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Der Nachtelf (German Edition)

Der Nachtelf (German Edition)

Titel: Der Nachtelf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Tillmanns
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den Segeln genommen wurde. Der Mann hatte ja recht. Sie musste sich kurz sammeln, gut überlegen, was sie als nächstes sagte.
    »Wenn Ihr also so freundlich wärt, nun auf jede weitere nächtliche Ruhestörung zu verzichten!« In seinen Augen glomm der Triumph auf.
    Dadalore verschränkte die Arme vor der Brust. »Bitte. Wenn Ihr damit leben könnt, eine direkte Anweisung des Obersten Staatsschamanen zu missachten.« Die Lüge war ihr flüssig über die Lippen gekommen. Und nun gab es kein Zurück mehr. Tyrtalla war der Herr der Wahrheit. Niemals würde sein oberster Diener eine Lüge gutheißen. Dadalore wurde heiß und kalt zugleich. Sie musste jetzt die Fassung wahren.
    Patmelu kniff die Augen zusammen. »Der Oberste Staatsschamane bestellt Euch mitten in der Nacht hierher?«
    Sie schluckte. »Jawohl.«
    Patmelus Stimme nahm einen lauernden Ton an. »Und warum bin ich darüber nicht informiert?«
    Dadalore spürte, wie ihr vor Übelkeit schwindelig wurde. Jetzt nur nicht die Ruhe verlieren. Einfach auf die Kraft der Lakaien vertrauen. Sie beugte sich zu dem Prinzipalprotektor hinüber und zischte: »Ihr seid nicht informiert, weil es sich um eine wirklich furchtbare Angelegenheit der höchsten Geheimhaltungsstufe handelt, die keinerlei, ich wiederhole, keinerlei Aufschub duldet.«
    Dadalore hatte noch eben laut genug gesprochen, dass die beiden Wachen es mithören konnten.
    Sie sah, wie es hinter Patmelus Stirn arbeitete. Er musterte sie in kaum verborgener Abscheu, schließlich glitt sein Blick zu den erwartungsvoll dastehenden Torwächtern hinüber. »Wenn es von so großer Bedeutung ist«, sagte er düster, »wird Euch Kuruhelm natürlich auf direktem Wege zum Staatsschamanen führen. Euren Säbel bitte.«
    Mit einer unguten Ahnung gab Dadalore die kostbare Waffe ab. Da packte der Prinzipalprotektor sie und zeichnete ihr mit ruppigen Strichen eines Kohlestiftes das Passierzeichen des neuen Tages auf den Handrücken. Er sah dabei gar nicht hin, sondern ihr direkt in die Augen. »Verlauft Euch nicht, Eure Capitalobservatorin.«
    Dadalore wich seinem Blick aus. Die Berührung war ihr unangenehm, sie musste sich zusammenreißen, um sich ihr nicht einfach zu entziehen.
    Der Kuruhelm genannte Wächter wartete, bis das Prozedere beendet war. Er war groß und breitschultrig, die Haare tiefschwarz. Der Prinzipalprotektor machte eine Geste, deren Sinn sich Dadalore nicht erschloss. Kuruhelm nickte grimmig.
    Dadalore starrte auf die Kreidezeichnung, ein schief wirkendes Symbol aus Kreisen und Dreiecken und folgte dem Wächter. Sie hatte sich auf einen gefährlichen Weg begeben. Sich auf Heidugun zu berufen, war ihr sinnvoll erschienen. Sie vertraute dem Schamanen und mit seiner Hilfe war es vermutlich einfacher, bis zum König vorzudringen. Doch nun hatte sie gelogen und wenn der Priester dies erfuhr, würde sein Wohlwollen rasch in Missbilligung umschlagen. Sie musste ihm unbedingt begreiflich machen, wie ernst die Sache war.
    Immerhin hatte sie die erste Hürde genommen. Aber um welchen Preis? Der Prinzipalprotektor wusste jetzt vermutlich, dass sie etwas Bedeutendes herausgefunden hatte. Und wenn er in die Verschwörung verstrickt war, brauchte er nur noch eins und eins zusammenzählen.
    »Geh schneller, wir haben keine Zeit.«
    Der breite Rücken Kuruhelms zeigte keine Reaktion. Er beschleunigte seinen Schritt nicht im Mindesten. Eine Verschwörung könnte natürlich auch die unteren Ränge umfassen ...
    Auf diese Art dauerte es eine halbe Ewigkeit, bis sie endlich im Flügel der Priester angelangt waren.
    Die Capitalobservatorin lief an ihrem Aufpasser vorbei auf Heiduguns Gemächer zu. Da trat ihr plötzlich Annanaka in den Weg. Sie trug ein rotes Festgewand, das von einer riesigen Goldbrosche über der Brust zusammengehalten wurde. Das war keinesfalls ein Nachtgewand. Die Haare der Obersten Furuja-Priesterin aber wirkten, als seien sie nur flüchtig in Form gebracht worden. »Welcher überraschende Besuch zu dieser späten Stunde.«
    »Entschuldigt, aber ich habe es sehr eilig.«
    »Schon verziehen«, säuselte Annanaka. »Ihr möchtet zu Heidugun?«
    »Ja«, erwiderte Dadalore unwirsch. Sie sah auf die Doppeltür am Ende des Korridors. »Wenn Ihr mich bitte vorbei ließet.«
    »Bedaure, aber das wird nicht möglich sein.«
    Dadalore stutzte. »Ich muss unter allen Umständen mit ihm sprechen – unverzüglich!«
    »Ich bedaure, aber das wird nicht möglich sein«, wiederholte Annanaka. Ihr Lächeln wirkte starr

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