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Der Nachtelf (German Edition)

Der Nachtelf (German Edition)

Titel: Der Nachtelf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Tillmanns
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deswegen haltet Ihr rechtschaffene Leute vom Schlafen ab?«
    »Versteht Ihr denn nicht? Ein unsichtbarer Mörder im Palast, ein Priester, der sich auf offener Straße in eine Kampfbestie verwandelt – die Verschwörung war erfolgreich! Die Verbotenen Künste sind jetzt wiederentdeckt worden. Und wenn sie in die falschen Hände geraten, ist das Leben des Königs in höchster Gefahr.«
    Etwas in der Position der Liegenden veränderte sich. »Wie kommt Ihr darauf, dass die Verschwörer es ausgerechnet auf den König abgesehen haben könnten?«
    »Weil in der Akte mehrfach angedeutet wurde, dass Obakar Anweisungen zu verbotenen Forschungen von hoher Stelle erhielt. Ich frage Euch, wer ist so hochstehend, dass er einem Priester Anweisungen erteilen kann?«
    »Die wenigsten«, erwiderte Annanaka.
    »Richtig, und wenn jemand, der bereits sehr mächtig ist, nach verbotener Magie greift, um noch viel mächtiger zu werden, wer steht ihm wohl innerhalb kürzester Zeit im Wege?«
    Mit einer ruckartigen Bewegung erhob sich die Schamanin. »Zuallererst natürlich die Ordnung der Dinge«, sagte sie wie auswendig gelernt.
    »Und wer ist der oberste Repräsentant dieser Ordnung?«, rief Dadalore aus.
    Annanaka kam näher. Ihr rotes Gewand strich bedenklich nahe an den Flammen der Kerzen vorbei. »Ich sehe Euer Problem nun. Ich danke Euch, dass Ihr mir davon berichtet habt.«
    Dadalore wartete. Sie wusste nicht recht, worauf, doch sie hatte irgendwie mehr erwartet.
    »Ach«, fügte Annanaka da noch an, »diese Akte, von der Ihr spracht ...«
    »Ja?«
    »Ist sie die einzige Quelle Eurer Erkenntnisse?«
    »Ja«, gab Dadalore zu, »aber über Ihre Glaubwürdigkeit kann kein Zweifel bestehen. Sie wurde in Osogos eigener Handschrift verfasst und von den Ermittlungskünsten des Meisterobservators brauche ich Euch wohl nichts zu berichten.«
    »Und wo bewahrt Ihr dieses hochbrisante Pergament nun auf?«
    »In der Capitalobservationskammer«, antworte Dadalore pflichteifrig. Dann wurde sie leichenblass.
    »Ihr lasst so bedeutende Unterlagen unbeaufsichtigt herumliegen? In einem Amt, in dem nachts nur eine minimale Wache Dienst schiebt?«
    Dadalore fiel siedend heiß ein, dass sie Irmfi auch noch fortgeschickt hatte. Aber das behielt sie lieber für sich.
    Die Priesterin stand nun unmittelbar vor ihr. Ein seltsam-strenger Geruch ging von ihr aus. »Wenn Ihr mit Euren Befürchtungen richtig liegt, meine Liebe, ist das ein unverzeihlicher Fehler.«
    Dadalore hatte das Gefühl, dass die Lakaien nicht mehr richtig wirkten. Wenn sie nur einen Moment hinaus huschen und die beiden mitgeführten Zauberkugeln nehmen könnte.
    »Ich hoffe, Ihr wisst, was Ihr da angerichtet habt.« Annanakas Worte schnitten sich in ihre Eingeweide wie kalter Stahl.
    Die Schamanin umfasste mit spitzen Nägeln Dadalores Kinn und drehte ihr den Kopf nach links und rechts als begutachte sie einen Kürbis auf dem Tagesmarkt. »Ich bin mir nicht einmal mehr sicher, ob Ihr Euer Amt überhaupt angemessen ausüben könnt.«
    Ein qualvoller Laut entwich Dadalores Kehle. »Ich versichere Euch, dass ich, so gut ich kann ...«
    »Das bezweifelt doch niemand«, fuhr die Priesterin sie scharf an, »darin liegt ja gerade das Problem.«
    Die Capitalobservatorin spürte, wie ihre Knie schwach wurden. Sie musste hier raus!
    Da lächelte Annanaka plötzlich wieder. »Aber Ihr habt Glück. Ich bin ein nachsichtiger Mensch, Ihr habt nichts zu befürchten.«
    Dadalore wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte, und erwiderte das Lächeln unsicher.
    »Am besten, Ihr geht nun nach Hause und seht zu, dass Ihr noch ein wenig Schlaf bekommt. Ihr habt recht, die Angelegenheit ist wichtig, ich werde mich persönlich um alles Weitere kümmern.«
    Hoffnungsvoll sah die Capitalobservatorin die Ältere an. Es waren Worte, die ihr von Furuja selbst zu kommen schienen, so gnädig klangen sie. Endlich sollte diese ungeheure Last von ihren Schultern genommen werden. Wie sehr hatte sie darauf gehofft.
    »Nun seht Ihr«, sagte die Stellvertretende Staatsschamanin freundlich, »schon geht es Euch wieder besser. Und mit ein paar Stunden gesundem Schlaf wird es Euch morgen noch viel besser gehen.« Sie legte Dadalore die Hand auf den Rücken und schob sie sanft in Richtung Türe.
    Die Capitalobservatorin folgte dem Druck auf zittrigen Beinen. Kurz bevor sie auf den Flur hinaus trat, stemmte sie sich noch einmal kurz dem Druck entgegen. »Aber Ihr werdet doch den Obersten Staatsschamanen informieren, nicht

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