
    Tyrtalla sei gepriesen!
    Sie leuchtete vorsichtig voran und trat durch die Öffnung.
    Der Raum war kleiner als die Wohnhalle, aber immer noch groß. Und seine Einrichtung war absonderlich auf eine so widerliche Art und Weise, dass es Dadalore den Atem verschlug.
    Die Wand am Kopfende des Raumes wurde größtenteils von einer glänzenden Scheibe aus Gelbguss bedeckt. Genau auf halber Höhe war ein dunkler Balken vor das Metall genagelt. In der oberen Hälfte aber hockte auf dem Balken ein nachtschwarzer Panter von atemberaubender Schönheit. Er musste aus poliertem Basalt oder Ähnlichem bestehen, denn seine Dunkelheit war fast greifbar. Nur aus den Augenhöhlen glitzerten grün zwei Edelsteine heraus.
    Und das war bei Weitem noch nicht das Ungewöhnlichste an diesem Raum. Vor den übrigen drei Wänden breiteten sich insgesamt sechs Diwane aus, jeder einzelne davon mit einem Berg von Seidenkissen bedeckt. Darunter wiederum lagen zu sanften Wellen erstarrt, seidene Decken, die mit Halbedelsteinen bestickt waren.
    Zwischen den Bettstätten aber befanden sich Standbilder, nein, verbesserte sich Dadalore, eigentlich Liegebilder. Denn die Marmorfiguren zeigten ausnahmslos halb dahingestreckte Figuren, Männer wie Frauen, die offensichtlich nackt waren. Und offensichtlich erregt. Mal umschlangen sich Mann und Frau, mal war es ein unentwirrbares Geflecht aus marmornen Gliedern von vier oder mehr Figuren, die sich in eine riesige, ekstatische Einheit verwandelt hatten. Die Augen der Skulpturen waren verdreht, die Zungen hingen ihnen geil aus den klaffenden Mündern. Am Fußende des Raumes aber lag ein Marmorruptu auf einer Frau, die diesen Umstand offensichtlich genoss. Sein steinerner Schwanz ringelte sich um ihren nackten Schenkel, die Schwanzspitze zeigte unmissverständlich auf ihr Geschlecht.
    Irmhobib hatte ihre Schülerin alles Wichtige zur Sexualität des Menschen gelehrt. Dadalore hatte, als ihre Jugend erblühte, diesen Ausführungen mit größter Neugier gelauscht. Und manches davon auch gemeinsam mit den anderen Mädchen im Sklavenpferch ausprobiert. Mit wachsendem Alter aber verstand sie, was ihr als Sklavin zustand und was nicht. Und niemals, niemals hatte Irmhobib etwas davon gesagt, dass eine Verbindung von Mensch und Ruptu den Lehren Furujas entspreche.
    Was in aller Welt war hier vor sich gegangen?
    Und plötzlich sah Dadalore wieder das Gesicht Zuluwards vor sich. Der seltsam-entrückte Ausdruck einer sinnlichen Erinnerung.
    Die Beamtin setzte sich auf die Kante eines Diwans. Es war ihre Capitalobservationskammer. Es waren ihre Untergebenen, die hier ein- und ausgegangen waren.
    Und nun war Osogo fort. Es schien ganz so, als habe der weitgerühmte Capitalmeisterobservator eine dunkle Seite gehabt. Sorgfältig verborgen vor der Öffentlichkeit, aber Eingeweihten in seiner Dienststelle wohlbekannt. Sein Verschwinden könnte im Zusammenhang mit seinen lüsternen Obsessionen stehen.
    Aber, Sagard und Kalunga, das erklärte nicht, was die geheime Akte damit zu tun hatte.
    Dadalore ließ ihren Blick wieder und wieder durch den Raum schweifen. Die Gelbgussscheibe, der Panter, die orgiastischen Statuen und schließlich der perverse Ruptu-Akt, das alles schienen ihr Spielsteine in einem Spiel zu sein, dessen Regeln sie nicht durchschaute. Sie war sich nicht einmal sicher, wer genau die Mitspieler waren. Es war Osogos Haus, soviel war sicher. Zuluward war hier ein- und ausgegangen und kannte auch die geheime Kammer, das war zumindest noch relativ gesichert. Aber schon die Frage, ob Bamulaus an den Treffen in dieser Lasterhöhle teilgenommen hatte, wusste sie nicht mehr sicher zu beantworten. Und wo war der Zusammenhang zu den Mordfällen? Gab es ihn überhaupt oder war das nur ihr Wunschdenken, weil sie andernfalls in ihren wichtigsten Ermittlungen keinerlei Fortschritt zu vermelden hätte?
    Die einzelnen

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